Carl von Linde: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Carl Paul Gottfried Linde''' (* [[11. Juni]] [[1842]] in [[Berndorf (Thurnau)|Berndorf]]; † [[16. November]] [[1934]] in [[München]]), seit 1897 '''Ritter von Linde''', war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der [[Linde AG]]. Mit Hilfe seines [[Linde-Verfahren]]s war die Entwicklung der ersten [[Kühlschrank|Kühlschränke]] mit heutiger Kühltechnik möglich.
'''Carl Paul Gottfried Linde''', seit 1897 '''Ritter von Linde''', (* [[11. Juni]] [[1842]] in [[Berndorf (Thurnau)|Berndorf]] bei [[Thurnau]]; † [[16. November]] [[1934]] in [[München]]) war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der [[Linde plc]]. Mithilfe seines [[Linde-Verfahren]]s war die Entwicklung der ersten [[Kühlschrank|Kühlschränke]] mit heutiger Kühltechnik möglich.


== Leben und Werk ==
== Leben ==
=== Herkunft ===
Carl Linde wurde als drittes von neun Kindern als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Friedrich Linde und seiner Frau Franziska in Berndorf (Oberfranken) geboren.<ref name="Dienel35" /> Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei [[St. Mang (Kempten)|St. Mang]] – zog die Familie ins Pfarrhaus nach [[Kempten (Allgäu)|Kempten]]. Carl Linde besuchte als einziger der vier Söhne bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist ([[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]). Bei häufigen Besuchen in der [[Mechanische Baumwollspinnerei und -weberei Kempten|Kemptener Aktienbaumwollspinnerei]] reifte in ihm der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren.<ref name="Chronik12" />
Linde wurde als drittes von neun Kindern im evangelisch-lutherischen Pfarrhaus Berndorf geboren. Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei [[St. Mang (Kempten)|St. Mang]] – zog die Familie ins Pfarrhaus nach [[Kempten (Allgäu)]]. Carl Linde besuchte bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist ([[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]). Bei häufigen Besuchen in der [[Mechanische Baumwollspinnerei und -weberei Kempten|Kemptener Aktienbaumwollspinnerei]] war in ihm der Wunsch gereift, Ingenieurwissenschaften zu studieren.  


=== Studium und erste Tätigkeiten ===
1861 begann Carl Linde ein Studium am [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|Polytechnikum Zürich]], wo [[Rudolf Clausius]], [[Gustav Zeuner]] und [[Franz Reuleaux]] seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Studentenprotest gegen den Direktor [[Pompejus Bolley]] zwangsexmatrikuliert wurde.<ref name="Dienel35" /> Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von [[Kottern]] bei [[Kempten (Allgäu)]], die er im selben Jahr antrat.<!-- EN fehlt --> Er blieb dort aber nur kurze Zeit und arbeitete danach – aufgrund von Empfehlungsschreiben von Zeuner und Reuleaux – ab August 1865 als Ingenieur im Zeichenbüro von [[Borsig (Unternehmen)|Borsig]] in [[Berlin]].<ref name="Chronik12" /><ref name="Dienel35" /> Bereits im Februar 1866 zog er nach [[München]], um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der in Gründung befindlichen Lokomotivenfabrik von [[Georg Krauß (Industrieller)|Georg Krauß]] zu arbeiten.<ref name="Chronik12" />
1861 begann Carl Linde ein Studium am [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|Polytechnikum Zürich]], wo [[Rudolf Clausius]], [[Gustav Zeuner]] und [[Franz Reuleaux]] seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach einem Studentenprotest zwangsexmatrikuliert wurde.


Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von [[Kottern]] bei [[Kempten (Allgäu)]], die er im selben Jahr antrat. Er blieb dort aber nur kurze Zeit, bevor er nach [[München]] zog, um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der Lokomotivenfabrik [[Georg Krauß (Industrieller)|Krauss]] zu arbeiten.
Am 26. Februar verlobte er sich und am 17. September 1866 heiratete er in Kempten Helene Grimm, Tochter des Generalstaatsanwaltes in Berlin und eine entfernte Verwandte seiner Mutter.<ref name="Chronik12" /><ref name="Dienel35" />  Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder: Maria Linde (1867–1954), Franziska Linde (1868–1966), der Physiker Friedrich Linde (1870–1965), Anna Linde (1873–1949), der Maschinenbauingenieur Richard Linde (1876–1961) und Elisabeth Linde (1880–1959). Seine Tochter Anna heiratete den späteren Präses des [[Evangelischer Gnadauer Gemeinschaftsverband|Gnadauer Gemeinschaftsverbandes]], [[Walter Michaelis (Pfarrer)|Walter Michaelis]]; Franziska ebenfalls einen lutherischen Pfarrer. Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der von 1935 bis 1948 auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Seine beiden Söhne Friedrich und Richard traten ebenfalls in die Firma ein und setzten das Lebenswerk von Carl von Linde ebenso fort wie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer, der Ehemann der jüngsten Tochter Elisabeth. In der nächsten Generation ging die Unternehmensführung auf Rudolfs Sohn Johannes Wucherer über.<ref name="Dienel39" /><ref name="Dienel144" />


