Äquivalentdosis: Unterschied zwischen den Versionen

Äquivalentdosis: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Äquivalentdosis''' ist eine im [[Strahlenschutz]] verwendete  Dosisgröße für [[ionisierende Strahlung]]. Sie berücksichtigt neben der übertragenen [[Energiedosis]] auch die [[relative biologische Wirksamkeit|relative biologische Wirksamkeit (RBW)]] der verschiedenen Strahlenarten. Beispielsweise sind bei gleicher Energiedosis [[Alphateilchen]] um ein Vielfaches wirksamer als [[Photonen]] der [[Gammastrahlung]] oder [[Röntgenstrahlung]].
Für jede Strahlenart – bei manchen Strahlenarten auch noch je nach dem Bereich der Strahlenenergie – ist ein Wichtungsfaktor festgelegt. Er drückt aus, wievielfach wirksamer diese Strahlung im Vergleich mit einer Bezugsstrahlung ist. Die Äquivalentdosis ist die gewichtete, d.&nbsp;h. mit dem Wichtungsfaktor multiplizierte Energiedosis. Äquivalentdosen jeder Strahlenart können in ihrer Wirkung direkt miteinander verglichen und durch Vergleich mit einer dosisgleichen Exposition der Bezugsstrahlung leicht bewertet werden.


Im Strahlenschutz gibt es zwei Konzepte für die Wichtung:
Die '''Äquivalentdosis''' ist eine [[Strahlendosis|Dosisgröße]] für Strahlenexpositionen durch [[ionisierende Strahlung]]. Sie wird im [[Strahlenschutz]] verwendet und ist ein Maß für die biologische Wirkung einer Exposition hinsichtlich stochastischer Risiken (Krebs und vererbbare Defekte) unter Berücksichtigung der Strahlenart. Grundlage ist die von der Strahlung übertragene Energie. Die unterschiedliche Wirksamkeit der beteiligten Strahlenarten bezüglich stochastischer Risiken wird durch Wichtungsfaktoren berücksichtigt. Maßeinheit der Äquivalentdosis ist das [[Sievert (Einheit)|Sievert (Sv)]].
*Das eine Konzept nutzt Wichtungsfaktoren, die nach einem theoretischen Modell entwickelt wurden, das die Wirksamkeit von Strahlung unter biophysikalischen Gesichtspunkten aus dem [[Linearer Energietransfer|linearen Energietransfer]] herleitet. Als Bezugsstrahlung fungiert eine mit niedrigem linearem Energietransfer. Diese Wichtungsfaktoren werden [[Qualitätsfaktor]]en <math>Q</math> genannt.  


*Bei dem anderen Konzept ist aus Beobachtungen [[Strahlenrisiko|stochastischer]] Gesundheitseffekte die Wirksamkeit einer Strahlenart im Vergleich zu Photonen als Bezugsstrahlung ermittelt worden. Diese Wichtungsfaktoren heißen [[Strahlungs-Wichtungsfaktor]]en <math>w_R</math>.  
== Überblick ==
[[Datei:Energie- und Äquivalentdosis - Dosisbegriffe und Zusammenhänge.png|mini|hochkant=1.7|Äquivalentdosis als Oberbegriff für Körperdosen sowie für Dosis&shy;messgrößen bei äußerer Strahlen&shy;exposition. Veranschaulicht wird die Ableitung aus der Energiedosis für eine Strahlenart. Liegen verschiedene Strahlen&shy;arten vor, addieren sich die resultierenden Äquivalent&shy;dosen. Dosis&shy;messgrößen dienen bei praktischen Anwendungen mit äußerer Strahlen&shy;exposition zur Abschätzung der nicht direkt messbaren Körperdosen.]]
Die Äquivalentdosis dient der Quantifizierung von stochastischen Strahlenrisiken beim Menschen. Dies geschieht in Form der ''Körperdosis'' ([[Strahlenschutzgesetz (Deutschland)|deutsches Strahlenschutzgesetz (StrlSchG)]], §&nbsp;5 Abs. 19). Die Körperdosis ist ein Oberbegriff für die
* [[Organdosis|Organ-Äquivalentdosis]] (über ein Organ gemittelte Äquivalentdosis) (§&nbsp;5 Abs. 27 StrlSchG) und die
* [[effektive Dosis]] (über den gesamten Körper gebildeter Mittelwert aus den Organ-Äquivalentdosen unter Berücksichtigung der Strahlenempfindlichkeit der Organe) (§&nbsp;5 Abs. 11 StrlSchG).


