Defektelektron: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Defektelektron''', '''Elektronenfehlstelle''', '''Elektronenloch''' oder '''Loch''' wird der (gedachte) positive bewegliche [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] in [[Halbleiter]]n bezeichnet und stellt die äquivalente Beschreibung des Fehlens eines (realen) [[Valenzelektron]]s dar<ref>Rudolf Müller: ''Grundlagen der Halbleiter-Elektronik.'' 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 1987. ISBN 3-540-18041-9, S. 25 und 30.</ref>. Der reale Ladungstransport findet weiterhin durch [[Elektron]]en statt, denn es handelt sich lediglich um eine alternative Beschreibung und dient der vereinfachten mathematischen Behandlung von Vorgängen im Halbleiter. Des Weiteren spielt das Konzept der Defektelektronen für das Grundverständnis der Leitungsmechanismen in [[Dotierung|dotierten]] Halbleitern eine wichtige Rolle. Das Defektelektron ist ein [[Quasiteilchen]], sein Gegenstück ist das Quasiteilchen „[[Kristallelektron]]“<ref>Horst Hänsel, Werner Neumann: '' Physik. Band 4 - Moleküle und Festkörper.'' Spektrum-Akademischer Verlag, 2000, ISBN 3-8274-1037-1, S. 381 ff. und S. 377 ff.</ref>.
Als '''Defektelektron''', '''Elektronenfehlstelle''', '''Elektronenloch''' oder '''Loch''' wird der (gedachte) positive bewegliche [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] in [[Halbleiter]]n bezeichnet. Es stellt die äquivalente Beschreibung des Fehlens eines (realen) [[Valenzelektron]]s dar,<ref>Rudolf Müller: ''Grundlagen der Halbleiter-Elektronik.'' 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 1987. ISBN 3-540-18041-9, S. 25 und 30.</ref> die der vereinfachten mathematischen Behandlung der Vorgänge im Halbleiter dient. Der reale Ladungstransport findet weiterhin durch [[Elektron]]en statt.  


Entdeckt wurden sie schon von [[Karl Baedeker (Physiker)|Karl Baedeker]] (1911), der Name stammt von [[Fritz Stöckmann]] und [[Heinz Pick]].<ref>[http://webdoc.sub.gwdg.de/pub/mon/2013/pohl.pdf Biographische Notizen von Robert Wichard Pohl, pdf, Universität Göttingen 2013], S. 20. Mit Interview von Pohl und Pick.</ref>
Des Weiteren ist das Konzept der Defektelektronen wichtig für das Verständnis der Leitungsmechanismen in [[Dotierung|dotierten]] Halbleitern.
== Allgemeine Beschreibung ==


[[Datei:Elektron-Loch-Paar im Halbleiterkristall.svg|thumb|links:&nbsp;Reiner Silicium-Kristall; Generation eines Elektron-Loch-Paares sowie Bewegung und Rekombination eines Elektrons mit einem Loch<br />
Das Defektelektron ist ein [[Quasiteilchen]], sein Gegenstück ist das Quasiteilchen „[[Kristallelektron]]“<ref>Horst Hänsel, Werner Neumann: '' Physik. Band 4 - Moleküle und Festkörper.'' Spektrum-Akademischer Verlag, 2000, ISBN 3-8274-1037-1, S. 381 ff. und S. 377 ff.</ref>.
rechts:&nbsp;Darstellung der Vorgänge im Banddiagramm]]


Defektelektronen entstehen allgemein durch [[Elementare Anregung|Anregung]] von Gitteratomen eines Kristalls.
Entdeckt wurde das Defektelektron von [[Karl Baedeker (Physiker)|Karl Baedeker]] (1911), der Name stammt von [[Fritz Stöckmann]] und [[Heinz Pick]].<ref>[http://webdoc.sub.gwdg.de/pub/mon/2013/pohl.pdf Biographische Notizen von Robert Wichard Pohl, pdf, Universität Göttingen 2013], S. 20. Mit Interview von Pohl und Pick.</ref>
In reinen Halbleitereinkristallen (aus [[Silicium]], [[Germanium]], [[Galliumarsenid]] etc.) sind (am [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]]) alle Valenzelektronen an den Bindungen beteiligt, das heißt, alle Valenzelektronen befinden sich im Valenzband, und das Leitungsband ist unbesetzt. Es existierten daher keine Defektelektronen.