Carl von Linde hatte die meiste Zeit seines Lebens gesundheitliche Probleme, wie häufige Migräneanfälle und chronische Magenschmerzen, was er auf seine aufreibende Arbeit zurückführte.<ref name="Dienel35" /> Seit 1895 verbrachte er jeden Sommer mehr als drei Monate in den bayrischen Bergen und hatte in dieser Zeit geschäftlich fast ausschließlich Briefkontakt. Erst nachdem er seine physische Überlastung reduziert hatte, besserte sich ab dem 60. Lebensjahr sein Gesundheitszustand bis ins hohe Alter. Politisch engagierte sich Linde nicht.<ref name="Dienel39" /> Er starb 1934 im Alter von 92 Jahren und wurde im alten Teil des [[Waldfriedhof (München)|Waldfriedhofs in München]] im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.
== Werk ==
=== Hochschullehrer und Erfinder ===
=== Hochschullehrer und Erfinder ===
[[Datei:Carl von Linde 1868.jpg|mini|hochkant|Carl Linde (1868)]]
[[Datei:Carl von Linde 1868.jpg|mini|hochkant|Carl Linde (1868)]]
1866 heiratete er Helene Grimm: Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder. 1868 folgte er einem Ruf der [[Technische Universität München|Polytechnischen Schule München]], der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für [[Maschinenbau]]. Am Polytechnikum richtete Linde das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem [[Rudolf Diesel]] ausgebildet wurde.
1868 folgte er einem Ruf von [[Karl Maximilian von Bauernfeind]], dem Gründungsdirektor zur [[Technische Universität München|Polytechnischen Schule München]], der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für [[Maschinenbau|Maschinenlehre]]. Am Polytechnikum richtete Linde für 70&nbsp;000 [[Gulden]] das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem [[Rudolf Diesel]] ausgebildet wurde.<ref name="Chronik12" />
 
1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte [[Kältemaschine|Kältetechnikverfahren]]. Viele Brauereien interessierten sich dafür, und bald versorgte Linde sie mit den neuen Maschinen, an denen er ständig arbeitete.
 
Linde schuf wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. 1871 konzipierte er eine mit ''Methyläther'' ([[Dimethylether]]) arbeitende Kältemaschine, die er in der Maschinenfabrik Augsburg ([[MAN]]) herstellen ließ. Die zweite, 1876 folgende Generation von [[Kühlschrank|Kühlmaschinen]] arbeitete mit [[Ammoniak]]. Das Prinzip der Abkühlung von [[Gas]], das vorher [[Arbeit (Physik)|mechanische Arbeit]] geleistet hatte, war beiden gemeinsam.


Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von [[Paraffin]] war 1873 für den Hochschullehrer der Anreiz zum Bau einer Kühlmaschine, die beim Bierbrauen die [[Gärung]] bei konstanter Temperatur zuließ. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für die neue Kältetechnik: als erste 1877 [[Anton Dreher junior|Dreher]] in Triest, ferner die [[Mainzer Aktien Bierbrauerei|Mainzer Actien-Bierbrauerei]], [[Spaten (Brauerei)|Spaten]] in München, [[Heineken]] in den Niederlanden, [[Carlsberg (Brauerei)|Carlsberg]] in Dänemark.
Linde schuf ganz wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von [[Paraffin]] war für den Hochschullehrer der Anreiz zum Entwurf einer Kühlmaschine. 1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte [[Kältemaschine|Kältetechnikverfahren]] im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt.<!-- EN fehlt -->  Im Sommer 1871 trat daraufhin August Deiglmayr, der Direktor der größten österreichischen Brauerei [[Anton Dreher junior|Dreher]], an Linde mit der Frage heran, ob es möglich wäre, eine Kühlanlage für einen Gärkeller in deren Brauerei in [[Triest]] zu bauen. Mit dem Onkel von Deiglmayr, [[Gabriel Sedlmayr der Jüngere|Gabriel Sedlmayr]] von der Münchener [[Spaten (Brauerei)|Spaten-Brauerei]] fanden die beiden einen weiteren Interessenten, der Linde sowohl mit Räumlichkeiten in München als auch finanziell bei seinen Versuchen unterstützte.<ref name="Dienel49" /> Für die entworfene Kälteerzeugungsmaschine wurde am 17. Januar 1873 ein bayrisches Patent angemeldet und die Erteilung forderte, dass binnen eines Jahres ein funktionsfähiges Exemplar existierte.<ref name="Dienel49" /> Linde und Sedlmayr beauftragten die [[MAN|Maschinenfabrik Augsburg]] mit dem Bau. Die Maschine war zwar rechtzeitig fertig und Sedlmayr reichte am 20. Januar 1874 den Nachweis der Inbetriebnahme ein, aber es gab massive Schwierigkeiten, denn die von Linde vorgesehene [[Quecksilber]]-Dichtung für das [[Kältemittel]] [[Dimethylether]] funktionierte nur mangelhaft.<ref name="Dienel49" /> Daher entwarf Linde auf seine eigenen Kosten mit seinem Mitarbeiter Friedrich Schipper eine neue, einfachere, leichtere und wirkungsvollere Kältemaschine, mit Ammoniak als Kältemittel. Das Prinzip der Abkühlung von [[Gas]], das vorher [[Arbeit (Physik)|mechanische Arbeit]] geleistet hatte, war beiden gemeinsam. Linde meldete den neuen Kompressor am 25. März 1876 zum Bayerischen Patent und im August 1877 beim gerade erst gegründeten [[Reichspatentamt]] zum Reichspatent an: das Patent erhielt die Nummer 1250.<ref>{{Patent| Land=DE| V-Nr=1250C| Titel=Kälteerzeugungsmaschine| V-Datum=1877-08-08| Erfinder=Carl Linde}}</ref> Der erste neue Kompressor wurde 1876 an die Dreher-Brauerei in Triest verkauft und lief dort von 1877 bis 1908.<ref name="Plank"/><ref name="Chronik07" /> Weitere Maschinen folgten an die [[Mainzer Aktien Bierbrauerei|Mainzer Actien-Bierbrauerei]], [[Spaten (Brauerei)|Spaten]] in München, 1877 [[Heineken]] in den Niederlanden und 1878 [[Carlsberg (Brauerei)|Carlsberg]] in Dänemark.<ref name="Chronik07" />