Welches Wichtungskonzept angewendet wird, richtet sich nach der zu beschreibenden dosimetrischen Größe. Im Strahlenschutz wird bei Dosisangaben zwischen „Schutzgrößen“ und „Messgrößen“ unterschieden (vgl. ICRP-Publikation 103<ref name="ICRP 103" />, Ziffern 101 und 102). Erstere sind die Körperdosen, die eigentlich maßgebenden Dosiswerte, die von Organen und Geweben aufgenommen und zu deren Begrenzung Rechtsvorschriften erlassen werden. Da Körperdosen jedoch im praktischen Strahlenschutz der Messung nicht zugänglich sind, muss auf Dosismessgrößen zurückgegriffen werden, von denen auf die Körperdosen geschlossen werden kann.  
Die Körperdosen sind Gegenstand gesetzlicher Regelungen und für sie werden Grenzwerte festgesetzt.


Da es sich bei den Wichtungsfaktoren um dimensionslose Verhältniszahlen handelt, haben Äquivalentdosen dieselbe physikalische Maßeinheit wie die Energiedosis, also [[Joule]] pro [[Kilogramm]]. Zur Unterscheidung wird bei Äquivalentdosen die Einheitenbezeichnung [[Sievert (Einheit)|Sievert]] (Sv) benutzt.
Körperdosen sind jedoch nicht messbar. Sie müssen aus Größen, die einer Messung zugänglich sind, abgeschätzt werden, in Verbindung mit Messvorschriften und Modellen.


== Äquivalentdosis als Messgröße ==
Bei der ''äußerer Strahlenexposition'' werden zur Abschätzung von Körperdosen im praktischen Strahlenschutz ''Dosismessgrößen'' verwendet. Diese beziehen sich auf Messpunkte. Überwiegend handelt es sich um genormte Messverfahren nach Maßgaben der [[ICRU]] (siehe Abschnitt [[#Äquivalentdosis bei äußerer Strahlenexposition|Äquivalentdosis bei äußerer Strahlenexposition]]).
 
Bei der ''inneren Strahlenexposition'' stützt sich die Abschätzung von Körperdosen auf Modellrechnungen der [[ICRP]] (siehe Abschnitt [[#Äquivalentdosis als Körperdosis bei innerer Strahlenexposition|Äquivalentdosis als Körperdosis bei innerer Strahlenexposition]]).
 
Allen Verfahren zur Ermittlung von Äquivalentdosen ist gemeinsam, dass sie aus der [[Energiedosis]] durch Multiplikation mit ''Wichtungsfaktoren'' abgeleitet werden. Je nach Verfahren sind diese unterschiedlich definiert (siehe Abschnitt [[#Wichtungsfaktoren|Wichtungsfaktoren]]).
 
Die nebenstehende Abbildung veranschaulicht diese, in den folgenden Abschnitten im Detail beschriebenen Zusammenhänge.
 
== Wichtungsfaktoren ==
Die Wichtungsfaktoren sind dimensionslos. Physikalisch gleichen sich daher die Maßeinheiten von Energiedosis und der darauf aufbauenden Äquivalentdosis. Um den Unterschied kenntlich zu machen, wird die Maßeinheit der Äquivalentdosis mit „Sievert (Sv)“ bezeichnet im Gegensatz zur Maßeinheit „Gray (Gy)“ der Energiedosis. Einzelheiten zu den Maßeinheiten enthalten die Artikel [[Gray]] und [[Sievert (Einheit)]].
 
