Bloch-Wand: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Image:Domain wall vectors.svg|mini|Magnetisierungsübergang (Bzwischen zwei entgegengesetzt magnetisierten [[Weißscher Bezirk|Weißschen Bezirken]] (A) und (C) <br><br> <small>(Dargestellt ist eine sog. '' '''Bloch-Wand''' ''. Bei der ''[[Néel-Wand]]'' hätte man dagegen in  B einen Verlauf, der ganz in der durch A und die Trennlinie zu B definierten Ebene verbliebe.  Die Länge der eingezeichneten Vektorpfeile soll konstant sein.)</small>]]
[[Datei:Domain wall vectors.svg|mini|200px|Bloch-Wand: Magnetisierungsübergang&nbsp;B zwischen zwei entgegengesetzt magnetisierten [[Weißscher Bezirk|Weißschen Bezirken]]&nbsp;A und&nbsp;C<br>(Die Länge der eingezeichneten Vektorpfeile soll konstant sein.)]]
[[Datei:DWconfiguration.png|mini|300px|Bloch-Wand&nbsp;b)<br>im Vergleich zur Néel-Wand&nbsp;a)<br />(Darstellung gegenüber der ersten Abb. um&nbsp;90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht)]]


Als '''Bloch-Wand''' oder '''blochsche Wand''' (nach dem schweizerisch-amerikanischen Physiker [[Felix Bloch]]) bezeichnet man in [[ferromagnetisch]]em Material einen Übergangsbereich zwischen den [[Weiss-Bezirk]]en unterhalb der [[Curie-Temperatur]], in dem sich die Orientierung der magnetischen Momente dergestalt ändert, dass sie mit zunehmendem Abstand (~&nbsp;x) zum Weiss-Bezirk mehr und mehr in der Wandebene verdreht sind, sodass sie genau in der Mitte zwischen den Weiss-Bezirken nicht in die gleiche Richtung wie in den Weiss-Bezirken weisen (also zum Beispiel in die y- bzw. -y-Richtung), sondern in die Vertikalrichtung (~&nbsp;z).
Als '''Bloch-Wand''' oder '''blochsche Wand''' (nach dem schweizerisch-amerikanischen Physiker [[Felix Bloch]]) bezeichnet man in [[ferromagnetisch]]em Material einen Übergangsbereich zwischen den [[Weiss-Bezirk]]en unterhalb der [[Curie-Temperatur]], in dem sich die Orientierung der [[magnetisches Moment|magnetischen Momente]] so ändert, dass sie mit zunehmendem Abstand&nbsp;(~&nbsp;x) zum Weiss-Bezirk mehr und mehr in der Wandebene verdreht sind; dadurch weisen sie genau in der Mitte zwischen den Weiss-Bezirken nicht in die gleiche Richtung wie in den Weiss-Bezirken (also z.&nbsp;B. in die&nbsp;+y- bzw.&nbsp;-y-Richtung), sondern in die Vertikalrichtung&nbsp;(~&nbsp;z).


In der nebenstehenden Graphik stellt die (nicht eingezeichnete) zentrale Vertikalebene durch B die eigentliche Bloch-Wandebene dar. Die Magnetisierung ist hier ''nach oben''  gerichtet (M&nbsp;~&nbsp;z), während sie in den Gebieten A bzw. C gleichförmig ''nach rechts'' bzw. ''links'' zeigt (M&nbsp;~&nbsp;+y bzw. ~&nbsp;-y). Die eigentliche Blochwand ist nur „ungefähr“ definiert; z.&nbsp;B. kann man dazu das gesamte Zwischengebiet bzgl. B zählen, mit Ausnahme ganz schmaler Streifen  an den beiden eingezeichneten Grenzlinien, wo die Winkelabweichung vom Grenzwert einen sehr kleinen, aber endlichen Wert unterschreitet.
Erfolgt der Übergang hingegen so, dass die magnetischen Momente auch im Übergangsbereich in der Horizontalebene verbleiben, also in der x-y-Ebene, so spricht man von einer [[Néel-Wand]]. Diese kommt, wie dem unten angegebenen Kompendium von A.&nbsp;Hubert und R.&nbsp;Schäfer entnommen werden kann, seltener vor als die Bloch-Wand, außer in [[dünne Schicht|dünnen Schichten]] und speziellen Situationen.