Für die Erzeugung von Defektelektronen müssen daher einige Gitteratome angeregt werden. Dies kann beispielsweise bei höheren Temperaturen (thermische Anregung) oder durch [[Absorption (Physik)|Absorption]] eines [[Photon]]s geschehen. Dabei werden Valenzelektronen in das Leitungsband angeregt und hinterlassen beim zugehörigen Gitteratom eine unbesetzte Valenzelektronstelle (ein Defektelektron)<!--; man spricht hierbei von einem [[Elektron-Loch-Paar]]-->.
== Im undotierten Halbleiter ==
[[Datei:Elektron-Loch-Paar im Halbleiterkristall.svg|mini|links:&nbsp;Reiner Silicium-Kristall; Generation eines [[Elektron-Loch-Paar]]es sowie Bewegung und [[Rekombination (Physik)|Rekombination]] eines Elektrons mit einem Loch<br />
rechts:&nbsp;Darstellung der Vorgänge im [[Banddiagramm]]]]
 
Defektelektronen entstehen allgemein durch [[Elementare Anregung|Anregung]] von [[Kristallgitter|Gitter]]<nowiki/>atomen eines [[Kristall]]s.
In reinen Halbleiter[[Einkristall|einkristallen]] (aus [[Silicium]], [[Germanium]], [[Galliumarsenid]] etc.) sind (am [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]]) alle Valenzelektronen an den [[Chemische Bindung|Bindungen]] beteiligt, d.&nbsp;h., alle Valenzelektronen befinden sich im [[Valenzband]], das [[Leitungsband]] ist unbesetzt. Daher existieren keine Defektelektronen.
 
Für die Erzeugung von Defektelektronen müssen daher einige Gitteratome angeregt werden. Dies kann beispielsweise bei höheren Temperaturen (thermische Anregung) oder durch [[Absorption (Physik)|Absorption]] eines [[Photon]]s (optische Anregung) geschehen. Dabei werden Valenzelektronen in das Leitungsband angeregt und hinterlassen beim zugehörigen Gitteratom eine unbesetzte Valenzelektronstelle (ein Defektelektron)<!--; man spricht hierbei von einem [[Elektron-Loch-Paar]]-->.
 
Wird an den Halbleiter eine [[elektrische Spannung]] angelegt, so tragen sowohl das freibewegliche Elektron im Leitungsband als auch das Defektelektron im Valenzband zum Ladungstransport bei. Man spricht (im Fall reiner Halbleiter) dabei von [[Eigenleitung]].


Wird an den Halbleiter eine elektrische Spannung angelegt, so tragen sowohl das freibewegliche Elektron im Leitungsband als auch das Defektelektron im Valenzband zum Ladungstransport bei. Man spricht (im Fall reiner Halbleiter) dabei von [[Eigenleitung]].
Im Gegensatz zum Leitungsbandelektron kann sich das Defektelektron jedoch nicht frei bewegen. Es bewegt sich vielmehr durch eine Art „Nachrücken“ von Valenzelektronen. Dabei nimmt ein benachbartes Valenzelektron die unbesetzte Stelle (das Defektelektron) ein und hinterlässt an seinem Ursprungsort wiederum eine unbesetzte Stelle. Dieser Vorgang kann von außen betrachtet so interpretiert werden, dass sich ein positiv geladenes Teilchen (das Defektelektron) in entgegengesetzter Richtung bewegt (vergleichbar mit einer Luftblase in einer Flüssigkeit).
Im Gegensatz zum Leitungsbandelektron kann sich das Defektelektron jedoch nicht frei bewegen. Es bewegt sich vielmehr durch eine Art „Nachrücken“ von Valenzelektronen. Dabei nimmt ein benachbartes Valenzelektron die unbesetzte Stelle (das Defektelektron) ein und hinterlässt an seinem Ursprungsort wiederum eine unbesetzte Stelle. Dieser Vorgang kann von außen betrachtet so interpretiert werden, dass sich ein positiv geladenes Teilchen (das Defektelektron) in entgegengesetzter Richtung bewegt (vergleichbar mit einer Luftblase in einer Flüssigkeit).