Bei gleicher Energiedosis unterscheiden sich die verschiedenen Strahlenarten (im Folgenden symbolisiert durch den Buchstaben <math>R</math>) in ihrer Wirkung zum Teil erheblich. So sind [[Alphastrahlung|Alphateilchen]] bei gleicher Energiedosis um ein Vielfaches wirksamer als [[Photonen]] der [[Gammastrahlung]] oder [[Röntgenstrahlung]] und entsprechend höher ist ihr Wichtungsfaktor.
Für die Ableitung des Wichtungsfaktors einer Strahlenart gibt es zwei Konzepte:
 
* Bei dem einen Konzept wird aus Beobachtungen stochastischer Gesundheitseffekte die Wirksamkeit einer Strahlenart im Vergleich zu Photonen als Bezugsstrahlung ermittelt. Dieser Wichtungsfaktor heißt [[Strahlungs-Wichtungsfaktor]] <math>w_R</math>. Er wird zur Ermittlung der ''Körperdosen'' angewandt.
* Das andere Konzept beruht auf einem theoretischen Modell, das die biologische Wirksamkeit einer Strahlung unter biophysikalischen Gesichtspunkten aus ihrem [[Linearer Energietransfer|linearen Energieübertragungsvermögen]] (LET) herleitet. Als Bezugsstrahlung fungiert eine mit niedrigem LET. Der solchermaßen abgeleitete Wichtungsfaktor heißt [[Qualitätsfaktor]] <math>Q_R</math>. Er wird im Rahmen der äußeren Strahlenexposition bei den ''Dosismessgrößen'' angewandt.
 
== Äquivalentdosis bei äußerer Strahlenexposition ==
=== Äquivalentdosis als Dosismessgröße ===
{{Siehe auch|Qualitätsfaktor}}
{{Siehe auch|Qualitätsfaktor}}
Messgröße ist die Äquivalentdosis <math>H</math>, die der Orts- und Personendosisüberwachung bei äußerer Strahlenexposition dient (vgl. Strahlenschutzverordnung<ref name="StrlSchV" />, Anlage VI, Teil A). Sie bezieht sich auf Messpunkte und die dort von der Strahlenart R erzeugte Energiedosis <math>D_R</math>. Als Wichtungsfaktor wird der [[Qualitätsfaktor]] <math>Q_R</math> verwendet, der von der [[ICRU]] (International Commission on Radiation Units and Measurements) für ein standardisiertes Weichteilgewebe definiert ist.  
Symbolisiert durch <math>H_R</math> ist die Äquivalentdosis einer Strahlenart eine ''Dosismessgröße'' zur Orts- und Personendosisüberwachung bei äußerer Strahlenexposition (vgl. deutsche [[Strahlenschutzverordnung (Deutschland)|Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)]], {{§§|URL|https://www.buzer.de/Anlage_18_StrlSchV.htm|Anlage 18, Teil A}}). Zu ihrer Ermittlung wird als Wichtungsfaktor der Qualitätsfaktor <math>Q_R</math> der Strahlenart <math>R</math> verwendet. Er ist von der [[ICRU]] für ein standardisiertes Weichteilgewebe definiert. Die Werte können {{§§|URL|https://www.buzer.de/Anlage_18_StrlSchV.htm|Anlage 18, Teil D der StrlSchV}} entnommen werden.
:<math>H = Q_R \cdot D_R</math>
 
Rechnerisch ergibt sich die Äquivalentdosis <math>H_R</math> (in Sv) für eine Strahlenart <math>R</math> durch Multiplikation der Energiedosis <math>D_R</math> (in Gy) mit dem Qualitätsfaktor <math>Q_R</math>.
:<math>H_R = Q_R \cdot D_R</math>
 
Wirken mehr als eine Strahlenart <math>R</math> mit jeweils unterschiedlichen Energiedosen <math>D_R</math> und Qualitätsfaktoren <math>Q_R</math> zusammen, so addieren sich die jeweiligen Äquivalentdosen.
 