=== Unternehmensgründung ===
=== Unternehmensgründung ===
Am 21. Juni 1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und rief mit zwei Brauern und drei anderen Gründern die ''Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG'' ins Leben (heute [[Linde AG]]). Im Gegensatz zu den anderen Gesellschaftern brachte er in das Unternehmen kein Kapital, aber seine [[Patent]]e ein.
[[Datei:BIB - Kältemaschine.jpg|mini|Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München]]
 
1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und gründete am 21. Juni des gleichen Jahres mit Sedlmayr, Georg Krauß, [[Heinrich von Buz]] von der Maschinenfabrik Augsburg, Carl Lang und [[Gustav Jung (Unternehmer)|Gustav Jung]] von der [[Mainzer Aktien-Bierbrauerei]] die [[Linde plc|Gesellschaft für Linde's Eismaschinen Aktien-Gesellschaft]] in [[Wiesbaden]]. Carl von Linde war der einzige Vorstand, die anderen Gründer bildeten den Aufsichtsrat, mit Carl Lang als Vorsitzendem. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf [[Kältetechnik|kältetechnischem]] Gebiet. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für diese neue Kältetechnik als Ersatz für [[Natureis]], da viele ab 1840 von [[Obergärige Hefe|obergärigem]] ''englischen Bier'' auf [[Untergärige Hefe|untergäriges]] ''Lagerbier''  umgestellt hatten. Das Lagerbier traf den Geschmack vieler Käufer und war lagerstabiler, benötigte aber während des Brauprozesses stabil niedrige Temperaturen. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei Natureis, das für die temperaturregulierte Gärung von untergärigem Bier benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von [[Chlor]] und [[Kohlensäure]] war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte. 1890 waren bereits 625 von Linde gefertigte Kältemaschinen, davon die meisten in Brauereien, in Betrieb.<ref name="Plank" /><ref name="Chronik07" /><ref name="Chronik07" />
Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf [[Kältetechnik|kältetechnischem]] Gebiet. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei [[Natureis]], das für die temperaturregulierte Gärung mit untergäriger Hefe benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von [[Chlor]] und [[Kohlensäure]] war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte.


=== Forscher und Unternehmer ===
=== Forscher und Unternehmer ===
[[File:BIB - Kältemaschine.jpg|thumb|Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München]]
[[Datei:Ges. für Markt- und Kühlhallen 1898.JPG|mini|Aktie der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen vom 7. Juni 1898 mit Unterschrift vom Aufsichtsrat Carl Linde]]
1890 zog sich Linde aus dem [[operatives Geschäft|operativen Geschäft]] in den [[Aufsichtsrat]] seiner Aktiengesellschaft zurück. In den Jahren 1892 bis 1910 nahm er seine Professur wieder auf.
1890 gehörte Linde zu den Mitbegründern der '''Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''' in Berlin. Deren Sitz war ab 1895 München und seit 1909 Hamburg. Diese Gesellschaft besaß zunächst Kühlhäuser und Eisfabriken in Hamburg und Berlin und wurde später der größte deutsche Kühlhausbetreiber und Marktführer im Bereich der Tiefkühllogistik. Linde war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft.
 
1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England auch [[William Hampson]], der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das [[Linde-Verfahren]] nutzte den [[Joule-Thomson-Effekt]] und beruhte auf dem [[Gegenstromprinzip (Verfahrenstechnik)|Gegenstromverfahren]]. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische [[Tieftemperaturphysik|Tieftemperaturuntersuchungen]] und zur Trennung der Luftbestandteile durch [[fraktionierte Destillation]].
 
1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von [[Sauerstoff]] und (ab 1903) [[Stickstoff]]. Im Süden Münchens, in [[Höllriegelskreuth]], ließ Linde 1903 eine Fertigungsstätte bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.


Ab 1910 zog sich Linde als Direktor seiner inzwischen ungeheuer erfolgreichen Aktiengesellschaft zurück und reichte sie an seine Söhne Friedrich und Richard weiter. Die [[Weltwirtschaftskrise]] von 1929 versetzte der Linde AG einen starken Schlag; das Unternehmen erholte sich aber und die Gewinne stiegen wieder.
1890 übergab Linde den Vorstandsposten der Linde Aktiengesellschaft an seinen Mitarbeiter Friedrich Schipper, zog sich aus dem [[operatives Geschäft|operativen Geschäft]] zurück und wurde [[Aufsichtsratsvorsitzender]] – diesen Posten behielt er bis 1931. 1892 zog er zurück nach München, wo er eine [[Honorarprofessur]] an der Technischen Hochschule annahm. Diese wurde 1900 in eine ordentliche Professur umgewandelt und er hielt wieder Vorlesungen zu Kältemaschinen.<ref name="Dienel35" />
[[File:Ges. für Markt- und Kühlhallen 1898.JPG|thumb|Aktie der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen vom 7. Juni 1898 mit Unterschrift vom Aufsichtsrat Carl Linde]]
Von 1893 bis 1894 arbeitete Linde an einer Kohlensäurekältemaschine, welche er von der Maschinenfabrik Augsburg bauen ließ. Ursprünglich wollte er damit die Minderwertigkeit der Maschinen der englischen Konkurrenz aufzeigen und entwickelte daraus im Folgejahr dann das Verfahren der Luftverflüssigung.<ref name="Dienel39"/> 1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England [[William Hampson]], der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das [[Linde-Verfahren]] nutzt den [[Joule-Thomson-Effekt]] und beruht auf dem [[Gegenstromprinzip (Verfahrenstechnik)|Gegenstromverfahren]]. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische [[Tieftemperaturphysik|Tieftemperaturuntersuchungen]] und zur Trennung der Luftbestandteile durch [[fraktionierte Destillation]].
1890 gehörte Linde zu den Mitbegründern der '''Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''' in Berlin. Deren Sitz war ab 1895 München und seit 1909 Hamburg. Diese Gesellschaft besaß zunächst Kühlhäuser und Eisfabriken in Hamburg und Berlin und wurde später der größte deutsche Kühlhausbetreiber und Marktführer im Bereich der Tiefkühllogistik. Linde war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft.