== Defektelektronen im dotierten Halbleiter ==
=== Mathematische Beschreibung ===
Eine weitere Möglichkeit der Erzeugung von Defektelektronen ist die Anregung von Fremdatomen in Halbleiterkristallen.
Die Physik des Halbleiters (Leitfähigkeit, optische Übergänge) spielt sich ab
In einem Halbleitereinkristall erzeugen Fremdatome Energieniveaus innerhalb der [[Bandlücke]]. Für eine Anregung ist daher weniger Energie notwendig als in einem reinen Halbleiterkristall. Aus diesem Grund ist bereits bei niedrigen Temperaturen ein deutlicher Anstieg der Leitfähigkeit zu beobachten; man spricht in diesem Fall von [[Störstellenleitung]].
* in einem Maximum des Valenzbandes (Krümmung negativ = [[effektive Masse]] <math>m^*</math> der Elektronen negativ) und
Je nach [[Wertigkeit (Chemie)|Wertigkeit]] des Fremdatoms können verschiedene [[Störstelle]]n entstehen.
* in einem Minimum des Leitungsbandes (Krümmung positiv = effektive Masse der Elektronen positiv).
In der Halbleitertechnik werden solche Fremdatome (für Silicium meist [[Bor]] bzw. [[Phosphor]]) in den Halbleiterkristall eingebracht (Dotierung), um die Leitfähigkeit des Ausgangsmaterials gezielt zu verändern.
während in einem Metall auch andere Konfigurationen vorkommen.


[[Datei:Störstellen im Halbleiterkristall (Akzeptor).svg|miniatur|Bei p-Dotierung ersetzt ein Atom mit einem Valenzelektron weniger ([[Halbleiter#Donatoren_und_Akzeptoren|Akzeptor]]) ein Gitteratom, so dass die Fehlstelle wie ein positiver Ladungsträger wirkt]]
Im vollbesetzten Valenzband gibt es zu jedem positiven [[Impuls]] einen ebensogroßen negativen. Geht nun ein Elektron mit [[Elektrische Ladung|Ladung]] <math>q_\mathrm{me} = -e < 0</math> und Impuls <math>\hbar \vec{k}_\mathrm{me}</math> (Index <math>_\mathrm{me}</math> jeweils für {{EnS|missing electron}}) vom Valenzband in ein Akzeptorniveau oder in das Leitungsband über (aufgrund von thermischer oder optischer Anregung), dann bleibt im vorher neutralen Valenzband ein unbesetzter [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustand]] zurück mit resultierendem Impuls <math>-\hbar\vec{k}_\mathrm{me}</math> und resultierender positiver Ladung.
Für die Generierung von Defektelektronen ist besonders die sogenannte p-Dotierung hervorzuheben. Dabei wird ein Halbleiter mit einem Fremdatom geringerer Wertigkeit dotiert. Dieses Fremdatom hat ein oder mehrere Valenzelektronen weniger, als nötig wären, um das substituierte Halbleiteratom zu ersetzen; im Fall eines vierwertigen Halbleiters wie Silicium beispielsweise Bor. Energetisch liegen diese unbesetzten Stellen leicht oberhalb des Valenzbandes, wodurch ein Elektron aus dem Valenzband nur wenig Energie benötigt, um in das (ortsfeste) Störstellenniveau zu wechseln. Dabei wird das zugehörige Gitteratom wiederum ionisiert und ein Defektelektron im Valenzband generiert.