:<math>H_\text{gesamt} = \sum_{R} H_R</math>


Wirken mehr als eine Strahlenart R mit jeweils unterschiedlichen Energiedosen <math>D_R</math> und Qualitätsfaktoren <math>Q_R</math> auf den Messpunkt ein, so addieren sich die jeweiligen Äquivalentdosen.
Wichtige Ausprägungen der Äquivalentdosis <math>H_R</math> als Dosismessgröße sind die


:<math>H = \sum_{R} Q_R \cdot D_R</math>
* ''Ortsdosis''. Die Ortsdosis wird insbesondere zur Abgrenzung von Strahlenschutzbereichen und zur Festlegung von Schutzmaßnahmen ermittelt. Gemessen wird für solche Zwecke meist die Ortsdosisleistung, welche die Zunahme der Ortsdosis pro Zeiteinheit ausdrückt, angegeben meist in Mikrosievert pro Stunde (µSv/h).
* ''Personendosis''. Die Personendosis ist eine Dosismessgröße, die an der Tragestelle des Dosimeters gemessen wird. Sie ist keine Körperdosis, dient jedoch gemäß §&nbsp;65 StrlSchV grundsätzlich der Überwachung, ob festgelegte Grenzwerte für Körperdosen bei strahlenexponierten Personen eingehalten werden.


Eine Ausprägung der Äquivalentdosis <math>H</math> ist die Personendosis <math>H_p(d)</math>. Sie bestimmt den Standard für die Kalibrierung von [[Personendosimeter]]n. Der Messpunkt liegt in standardisierten Weichteil-Phantomen (u.&nbsp;a. [[ICRU-Kugel]]) in der Tiefe <math>d</math><ref>Insbesondere Tiefen-Personendosis H<sub>p</sub>(10) mit ''d''=10&nbsp;mm und Oberflächen-Personendosis H<sub>p</sub>(0,07) mit ''d''=0,07&nbsp;mm</ref>.  
Die weitergehende Differenzierung dieser beiden Dosismessgrößen wird durch die Verfahren charakterisiert, die der Kalibrierung entsprechender Messgeräte bzw. Dosimeter zugrunde liegen. Bestimmend sind dabei die standardisierten Tiefen <math>d</math> der jeweiligen Messpunkte in Phantomen (u.&nbsp;a. die "[[ICRU-Kugel]]"), wo die von der Strahlung  erzeugte Energiedosis gemessen wird. Der Vielfalt von Anwendungen in der Strahlenschutzpraxis angemessen erhält man
* für die Ortsdosis als weitergehende Dosismessgröße die sehr häufig verwendete ''Umgebungs-Äquivalentdosis'' <math>H^* (10)</math>. Bei ihr liegt der Messpunkt in der ICRU-Kugel in einer Tiefe von 10 mm. Weitere Dosismessgrößen der Ortsdosis sind ''Richtungs-Äquivalentdosen'', die auf bestimmte Raumrichtungen festgelegt werden.
* für die Personendosis die häufig verwendete ''Tiefen-Personendosis'' <math>H_p (10)</math>, deren Messpunkt in der ICRU-Kugel ebenfalls in einer Tiefe in 10 mm liegt, sowie die ''Oberflächen-Personendosis'' <math>H_p (0,07)</math> und die ''Augenlinsen-Personendosis'' <math>H_p (3)</math> mit Messpunkten in 0,07 bzw. 3 mm Tiefe.