Erfolgt der Übergang hingegen so, dass die magnetischen Momente auch im Übergangsbereich  in der Horizontalebene verbleiben, also in der x-y-Ebene, so spricht man von einer [[Néel-Wand]]. Diese kommt, wie dem  unten angegebenen Kompendium von A. Hubert und R. Schäfer entnommen werden kann, seltener vor als die Bloch-Wand, außer in dünnen Schichten und in speziellen Situationen.
== Beschreibung ==
In der ersten Graphik stellt die (nicht eingezeichnete) zentrale Vertikalebene durch&nbsp;B die eigentliche Ebene der Bloch-Wand dar. Die [[Magnetisierung]] ist hier ''nach oben'' gerichtet&nbsp;(M&nbsp;~&nbsp;z), während sie in den Gebieten&nbsp;A bzw.&nbsp;C gleichförmig ''nach rechts'' bzw. ''links'' zeigt (M&nbsp;~&nbsp;+y bzw. ~&nbsp;-y). Die eigentliche Blochwand ist nur „ungefähr“ definiert; z.&nbsp;B. kann man dazu das gesamte Zwischengebiet&nbsp;B zählen, mit Ausnahme ganz schmaler Streifen an den beiden eingezeichneten Grenzlinien, wo die Winkelabweichung vom Grenzwert einen sehr kleinen, aber endlichen Wert unterschreitet.
 
Stoßen zwei Weiss-Bezirke mit unterschiedlicher – meist entgegengesetzter – Magnetisierungsrichtung aneinander, so ändert sich diese Richtung in den Bloch-Wänden fließend. Der Grund für den allmählichen Übergang liegt im energetischen Kompromiss zwischen
* der kurzreichweitigen Austauschenergie, die innerhalb eines Weiss-Bezirks die [[Spin]]s parallel ausrichtet, und
* der langreichweitigen [[Dipol-Dipol-Wechselwirkung]], die die Spins antiparallel auszurichten versucht.
Die Magnetisierung bleibt dabei – im Gegensatz zur Néel-Wand – immer parallel zur Wandebene, d.&nbsp;h., die Magnetisierung dreht sich [[Helix|helikal]]. Dadurch zeigt die Magnetisierung der Bloch-Wand an der Materialoberfläche aus der Ebene heraus, und es entsteht ein magnetisches Streufeld, das z.&nbsp;B. über die [[Bittersche Streifen|bitterschen Streifen]] detektiert werden kann.
 
Die Größe der Weiss-Bezirke (Domänen) liegt meist unter 100&nbsp;µm, und die Dicke der Bloch-Wände beträgt meist einige hundert&nbsp;[[Atomabstand|Atomabstände]].<ref>{{Literatur | Autor=Wolfgang Bergmann | Titel=Werkstofftechnik 2: Werkstoffherstellung - Werkstoffverarbeitung - Werkstoffanwendung  | Verlag=Carl Hanser Verlag | Auflage=3 | Ort=München/Wien | Jahr=2002 | Seiten=573 | Online = {{Google Buch|BuchID=HJtJvi1aUfgC|Seite=573}}}}</ref> Die Bloch-Wände wären unendlich dick, wäre nicht die Energie der [[Magnetische Anisotropie|magnetischen Anisotropie]], zu deren Quadratwurzel die Dicke der Bloch-Wände umgekehrt proportional ist:


== Beschreibung ==
:<math>d_{BW} \sim \frac 1 \sqrt{E_A}</math>
Stoßen zwei Weiss-Bezirke mit unterschiedlicher – meist entgegengesetzter – [[Magnetisierung]]srichtung aneinander, so ändert sich diese Richtung in den Bloch-Wänden fließend. Der Grund für den allmählichen Übergang liegt im energetischen Kompromiss zwischen der kurzreichweitigen Austauschenergie, die innerhalb eines Weiss-Bezirks die [[Spin]]s parallel ausrichtet, und der langreichweitigen [[Dipol-Dipol-Wechselwirkung]], die die Spins antiparallel auszurichten versucht. Die Magnetisierung ist dabei immer parallel zur Wandebene, d.&nbsp;h., die Magnetisierung dreht sich [[Helix|helikal]]. Dadurch zeigt die Magnetisierung an der Materialoberfläche aus der Ebene heraus, und es entsteht ein magnetisches Streufeld, das z.&nbsp;B. über die [[Bittersche Streifen|bitterschen Streifen]] detektiert werden kann.