== Anwendung ==
Dies lässt sich äquivalent beschreiben als Loch (engl. ''{{lang|en|hole}}'') mit:
Die interessante Physik des Halbleiters (Leitfähigkeit, optische Übergänge) spielt sich in einem Minimum des Leitungsbandes (Krümmung positiv = effektive Masse der Elektronen positiv) und in einem Maximum des Valenzbandes (Krümmung negativ = effektive Masse der Elektronen negativ) ab (während in einem Metall auch andere Konfigurationen vorkommen). Ein Elektron hat im Valenzband (in der Umgebung eines Maximums) eine negative [[effektive Masse]] (<math>m_\mathrm{me}^{*} < 0</math>) und bewegt sich somit bei äußerem elektrischen Feld zu niedrigeren elektrischen Potentialen, das heißt zum Minus-Pol (im Gegensatz zu Elektronen im Leitungsband oder in Metallen). Geht ein Elektron (Ladung <math>q_\mathrm{me}-e</math>) mit Impuls <math>\hbar \vec{k}_\mathrm{me}</math> vom Valenzband in ein Akzeptorniveau oder in das Leitungsband über (thermische oder optische Anregung), dann bleibt im Valenzband ein unbesetzter [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustand]] zurück. Im vollbesetzten Band gibt es zu jedem positiven Impuls einen ebensogroßen negativen. Somit bleibt nach der Anregung im Valenzband ein unbesetzter Zustand und ein resultierender Impuls <math>-\hbar\vec{k}_\mathrm{me}</math> zurück. Außerdem ist in dem vorher neutralen vollbesetzten Band durch Entfernen eines Elektrons eine resultierende positive Ladung <math>+e</math> zurückgeblieben. Dies lässt sich äquivalent als Loch mit positiver Ladung <math>+e</math>, positivem Impuls <math>\hbar \vec{k}</math> und positiver effektiver Masse <math>m_\mathrm{h}^{*} = -m_\mathrm{me}^{*} > 0</math> beschreiben. Somit ist die Bewegungsrichtung <math>\vec v</math> gleich der des Elektrons im Valenzband, also im äußeren elektrischen Feld zum Minus-Pol.
* positiver Ladung <math>q_{h} = -q_\mathrm{me} = +e</math> (mit der [[Elementarladung]] <math>e</math>)
* positivem Impuls <math>\vec{k}_\mathrm{h} = -\vec{k}_\mathrm{me} = \hbar \vec{k}</math> (mit dem reduzierten [[Wirkungsquantum]] <math>\hbar</math>)
* positiver effektiver Masse <math>m_\mathrm{h}^{*} = -m_\mathrm{me}^{*} > 0</math>.


:<math>q_{h}=-q_\mathrm{me},\quad m_\mathrm{h}^{*}=-m_\mathrm{me}^{*},\quad\vec{k}_\mathrm{h}=-\vec{k}_\mathrm{me}</math>
Das aus dem Valenzband entfernte Elektron hatte (im Gegensatz zu Elektronen im Leitungsband oder in Metallen) genau dieselbe Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung <math>\vec v</math> wie das nach der Anregung zurückgebliebene Loch: bei äußerem [[Elektrisches Feld|elektrischen Feld]] bewegt es sich zu niedrigeren [[Elektrisches Potential|elektrischen Potentialen]], d.&nbsp;h. zum [[Elektrischer Pol|Minus-Pol]]:
 
Das entfernte Elektron ({{EnS|missing electron}}) hatte genau dieselbe Geschwindigkeit wie das nach der Anregung zurückgebliebene Loch (engl. {{lang|en|hole}}):
:<math>\vec{v}_\mathrm{me}=\hbar\frac{\vec{k}_\mathrm{me}}{m_\mathrm{me}^{*}}=\hbar\frac{\vec{k}_{h}}{m_\mathrm{h}^{*}}=\vec{v}_\mathrm{h}</math>
:<math>\vec{v}_\mathrm{me}=\hbar\frac{\vec{k}_\mathrm{me}}{m_\mathrm{me}^{*}}=\hbar\frac{\vec{k}_{h}}{m_\mathrm{h}^{*}}=\vec{v}_\mathrm{h}</math>


Ein äußeres elektrisches Feld beschleunigt das fehlende Elektron, wenn es im ursprünglichen Zustand sitzen würde, genauso wie das Loch:
Auch die Beschleunigung durch ein äußeres elektrisches Feld ist für das fehlende Elektron, wenn es im ursprünglichen Zustand sitzen würde, genau so groß wie für das Loch:
:<math>\frac{\mathrm{d}\vec{v}_\mathrm{me}}{\mathrm{d}t}=\frac{q_\mathrm{me}}{m_\mathrm{me}^{*}}\vec{E}=\frac{q_\mathrm{h}}{m_\mathrm{h}^{*}}\vec{E}=\frac{\mathrm{d}\vec{v}_\mathrm{h}}{\mathrm{d}t}</math>
:<math>\frac{\mathrm{d}\vec{v}_\mathrm{me}}{\mathrm{d}t}=\frac{q_\mathrm{me}}{m_\mathrm{me}^{*}}\vec{E}=\frac{q_\mathrm{h}}{m_\mathrm{h}^{*}}\vec{E}=\frac{\mathrm{d}\vec{v}_\mathrm{h}}{\mathrm{d}t}</math>