Carl von Linde starb 1934 im Alter von 92 Jahren. Er ist im alten Teil des [[Waldfriedhof (München)|Waldfriedhofs in München]] im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.
1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von [[Sauerstoff]] und (ab 1903) [[Stickstoff]]. Im Süden Münchens ließ Linde in [[Höllriegelskreuth]] 1903 eine Fertigungsstätte bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.


== Mitgliedschaften und Auszeichnungen ==
== Mitgliedschaften und Auszeichnungen ==
Linde war Mitglied von wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen, unter anderem gehörte er dem Kuratorium der [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|Physikalisch-Technischen Reichsanstalt]] und der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] an und war Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kältevereins (DKV). 1903 war er an der Gründung des [[Deutsches Museum|Deutschen Museums]] beteiligt.
Linde war Mitglied von zahlreichen wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen. Unter anderem gehörte er ab 1895 zum Kuratorium der [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|Physikalisch-Technischen Reichsanstalt]] und ab 1896 der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] an. 1876 wurde er Mitglied des [[Verein Deutscher Ingenieure|Vereins Deutscher Ingenieure (VDI)]] und Mitbegründer des Bayerischen Bezirksvereins des VDI.<ref>{{Literatur |Titel=Angelegenheiten des Vereines |Sammelwerk=[[VDI-Z Integrierte Produktion|Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure]] |Band=20 |Nummer=6 |Datum=1876-06 |Seiten=348}}</ref> 1892 wurde Linde Vorsitzender des Bayerischen Bezirksvereins, 1894 Mitglied des Vorstandes, 1895 Mitglied der wissenschaftlich-technischen Kommission des VDI und 1904/1905 dessen Vorstandsvorsitzender.<ref name="Dienel35"/> 1897 wurde ihm die [[Liste der Inhaber einer Grashof-Denkmünze|Grashof-Denkmünze]] (VDI) verliehen. 1903 war er als Vorstandsmitglied an der Gründung des [[Deutsches Museum|Deutschen Museums]] beteiligt<ref name="Dienel35"/>  und war 1909 Gründungsvorstandsvorsitzender des [[Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein|Deutschen Kältevereins]] (DKV).<ref name="dkv"/>


Linde wurde von [[Luitpold von Bayern|Prinzregent Luitpold]] 1897 mit dem [[Verdienstorden der Bayerischen Krone]] ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den [[Deutscher Adel#Persönlicher Adel|persönlichen Adelsstand]] erhoben. Auch wurde ihm im Jahr 1897 die [[Liste der Inhaber einer Grashof-Denkmünze|Grashof-Denkmünze]] des [[Verein Deutscher Ingenieure|Vereins Deutscher Ingenieure]] verliehen. 1907 wurde ihm der [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst|Maximiliansorden]] verliehen. 1916 war er der erste Preisträger des [[Werner-von-Siemens-Ring|Siemens-Rings]]. 1918 wurde er Träger des Ordens [[Pour le Mérite|Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste]].
Der Göttinger Vereinigung für angewandte Physik und Mathematik – dem geistigen Vorläufer der [[Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft]] – trat er 1898 bei.<ref name="Chronik12" /> Linde wurde von [[Luitpold von Bayern|Prinzregent Luitpold]] 1897 mit dem Ritterkreuz des [[Verdienstorden der Bayerischen Krone|Verdienstordens der Bayerischen Krone]] ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den [[Deutscher Adel#Persönlicher Adel|persönlichen Adelsstand]] erhoben. 1907 erhielt er den [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst|Maximiliansorden]]. 1916 war er der erste Preisträger des [[Werner-von-Siemens-Ring|Siemens-Rings]].<ref>Rainer Scharf: ''Kurzporträts der Ringträger'', [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt]], Januar 2018. ([https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/publikationen/ptb_mitteilungen/mitt2018/Heft1/Kurzportraets_der_Ringtraeger.pdf online-PDF 1,2 MB])</ref> 1918 wurde er Inhaber des Ordens [[Pour le Mérite|Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste]].


Als [[Ehrendoktor]] wurde er 1897 von der [[Georg-August-Universität Göttingen|Universität Göttingen]] ausgezeichnet (Dr. phil. h.&nbsp;c.), 1902 von der [[Technische Hochschule Dresden|Technischen Hochschule Dresden]] (Dr.-Ing. E.&nbsp;h.) und 1917 von der [[Technische Universität Wien|Technischen Hochschule Wien]] (Dr. techn. h.&nbsp;c.).<ref name="NDB">{{NDB|14|577|581|Linde, Carl Ritter von|Kurt Mayer; Karl Michaelis|11857311X}}</ref>
Als [[Ehrendoktor]] wurde er 1897 von der [[Georg-August-Universität Göttingen|Universität Göttingen]] ausgezeichnet (Dr. phil. h.&nbsp;c.), 1902 von der [[Technische Hochschule Dresden|Technischen Hochschule Dresden]] (Dr.-Ing. E.&nbsp;h.) und 1917 von der [[Technische Universität Wien|Technischen Hochschule Wien]] (Dr. techn. h.&nbsp;c.).<ref name="NDB">{{NDB|14|577|581|Linde, Carl Ritter von|Kurt Mayer; Karl Michaelis|11857311X}}</ref> Im Jahr 1922 wurde er mit der [[Wilhelm-Exner-Medaille]] ausgezeichnet.<ref>[https://www.wilhelmexner.org/medalists/carl-paul-gottfried-von-linde/ ''Carl Paul Gottfried von Linde''] abgerufen am 6. Juli 2020 in Wilhelmexner.org</ref> Er ist Ehrenmitglied der [[Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei]].