Die Größe der Weiss-Bezirke (Domänen) liegt meist unter 100&nbsp;µm, und die Dicke der Bloch-Wände beträgt meist einige hundert&nbsp;[[Atomabstand|Atomabstände]].<ref>{{Literatur | Autor=Wolfgang Bergmann | Titel=Werkstofftechnik 2: Werkstoffherstellung - Werkstoffverarbeitung - Werkstoffanwendung  | Verlag=Carl Hanser Verlag | Auflage=3 | Ort=München/Wien | Jahr=2002 | Seiten=573 | Online = {{Google Buch|BuchID=HJtJvi1aUfgC|Seite=573}}}}</ref> Die Bloch-Wände würden unendlich dick sein, wäre nicht die [[Magnetische Anisotropie|Anisotropie]]<nowiki />energie, zu der ihre Dicke umgekehrt proportional ist (genauer: zu ihrer Quadratwurzel). Die Anisotropieenergie trägt bei, weil die Spins innerhalb der Bloch-Wand zum Großteil in sog. schwere Magnetisierungsrichtungen weisen.
Die Anisotropieenergie trägt bei, weil die Spins innerhalb der Bloch-Wand zum Großteil in schwere Magnetisierungsrichtungen weisen.


Bloch-Wände werden von [[Gitterfehler]]n, [[Korngrenze]]n, Einschlüssen oder inneren [[Spannung (Mechanik)|Spannungen]] am Ort gehalten. Ein [[hartmagnetischer Stoff]] hat viele Gitterfehler und behindert so die Bewegung der Bloch-Wände stark. Durch Anlegen eines äußeren Magnetfelds ändert sich die Position der Bloch-Wände sprunghaft – dies nennt man [[Magnetischer Barkhausen-Effekt|Barkhausen-Sprünge]]
Bloch-Wände werden von [[Gitterfehler]]n, [[Korngrenze]]n, [[Inklusion (Mineralogie)|Einschlüssen]] oder inneren [[Spannung (Mechanik)|Spannungen]] am Ort gehalten. Ein [[hartmagnetischer Stoff]] hat viele Gitterfehler und behindert so die Bewegung der Bloch-Wände stark. Durch Anlegen eines äußeren Magnetfelds ändert sich die Position der Bloch-Wände sprunghaft – dies nennt man [[Magnetischer Barkhausen-Effekt|Barkhausen-Sprünge]].


==Verallgemeinerungen==
== Verallgemeinerungen ==
Analog spricht man von Bloch-Linien bzw. Bloch-Punkten, wenn von einer Linie bzw. von einem Punkt ausgehend die Magnetisierung in [[Topologie|topologisch]] nichttrivialer Weise von der Richtung abhängt.<ref>W. Döring:  [http://jap.aip.org/resource/1/japiau/v39/i2/p1006_s1 ''Point Singularities in Micromagnetism''], J. Appl. Phys. 39, 1006 (1968)</ref> Andere topologische Verallgemeinerung werden als [[Skyrmion]]en bezeichnet.
Analog spricht man von Bloch-Linien bzw. Bloch-Punkten, wenn von einer Linie bzw. von einem Punkt ausgehend die Magnetisierung in [[Topologie|topologisch]] nichttrivialer Weise von der Richtung abhängt.<ref>W. Döring:  [http://jap.aip.org/resource/1/japiau/v39/i2/p1006_s1 ''Point Singularities in Micromagnetism'']{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-01 21:46:06 InternetArchiveBot |url=http://jap.aip.org/resource/1/japiau/v39/i2/p1006_s1 }}, J. Appl. Phys. 39, 1006 (1968)</ref> Andere topologische Verallgemeinerung werden als [[Skyrmion]]en bezeichnet.


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 28. Dezember 2020, 15:30 Uhr

Bloch-Wand: Magnetisierungsübergang B zwischen zwei entgegengesetzt magnetisierten Weißschen Bezirken A und C
(Die Länge der eingezeichneten Vektorpfeile soll konstant sein.)
Bloch-Wand b)
im Vergleich zur Néel-Wand a)
(Darstellung gegenüber der ersten Abb. um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht)

Als Bloch-Wand oder blochsche Wand (nach dem schweizerisch-amerikanischen Physiker Felix Bloch) bezeichnet man in ferromagnetischem Material einen Übergangsbereich zwischen den Weiss-Bezirken unterhalb der Curie-Temperatur, in dem sich die Orientierung der magnetischen Momente so ändert, dass sie mit zunehmendem Abstand (~ x) zum Weiss-Bezirk mehr und mehr in der Wandebene verdreht sind; dadurch weisen sie genau in der Mitte zwischen den Weiss-Bezirken nicht in die gleiche Richtung wie in den Weiss-Bezirken (also z. B. in die +y- bzw. -y-Richtung), sondern in die Vertikalrichtung (~ z).