Weitere wichtige charakteristische Größen von Halbleitern sind die [[Beweglichkeit (Physik)|Ladungsträgerbeweglichkeit]] und deren effektive Masse. Beide sind jedoch für Elektronen und Löcher nicht automatisch gleich groß und hängen beispielsweise auch von Material, Dotierung, [[Spannung (Mechanik)|mechanischem Spannungszustand]], Temperatur, Bewegungsrichtung usw. ab.
Weitere wichtige charakteristische Größen von Halbleitern sind die [[Beweglichkeit (Physik)|Ladungsträgerbeweglichkeit]] und deren effektive Masse. Beide sind jedoch für Elektronen und Löcher nicht automatisch gleich groß und hängen beispielsweise auch ab von Material, Dotierung, [[Mechanische Spannung|mechanischem Spannungs]][[Spannungszustand|zustand]], Temperatur, Bewegungsrichtung usw.
 
== Im dotierten Halbleiter ==
Eine weitere Möglichkeit der Erzeugung von Defektelektronen ist die Anregung von [[Fremdatom]]en in Halbleiterkristallen.
In einem Halbleitereinkristall erzeugen Fremdatome [[Energieniveau]]s innerhalb der [[Bandlücke]]. Für eine Anregung ist daher weniger Energie notwendig als in einem reinen Halbleiterkristall. Aus diesem Grund ist bereits bei niedrigen Temperaturen ein deutlicher Anstieg der [[Elektrische Leitfähigkeit|Leitfähigkeit]] zu beobachten; man spricht in diesem Fall von [[Störstellenleitung]].
 
In der Halbleitertechnik werden Fremdatome (für Silicium meist [[Bor]] bzw. [[Phosphor]]) in den Halbleiterkristall eingebracht (Dotierung), um die Leitfähigkeit des Ausgangsmaterials gezielt zu verändern. Je nach [[Wertigkeit (Chemie)|Wertigkeit]] des Fremdatoms können verschiedene [[Störstelle]]n entstehen.
 
[[Datei:Störstellen im Halbleiterkristall (Akzeptor).svg|miniatur|Bei p-Dotierung ersetzt ein Atom mit einem Valenzelektron weniger ([[Halbleiter#Donatoren und Akzeptoren|Akzeptor]]) ein Gitteratom, so dass die Fehlstelle wie ein positiver Ladungsträger wirkt]]
Für die Generierung von Defektelektronen ist besonders die p-Dotierung hervorzuheben. Dabei wird ein Halbleiter mit einem Fremdatom geringerer Wertigkeit [[Dotierung|dotiert]], d.&nbsp;h. dieses Fremdatom hat ein oder mehrere Valenzelektronen weniger, als nötig wären, um das substituierte Halbleiteratom zu ersetzen; im Fall eines vierwertigen Halbleiters wie Silicium beispielsweise Bor. Energetisch liegen diese unbesetzten Stellen nur leicht oberhalb des Valenzbandes, wodurch ein Elektron aus dem Valenzband nur wenig Energie benötigt, um in das (ortsfeste) Störstellenniveau zu wechseln. Dabei wird das zugehörige Gitteratom wiederum [[Ionisation|ionisiert]] und ein Defektelektron im Valenzband generiert.


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 5. Januar 2021, 22:07 Uhr

Als Defektelektron, Elektronenfehlstelle, Elektronenloch oder Loch wird der (gedachte) positive bewegliche Ladungsträger in Halbleitern bezeichnet. Es stellt die äquivalente Beschreibung des Fehlens eines (realen) Valenzelektrons dar,[1] die der vereinfachten mathematischen Behandlung der Vorgänge im Halbleiter dient. Der reale Ladungstransport findet weiterhin durch Elektronen statt.

Des Weiteren ist das Konzept der Defektelektronen wichtig für das Verständnis der Leitungsmechanismen in dotierten Halbleitern.

Das Defektelektron ist ein Quasiteilchen, sein Gegenstück ist das Quasiteilchen „Kristallelektron“[2].