Nach Linde sind das [[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]<ref>[https://www.cvl-kempten.de/aktuelles.html Webseite des CvL Kempten]</ref>, die [[Carl-von-Linde-Realschule München]]<ref>[http://www.cvl.musin.de/index.php/carl-von-linde Webseite der Carl-von-Linde-Realschule]</ref> und die Carl-von-Linde-Schule Kulmbach<ref>[http://www.realschule-kulmbach.de/index.php/carlvonlinde Webseite der Carl-von-Linde-Schule Kulmbach]</ref> benannt.
Nach Linde sind das [[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]<ref>[https://www.cvl-kempten.de/aktuelles.html Website des CvL Kempten]</ref>, die [[Carl-von-Linde-Realschule München]]<ref>[http://www.cvl.musin.de/index.php/carl-von-linde Website der Carl-von-Linde-Realschule]</ref> und die Carl-von-Linde-Schule Kulmbach<ref> {{Webarchiv|text=Website der Carl-von-Linde-Schule Kulmbach |url=http://www.realschule-kulmbach.de/index.php/carlvonlinde |wayback=20160325202557 |archiv-bot=2018-04-03 13:03:18 InternetArchiveBot }}</ref> benannt.


== Nachkommen ==
Linde ist Mitglied der [[Eishockeymuseum|Deutschen Hockey Hall of Fame]].<ref>{{Internetquelle |url=http://www.eishockeymuseum.de/hall-of-fame/mitglieder.html |titel=Die Mitglieder - Eishockeymuseum |abruf=2020-09-15}}</ref>
* Maria (1867–1954)
* Franziska (1868–1966)
* Friedrich (1870–1965)
* Anna (1873–1949)
* Richard (1876–1961)
* Elisabeth (1880–1959)
 
Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der zeitweise auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Das Lebenswerk von Carl von Linde setzten seine beiden Söhne Friedrich und Richard fort sowie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer (er war mit der jüngsten Linde-Tochter Elisabeth verheiratet).


== Linde-Verfahren ==
== Linde-Verfahren ==
[[Datei:Linde-verfahren.svg|lang=de|miniatur|Verflüssigung von Luft]]
[[Datei:Linde-verfahren.svg|lang=de|miniatur|Verflüssigung von Luft]]
{{Hauptartikel|Linde-Verfahren}}
{{Hauptartikel|Linde-Verfahren}}
Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von [[Luft]]. Angesaugte Luft wird komprimiert und die dabei entstehende Wärme durch Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des [[Joule-Thomson-Effekt]]es abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung um etwa 45 [[Kelvin]]. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zu fortschreitender Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch [[Wasserstoff]] und [[Helium]] verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.


Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von [[Luft]]. Angesaugte Luft wird komprimiert, die dabei entstehende Wärme wird durch eine Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des [[Joule-Thomson-Effekt]]es abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung von etwa 45 [[Kelvin]]. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zur fortschreitenden Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch [[Wasserstoff]] sowie [[Helium]] verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.
''Siehe auch [[Kältemaschine]] und [[Kühlschrank]].''


''Siehe auch [[Kältemaschine]] und [[Kühlschrank]].''
== Werke ==
* Carl Linde: ''Aus meinem Leben und von meiner Arbeit''. Aktualisierter Neudruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen. Hrsg. von Lisa Berger, Volker Gerndt und Werner Jakobsmeier. CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 1-497-49791-4 (Taschenbuch, 242 Seiten).


== Literatur ==
== Literatur ==
* Carl Linde: ''Aus meinem Leben und von meiner Arbeit''. Aktualisierter Neudruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen. Hrsg. von Lisa Berger, Volker Gerndt und Werner Jakobsmeier. CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 1-497-49791-4 (Taschenbuch, 242 Seiten).
* {{NDB|14|577|581|Linde, Carl Ritter von|Kurt Mayer; Karl Michaelis|11857311X}}
* {{NDB|14|577|581|Linde, Carl Ritter von|Kurt Mayer; Karl Michaelis|11857311X}}
* Florian Beierl: ''Carl von Linde. Erfinder, Unternehmer und Tourismuspionier am Obersalzberg. ''Klartext Verlag, Essen 2012. ISBN 978-3-8375-0784-3.
* Florian Beierl: ''Carl von Linde. Erfinder, Unternehmer und Tourismuspionier am Obersalzberg. ''Klartext Verlag, Essen 2012. ISBN 978-3-8375-0784-3.
* [[Hans-Michael Körner]] (Hrsg.): ''[[Große Bayerische Biographische Enzyklopädie]].'' De Gruyter Saur, Berlin/New York 2005, Reprint 2010, S. 1184
* {{BoslBayerBio|1|481|481|Linde, Karl von|autor=Na}}
* Wolfgang A. Herrmann: Carl von Linde. Hochschullehrer, Forscher, Unternehmer und Philanthrop; Technische Universität München 2007.
* Wolfgang A. Herrmann: Carl von Linde; in: München leuchtet für die Wissenschaft, Band 2 (U. Leutheuser, H. Nöth, Hrsgb.), S. 13–37, Allitera-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-86520-286-4.