Erfolgt der Übergang hingegen so, dass die magnetischen Momente auch im Übergangsbereich in der Horizontalebene verbleiben, also in der x-y-Ebene, so spricht man von einer Néel-Wand. Diese kommt, wie dem unten angegebenen Kompendium von A. Hubert und R. Schäfer entnommen werden kann, seltener vor als die Bloch-Wand, außer in dünnen Schichten und speziellen Situationen.

Beschreibung

In der ersten Graphik stellt die (nicht eingezeichnete) zentrale Vertikalebene durch B die eigentliche Ebene der Bloch-Wand dar. Die Magnetisierung ist hier nach oben gerichtet (M ~ z), während sie in den Gebieten A bzw. C gleichförmig nach rechts bzw. links zeigt (M ~ +y bzw. ~ -y). Die eigentliche Blochwand ist nur „ungefähr“ definiert; z. B. kann man dazu das gesamte Zwischengebiet B zählen, mit Ausnahme ganz schmaler Streifen an den beiden eingezeichneten Grenzlinien, wo die Winkelabweichung vom Grenzwert einen sehr kleinen, aber endlichen Wert unterschreitet.

Stoßen zwei Weiss-Bezirke mit unterschiedlicher – meist entgegengesetzter – Magnetisierungsrichtung aneinander, so ändert sich diese Richtung in den Bloch-Wänden fließend. Der Grund für den allmählichen Übergang liegt im energetischen Kompromiss zwischen

  • der kurzreichweitigen Austauschenergie, die innerhalb eines Weiss-Bezirks die Spins parallel ausrichtet, und
  • der langreichweitigen Dipol-Dipol-Wechselwirkung, die die Spins antiparallel auszurichten versucht.

Die Magnetisierung bleibt dabei – im Gegensatz zur Néel-Wand – immer parallel zur Wandebene, d. h., die Magnetisierung dreht sich helikal. Dadurch zeigt die Magnetisierung der Bloch-Wand an der Materialoberfläche aus der Ebene heraus, und es entsteht ein magnetisches Streufeld, das z. B. über die bitterschen Streifen detektiert werden kann.

Die Größe der Weiss-Bezirke (Domänen) liegt meist unter 100 µm, und die Dicke der Bloch-Wände beträgt meist einige hundert Atomabstände.[1] Die Bloch-Wände wären unendlich dick, wäre nicht die Energie der magnetischen Anisotropie, zu deren Quadratwurzel die Dicke der Bloch-Wände umgekehrt proportional ist:

$ d_{BW}\sim {\frac {1}{\sqrt {E_{A}}}} $

Die Anisotropieenergie trägt bei, weil die Spins innerhalb der Bloch-Wand zum Großteil in schwere Magnetisierungsrichtungen weisen.

Bloch-Wände werden von Gitterfehlern, Korngrenzen, Einschlüssen oder inneren Spannungen am Ort gehalten. Ein hartmagnetischer Stoff hat viele Gitterfehler und behindert so die Bewegung der Bloch-Wände stark. Durch Anlegen eines äußeren Magnetfelds ändert sich die Position der Bloch-Wände sprunghaft – dies nennt man Barkhausen-Sprünge.

Verallgemeinerungen

Analog spricht man von Bloch-Linien bzw. Bloch-Punkten, wenn von einer Linie bzw. von einem Punkt ausgehend die Magnetisierung in topologisch nichttrivialer Weise von der Richtung abhängt.[2] Andere topologische Verallgemeinerung werden als Skyrmionen bezeichnet.

Literatur

  • Hans Fischer: Werkstoffe in der Elektrotechnik. 2. Auflage, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1982 ISBN 3-446-13553-7.
  • Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik. 4. Auflage, Verlag Harry Deutsch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1628-4.
  • Alex Hubert und Rudolf Schäfer: Magnetic Domains, Berlin, Springer 2000, ISBN 3-540-64108-4 (sehr umfangreiches Kompendium)

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Bergmann: Werkstofftechnik 2: Werkstoffherstellung - Werkstoffverarbeitung - Werkstoffanwendung. 3. Auflage. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2002, S. 573 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. W. Döring: Point Singularities in Micromagnetism@1@2Vorlage:Toter Link/jap.aip.org (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)Vorlage:Toter Link/archivebot , J. Appl. Phys. 39, 1006 (1968)

en:Domain wall (magnetism)#Bloch wall

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