Entdeckt wurde das Defektelektron von Karl Baedeker (1911), der Name stammt von Fritz Stöckmann und Heinz Pick.[3]

Im undotierten Halbleiter

links: Reiner Silicium-Kristall; Generation eines Elektron-Loch-Paares sowie Bewegung und Rekombination eines Elektrons mit einem Loch
rechts: Darstellung der Vorgänge im Banddiagramm

Defektelektronen entstehen allgemein durch Anregung von Gitteratomen eines Kristalls. In reinen Halbleitereinkristallen (aus Silicium, Germanium, Galliumarsenid etc.) sind (am absoluten Nullpunkt) alle Valenzelektronen an den Bindungen beteiligt, d. h., alle Valenzelektronen befinden sich im Valenzband, das Leitungsband ist unbesetzt. Daher existieren keine Defektelektronen.

Für die Erzeugung von Defektelektronen müssen daher einige Gitteratome angeregt werden. Dies kann beispielsweise bei höheren Temperaturen (thermische Anregung) oder durch Absorption eines Photons (optische Anregung) geschehen. Dabei werden Valenzelektronen in das Leitungsband angeregt und hinterlassen beim zugehörigen Gitteratom eine unbesetzte Valenzelektronstelle (ein Defektelektron).

Wird an den Halbleiter eine elektrische Spannung angelegt, so tragen sowohl das freibewegliche Elektron im Leitungsband als auch das Defektelektron im Valenzband zum Ladungstransport bei. Man spricht (im Fall reiner Halbleiter) dabei von Eigenleitung.

Im Gegensatz zum Leitungsbandelektron kann sich das Defektelektron jedoch nicht frei bewegen. Es bewegt sich vielmehr durch eine Art „Nachrücken“ von Valenzelektronen. Dabei nimmt ein benachbartes Valenzelektron die unbesetzte Stelle (das Defektelektron) ein und hinterlässt an seinem Ursprungsort wiederum eine unbesetzte Stelle. Dieser Vorgang kann von außen betrachtet so interpretiert werden, dass sich ein positiv geladenes Teilchen (das Defektelektron) in entgegengesetzter Richtung bewegt (vergleichbar mit einer Luftblase in einer Flüssigkeit).

Mathematische Beschreibung

Die Physik des Halbleiters (Leitfähigkeit, optische Übergänge) spielt sich ab

  • in einem Maximum des Valenzbandes (Krümmung negativ = effektive Masse $ m^{*} $ der Elektronen negativ) und
  • in einem Minimum des Leitungsbandes (Krümmung positiv = effektive Masse der Elektronen positiv).

während in einem Metall auch andere Konfigurationen vorkommen.

Im vollbesetzten Valenzband gibt es zu jedem positiven Impuls einen ebensogroßen negativen. Geht nun ein Elektron mit Ladung $ q_{\mathrm {me} }=-e<0 $ und Impuls $ \hbar {\vec {k}}_{\mathrm {me} } $ (Index $ _{\mathrm {me} } $ jeweils für englisch missing electron) vom Valenzband in ein Akzeptorniveau oder in das Leitungsband über (aufgrund von thermischer oder optischer Anregung), dann bleibt im vorher neutralen Valenzband ein unbesetzter Zustand zurück mit resultierendem Impuls $ -\hbar {\vec {k}}_{\mathrm {me} } $ und resultierender positiver Ladung.

Dies lässt sich äquivalent beschreiben als Loch (engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) mit:

  • positiver Ladung $ q_{h}=-q_{\mathrm {me} }=+e $ (mit der Elementarladung $ e $)
  • positivem Impuls $ {\vec {k}}_{\mathrm {h} }=-{\vec {k}}_{\mathrm {me} }=\hbar {\vec {k}} $ (mit dem reduzierten Wirkungsquantum $ \hbar $)
  • positiver effektiver Masse $ m_{\mathrm {h} }^{*}=-m_{\mathrm {me} }^{*}>0 $.