== Film ==
== Film ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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<ref name="Chronik07">Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], S. 7–10, 2004 (PDF; 3&nbsp;MB).</ref>
<ref name="Chronik12">Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], S. 12–13, 2004 (PDF; 3&nbsp;MB).</ref>
<ref name="Dienel35">{{Literatur |Autor=[[Hans-Liudger Dienel]] |Titel=Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2004 |ISBN=3-406-51484-7 |Seiten=35–38|Online={{Google Buch |BuchID  = 5Zoe7v_EEKcC}} }}</ref>
<ref name="Dienel39">{{Literatur |Autor=Hans-Liudger Dienel |Titel=Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2004 |ISBN=3-406-51484-7 |Seiten=39–42|Online={{Google Buch |BuchID  = 5Zoe7v_EEKcC}} }}</ref>
<ref name="Dienel49">{{Literatur |Autor=Hans-Liudger Dienel |Titel=Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2004 |ISBN=3-406-51484-7 |Seiten=49–53|Online={{Google Buch |BuchID  = 5Zoe7v_EEKcC}} }}</ref>
<ref name="Dienel144">{{Literatur |Autor=Hans-Liudger Dienel |Titel=Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2004 |ISBN=3-406-51484-7 |Seiten=144|Online={{Google Buch |BuchID  = 5Zoe7v_EEKcC}} }}</ref>
<ref name="dkv">{{Internetquelle|url=https://dkv.org/index.php?id=28 |titel=Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein (DKV) e.V.: Geschichte |autor= |werk=dkv.org | sprache=de |datum= |zugriff=2018-11-25}}</ref>
<ref name="Plank">{{Literatur |Titel=Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie |Autor=Rudolf Plank |Online={{Google Buch |BuchID = cW_PBgAAQBAJ}} |Datum=2013-12-01 |Verlag=Springer-Verlag |ISBN=978-3-642-86206-9 |Seiten=551–552}}</ref>
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== Weblinks ==
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* Wolfgang Gillmann: [http://www.handelsblatt.com/carl-von-linde-pionier-gelehrter-unternehmer;2510545 ''Pionier, Gelehrter, Unternehmer.''] In: ''Handelsblatt online'' vom 20. Januar 2010
* Wolfgang Gillmann: [http://www.handelsblatt.com/carl-von-linde-pionier-gelehrter-unternehmer;2510545 ''Pionier, Gelehrter, Unternehmer.''] In: ''Handelsblatt online'' vom 20. Januar 2010
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* Vortrag von Prof. Dr. C. Linde: [http://www.vhkk.org/vortrag/pdf/Berliner_Kuehlhaeuser-Linde.pdf ''Die Berliner Kühlhäuser der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''] Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 1. November 1902, S. 1643&nbsp;ff.(PDF; 11,3&nbsp;MB)
* Vortrag von Carl Linde: [http://www.vhkk.org/vortrag/pdf/Berliner_Kuehlhaeuser-Linde.pdf ''Die Berliner Kühlhäuser der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''] Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 1. November 1902, S. 1643&nbsp;ff. (PDF; 11,3&nbsp;MB)
* Video bei ARD-Alpha, 16 Min (Online bis 4. Mai 2022) [https://www.br.de/mediathek/video/geschichten-grosser-geister-carl-von-linde-oskar-von-miller-gabriel-von-seidl-av:5a3c67bdd8070c0018f3137d ''Geschichten Großer Geister: Faszination der Technik''] Carl von Linde (1842–1934), Ingenieur und Unternehmer, Oskar von Miller (1855–1934/Gründer des Deutschen Museums und Elektrotechniker), Gabriel von Seidl (1848–1913/Architekt) diskutieren auf einer Bühne im alten Südlichen Friedhof.


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Aktuelle Version vom 13. Januar 2022, 14:18 Uhr

Carl von Linde (1925)

Carl Paul Gottfried Linde, seit 1897 Ritter von Linde, (* 11. Juni 1842 in Berndorf bei Thurnau; † 16. November 1934 in München) war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der Linde plc. Mithilfe seines Linde-Verfahrens war die Entwicklung der ersten Kühlschränke mit heutiger Kühltechnik möglich.

Leben

Carl Linde wurde als drittes von neun Kindern als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Friedrich Linde und seiner Frau Franziska in Berndorf (Oberfranken) geboren.[1] Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei St. Mang – zog die Familie ins Pfarrhaus nach Kempten. Carl Linde besuchte als einziger der vier Söhne bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist (Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten). Bei häufigen Besuchen in der Kemptener Aktienbaumwollspinnerei reifte in ihm der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren.[2]

1861 begann Carl Linde ein Studium am Polytechnikum Zürich, wo Rudolf Clausius, Gustav Zeuner und Franz Reuleaux seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Studentenprotest gegen den Direktor Pompejus Bolley zwangsexmatrikuliert wurde.[1] Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von Kottern bei Kempten (Allgäu), die er im selben Jahr antrat. Er blieb dort aber nur kurze Zeit und arbeitete danach – aufgrund von Empfehlungsschreiben von Zeuner und Reuleaux – ab August 1865 als Ingenieur im Zeichenbüro von Borsig in Berlin.[2][1] Bereits im Februar 1866 zog er nach München, um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der in Gründung befindlichen Lokomotivenfabrik von Georg Krauß zu arbeiten.[2]

Am 26. Februar verlobte er sich und am 17. September 1866 heiratete er in Kempten Helene Grimm, Tochter des Generalstaatsanwaltes in Berlin und eine entfernte Verwandte seiner Mutter.[2][1] Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder: Maria Linde (1867–1954), Franziska Linde (1868–1966), der Physiker Friedrich Linde (1870–1965), Anna Linde (1873–1949), der Maschinenbauingenieur Richard Linde (1876–1961) und Elisabeth Linde (1880–1959). Seine Tochter Anna heiratete den späteren Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Walter Michaelis; Franziska ebenfalls einen lutherischen Pfarrer. Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der von 1935 bis 1948 auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Seine beiden Söhne Friedrich und Richard traten ebenfalls in die Firma ein und setzten das Lebenswerk von Carl von Linde ebenso fort wie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer, der Ehemann der jüngsten Tochter Elisabeth. In der nächsten Generation ging die Unternehmensführung auf Rudolfs Sohn Johannes Wucherer über.[3][4]

Carl von Linde hatte die meiste Zeit seines Lebens gesundheitliche Probleme, wie häufige Migräneanfälle und chronische Magenschmerzen, was er auf seine aufreibende Arbeit zurückführte.[1] Seit 1895 verbrachte er jeden Sommer mehr als drei Monate in den bayrischen Bergen und hatte in dieser Zeit geschäftlich fast ausschließlich Briefkontakt. Erst nachdem er seine physische Überlastung reduziert hatte, besserte sich ab dem 60. Lebensjahr sein Gesundheitszustand bis ins hohe Alter. Politisch engagierte sich Linde nicht.[3] Er starb 1934 im Alter von 92 Jahren und wurde im alten Teil des Waldfriedhofs in München im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.