Das aus dem Valenzband entfernte Elektron hatte (im Gegensatz zu Elektronen im Leitungsband oder in Metallen) genau dieselbe Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung $ {\vec {v}} $ wie das nach der Anregung zurückgebliebene Loch: bei äußerem elektrischen Feld bewegt es sich zu niedrigeren elektrischen Potentialen, d. h. zum Minus-Pol:

$ {\vec {v}}_{\mathrm {me} }=\hbar {\frac {{\vec {k}}_{\mathrm {me} }}{m_{\mathrm {me} }^{*}}}=\hbar {\frac {{\vec {k}}_{h}}{m_{\mathrm {h} }^{*}}}={\vec {v}}_{\mathrm {h} } $

Auch die Beschleunigung durch ein äußeres elektrisches Feld ist für das fehlende Elektron, wenn es im ursprünglichen Zustand sitzen würde, genau so groß wie für das Loch:

$ {\frac {\mathrm {d} {\vec {v}}_{\mathrm {me} }}{\mathrm {d} t}}={\frac {q_{\mathrm {me} }}{m_{\mathrm {me} }^{*}}}{\vec {E}}={\frac {q_{\mathrm {h} }}{m_{\mathrm {h} }^{*}}}{\vec {E}}={\frac {\mathrm {d} {\vec {v}}_{\mathrm {h} }}{\mathrm {d} t}} $

Weitere wichtige charakteristische Größen von Halbleitern sind die Ladungsträgerbeweglichkeit und deren effektive Masse. Beide sind jedoch für Elektronen und Löcher nicht automatisch gleich groß und hängen beispielsweise auch ab von Material, Dotierung, mechanischem Spannungszustand, Temperatur, Bewegungsrichtung usw.

Im dotierten Halbleiter

Eine weitere Möglichkeit der Erzeugung von Defektelektronen ist die Anregung von Fremdatomen in Halbleiterkristallen. In einem Halbleitereinkristall erzeugen Fremdatome Energieniveaus innerhalb der Bandlücke. Für eine Anregung ist daher weniger Energie notwendig als in einem reinen Halbleiterkristall. Aus diesem Grund ist bereits bei niedrigen Temperaturen ein deutlicher Anstieg der Leitfähigkeit zu beobachten; man spricht in diesem Fall von Störstellenleitung.

In der Halbleitertechnik werden Fremdatome (für Silicium meist Bor bzw. Phosphor) in den Halbleiterkristall eingebracht (Dotierung), um die Leitfähigkeit des Ausgangsmaterials gezielt zu verändern. Je nach Wertigkeit des Fremdatoms können verschiedene Störstellen entstehen.

Bei p-Dotierung ersetzt ein Atom mit einem Valenzelektron weniger (Akzeptor) ein Gitteratom, so dass die Fehlstelle wie ein positiver Ladungsträger wirkt

Für die Generierung von Defektelektronen ist besonders die p-Dotierung hervorzuheben. Dabei wird ein Halbleiter mit einem Fremdatom geringerer Wertigkeit dotiert, d. h. dieses Fremdatom hat ein oder mehrere Valenzelektronen weniger, als nötig wären, um das substituierte Halbleiteratom zu ersetzen; im Fall eines vierwertigen Halbleiters wie Silicium beispielsweise Bor. Energetisch liegen diese unbesetzten Stellen nur leicht oberhalb des Valenzbandes, wodurch ein Elektron aus dem Valenzband nur wenig Energie benötigt, um in das (ortsfeste) Störstellenniveau zu wechseln. Dabei wird das zugehörige Gitteratom wiederum ionisiert und ein Defektelektron im Valenzband generiert.

Literatur

  • Karl Nitzsche, Hans-Jürgen Ullrich: Funktionswerkstoffe der Elektrotechnik und Elektronik. Hüthig, 1986, ISBN 3-7785-1264-1.
  • Konrad Kopitzki, Peter Herzog: Einführung in die Festkörperphysik. 6., überarbeitete Auflage. Vieweg+Teubner, 2007 ISBN 978-3-8351-0144-9.
  • Charles Kittel: Einführung in die Festkörperphysik. Oldenbourg Verlag.
  • Neil W. Ashcroft, David N. Mermin: Festkörperphysik. 3., verbesserte Auflage. Oldenbourg, 2007, ISBN 978-3-486-58273-4.

Einzelnachweise

  1. Rudolf Müller: Grundlagen der Halbleiter-Elektronik. 5. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 1987. ISBN 3-540-18041-9, S. 25 und 30.
  2. Horst Hänsel, Werner Neumann: Physik. Band 4 - Moleküle und Festkörper. Spektrum-Akademischer Verlag, 2000, ISBN 3-8274-1037-1, S. 381 ff. und S. 377 ff.
  3. Biographische Notizen von Robert Wichard Pohl, pdf, Universität Göttingen 2013, S. 20. Mit Interview von Pohl und Pick.

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