Werk

Hochschullehrer und Erfinder

Carl Linde (1868)

1868 folgte er einem Ruf von Karl Maximilian von Bauernfeind, dem Gründungsdirektor zur Polytechnischen Schule München, der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für Maschinenlehre. Am Polytechnikum richtete Linde für 70 000 Gulden das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem Rudolf Diesel ausgebildet wurde.[2]

Linde schuf ganz wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin war für den Hochschullehrer der Anreiz zum Entwurf einer Kühlmaschine. 1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte Kältetechnikverfahren im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt. Im Sommer 1871 trat daraufhin August Deiglmayr, der Direktor der größten österreichischen Brauerei Dreher, an Linde mit der Frage heran, ob es möglich wäre, eine Kühlanlage für einen Gärkeller in deren Brauerei in Triest zu bauen. Mit dem Onkel von Deiglmayr, Gabriel Sedlmayr von der Münchener Spaten-Brauerei fanden die beiden einen weiteren Interessenten, der Linde sowohl mit Räumlichkeiten in München als auch finanziell bei seinen Versuchen unterstützte.[5] Für die entworfene Kälteerzeugungsmaschine wurde am 17. Januar 1873 ein bayrisches Patent angemeldet und die Erteilung forderte, dass binnen eines Jahres ein funktionsfähiges Exemplar existierte.[5] Linde und Sedlmayr beauftragten die Maschinenfabrik Augsburg mit dem Bau. Die Maschine war zwar rechtzeitig fertig und Sedlmayr reichte am 20. Januar 1874 den Nachweis der Inbetriebnahme ein, aber es gab massive Schwierigkeiten, denn die von Linde vorgesehene Quecksilber-Dichtung für das Kältemittel Dimethylether funktionierte nur mangelhaft.[5] Daher entwarf Linde auf seine eigenen Kosten mit seinem Mitarbeiter Friedrich Schipper eine neue, einfachere, leichtere und wirkungsvollere Kältemaschine, mit Ammoniak als Kältemittel. Das Prinzip der Abkühlung von Gas, das vorher mechanische Arbeit geleistet hatte, war beiden gemeinsam. Linde meldete den neuen Kompressor am 25. März 1876 zum Bayerischen Patent und im August 1877 beim gerade erst gegründeten Reichspatentamt zum Reichspatent an: das Patent erhielt die Nummer 1250.[6] Der erste neue Kompressor wurde 1876 an die Dreher-Brauerei in Triest verkauft und lief dort von 1877 bis 1908.[7][8] Weitere Maschinen folgten an die Mainzer Actien-Bierbrauerei, Spaten in München, 1877 Heineken in den Niederlanden und 1878 Carlsberg in Dänemark.[8]

Unternehmensgründung

Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München

1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und gründete am 21. Juni des gleichen Jahres mit Sedlmayr, Georg Krauß, Heinrich von Buz von der Maschinenfabrik Augsburg, Carl Lang und Gustav Jung von der Mainzer Aktien-Bierbrauerei die Gesellschaft für Linde's Eismaschinen Aktien-Gesellschaft in Wiesbaden. Carl von Linde war der einzige Vorstand, die anderen Gründer bildeten den Aufsichtsrat, mit Carl Lang als Vorsitzendem. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf kältetechnischem Gebiet. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für diese neue Kältetechnik als Ersatz für Natureis, da viele ab 1840 von obergärigem englischen Bier auf untergäriges Lagerbier umgestellt hatten. Das Lagerbier traf den Geschmack vieler Käufer und war lagerstabiler, benötigte aber während des Brauprozesses stabil niedrige Temperaturen. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei Natureis, das für die temperaturregulierte Gärung von untergärigem Bier benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von Chlor und Kohlensäure war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte. 1890 waren bereits 625 von Linde gefertigte Kältemaschinen, davon die meisten in Brauereien, in Betrieb.[7][8][8]

Forscher und Unternehmer

Aktie der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen vom 7. Juni 1898 mit Unterschrift vom Aufsichtsrat Carl Linde

1890 gehörte Linde zu den Mitbegründern der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen in Berlin. Deren Sitz war ab 1895 München und seit 1909 Hamburg. Diese Gesellschaft besaß zunächst Kühlhäuser und Eisfabriken in Hamburg und Berlin und wurde später der größte deutsche Kühlhausbetreiber und Marktführer im Bereich der Tiefkühllogistik. Linde war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft.

1890 übergab Linde den Vorstandsposten der Linde Aktiengesellschaft an seinen Mitarbeiter Friedrich Schipper, zog sich aus dem operativen Geschäft zurück und wurde Aufsichtsratsvorsitzender – diesen Posten behielt er bis 1931. 1892 zog er zurück nach München, wo er eine Honorarprofessur an der Technischen Hochschule annahm. Diese wurde 1900 in eine ordentliche Professur umgewandelt und er hielt wieder Vorlesungen zu Kältemaschinen.[1] Von 1893 bis 1894 arbeitete Linde an einer Kohlensäurekältemaschine, welche er von der Maschinenfabrik Augsburg bauen ließ. Ursprünglich wollte er damit die Minderwertigkeit der Maschinen der englischen Konkurrenz aufzeigen und entwickelte daraus im Folgejahr dann das Verfahren der Luftverflüssigung.[3] 1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England William Hampson, der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das Linde-Verfahren nutzt den Joule-Thomson-Effekt und beruht auf dem Gegenstromverfahren. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische Tieftemperaturuntersuchungen und zur Trennung der Luftbestandteile durch fraktionierte Destillation.

1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Sauerstoff und (ab 1903) Stickstoff. Im Süden Münchens ließ Linde in Höllriegelskreuth 1903 eine Fertigungsstätte bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.

Mitgliedschaften und Auszeichnungen

Linde war Mitglied von zahlreichen wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen. Unter anderem gehörte er ab 1895 zum Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und ab 1896 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an. 1876 wurde er Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und Mitbegründer des Bayerischen Bezirksvereins des VDI.[9] 1892 wurde Linde Vorsitzender des Bayerischen Bezirksvereins, 1894 Mitglied des Vorstandes, 1895 Mitglied der wissenschaftlich-technischen Kommission des VDI und 1904/1905 dessen Vorstandsvorsitzender.[1] 1897 wurde ihm die Grashof-Denkmünze (VDI) verliehen. 1903 war er als Vorstandsmitglied an der Gründung des Deutschen Museums beteiligt[1] und war 1909 Gründungsvorstandsvorsitzender des Deutschen Kältevereins (DKV).[10]

Der Göttinger Vereinigung für angewandte Physik und Mathematik – dem geistigen Vorläufer der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft – trat er 1898 bei.[2] Linde wurde von Prinzregent Luitpold 1897 mit dem Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den persönlichen Adelsstand erhoben. 1907 erhielt er den Maximiliansorden. 1916 war er der erste Preisträger des Siemens-Rings.[11] 1918 wurde er Inhaber des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.

Als Ehrendoktor wurde er 1897 von der Universität Göttingen ausgezeichnet (Dr. phil. h. c.), 1902 von der Technischen Hochschule Dresden (Dr.-Ing. E. h.) und 1917 von der Technischen Hochschule Wien (Dr. techn. h. c.).[12] Im Jahr 1922 wurde er mit der Wilhelm-Exner-Medaille ausgezeichnet.[13] Er ist Ehrenmitglied der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei.

Nach Linde sind das Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten[14], die Carl-von-Linde-Realschule München[15] und die Carl-von-Linde-Schule Kulmbach[16] benannt.

Linde ist Mitglied der Deutschen Hockey Hall of Fame.[17]

Linde-Verfahren

Verflüssigung von Luft

Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von Luft. Angesaugte Luft wird komprimiert und die dabei entstehende Wärme durch Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des Joule-Thomson-Effektes abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung um etwa 45 Kelvin. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zu fortschreitender Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch Wasserstoff und Helium verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.

Siehe auch Kältemaschine und Kühlschrank.

Werke

  • Carl Linde: Aus meinem Leben und von meiner Arbeit. Aktualisierter Neudruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen. Hrsg. von Lisa Berger, Volker Gerndt und Werner Jakobsmeier. CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 1-497-49791-4 (Taschenbuch, 242 Seiten).

Literatur

  • Kurt Mayer; Karl Michaelis: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 577–581 (Digitalisat).
  • Florian Beierl: Carl von Linde. Erfinder, Unternehmer und Tourismuspionier am Obersalzberg. Klartext Verlag, Essen 2012. ISBN 978-3-8375-0784-3.
  • Hans-Michael Körner (Hrsg.): Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. De Gruyter Saur, Berlin/New York 2005, Reprint 2010, S. 1184
  • Erwin Naimer: Linde, Karl von. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S. 481 (Digitalisat).
  • Wolfgang A. Herrmann: Carl von Linde. Hochschullehrer, Forscher, Unternehmer und Philanthrop; Technische Universität München 2007.
  • Wolfgang A. Herrmann: Carl von Linde; in: München leuchtet für die Wissenschaft, Band 2 (U. Leutheuser, H. Nöth, Hrsgb.), S. 13–37, Allitera-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-86520-286-4.

Film

  • Der Eiskönig Carl von Linde, Dokumentation, 45 Min., ausgestrahlt in BR-alpha am 14. Juli 2011

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51484-7, S. 35–38 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, S. 12–13, 2004 (PDF; 3 MB).
  3. 3,0 3,1 3,2 Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51484-7, S. 39–42 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51484-7, S. 144 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. 5,0 5,1 5,2 Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51484-7, S. 49–53 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Patent DE1250C: Kälteerzeugungsmaschine. Veröffentlicht am 8. August 1877, Erfinder: Carl Linde.
  7. 7,0 7,1 Rudolf Plank: Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-86206-9, S. 551–552 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, S. 7–10, 2004 (PDF; 3 MB).
  9. Angelegenheiten des Vereines. In: Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure. Band 20, Nr. 6, Juni 1876, S. 348.
  10. Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein (DKV) e.V.: Geschichte. In: dkv.org. Abgerufen am 25. November 2018.
  11. Rainer Scharf: Kurzporträts der Ringträger, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Januar 2018. (online-PDF 1,2 MB)
  12. Kurt Mayer; Karl Michaelis: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 577–581 (Digitalisat).
  13. Carl Paul Gottfried von Linde abgerufen am 6. Juli 2020 in Wilhelmexner.org
  14. Website des CvL Kempten
  15. Website der Carl-von-Linde-Realschule
  16. Website der Carl-von-Linde-Schule Kulmbach (Memento des Originals vom 25. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.realschule-kulmbach.de
  17. Die Mitglieder - Eishockeymuseum. Abgerufen am 15. September 2020.

Weblinks

Commons: Carl von Linde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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