Eine weitere Ausprägung ist die Umgebungs-Äquivalentdosis <math>H^*(10)</math>, die den Standard für die Kalibrierung von Messgeräten zur Messung von Ortsdosis und [[Ortsdosisleistung]] bestimmt. Der maßgebende Messpunkt liegt in der ICRU-Kugel in einer Tiefe von 10 mm. Ortsdosis und Ortsdosisleistung haben eine überragende Bedeutung im praktischen Strahlenschutz, insbesondere bei Photonenstrahlung. Die Ortsdosisleistung ist die Zunahme der Ortsdosis pro Zeiteinheit, die von andauernder Strahlung bewirkt wird. Sie wird meist in Mikrosievert pro Stunde (µSv/h) gemessen.
=== Äquivalentdosis als Körperdosis bei äußerer Strahlenexposition ===
{{Siehe auch|Organdosis|Effektive Dosis}}


== Äquivalentdosis als Schutzgröße ==
Körperdosen sind bei äußerer Bestrahlung die [[Organdosis|Organ-Äquivalentdosis]] <math>H_T</math> und die [[effektive Dosis]] <math>E</math>.
{{Siehe auch|Organdosis|Organ-Folgedosis|Effektive Dosis}}


Schutzgröße bzw. Körperdosis ist die [[Organdosis]] <math>H_T</math>. Bei der Inkorporation von Radionukliden ist Schutzgröße die [[Organ-Folgedosis]].
Die ''Organ-Äquivalentdosis'' bezieht sich auf die über ein Organ oder Gewebe <math>T</math> gemittelte Energiedosis <math>D_T</math> der Strahlenart <math>R</math>, gewichtet mit dem Strahlungs-Wichtungsfaktor <math>w_R</math>. Dessen Werte können {{§§|URL|https://www.buzer.de/Anlage_18_StrlSchV.htm|Anlage 18, Teil C, Nr. 1 der StrlSchV}} entnommen werden.
Die Dosisangaben beziehen sich auf die über ein Organ oder ein Gewebe T gemittelte Energiedosis <math>D_T</math> der Strahlenart R. Wichtungsfaktor ist der [[Strahlungs-Wichtungsfaktor]] <math>w_R</math>.  
:<math>H_T = w_R \cdot D_{T,R}</math>
:<math>H_T = w_R \cdot D_{T,R}</math>


Wirken Strahlenarten R mit unterschiedlichen Werten für <math>w_R</math> und Energiedosen <math>D_{T,R}</math> auf das Organ T ein, so addieren sich die diesbezüglichen Äquivalentdosen.
Wirken Strahlenarten <math>R</math> mit unterschiedlichen Werten für <math>w_R</math> und Energiedosen <math>D_{T,R}</math> auf das Organ <math>T</math> ein, so addieren sich die diesbezüglichen Äquivalentdosen.
:<math>H_T = \sum_{R} w_R \cdot D_{T,R}</math>
:<math>H_T = \sum_{R} w_R \cdot D_{T,R}</math>


Wegen Einzelheiten der Definition und der Größe des Strahlungs-Wichtungsfaktors für Strahlenarten siehe den Artikel [[Strahlungs-Wichtungsfaktor]] und die ICRP-Publikation 103<ref name="ICRP 103" />.
Die ''effektive Dosis'' <math>E</math> ist die gewichtete Aufsummierung der Organ-Äquivalentdosen <math>H_T</math> der betroffenen Organe <math>T</math>. Dabei werden ''organabhängige Wichtungsfaktoren'' <math>w_T</math> verwendet, welche die relative Strahlenempfindlichkeit der Organe untereinander bzgl. stochastischer Schäden ausdrücken. Sie dürfen nicht mit den vorgenannten Faktoren <math>Q_R</math> und <math>w_R</math> verwechselt werden. Ihre Werte können der {{§§|URL|https://www.buzer.de/Anlage_18_StrlSchV.htm|Anlage 18, Teil C Nr. 2 der StrlSchV}} entnommen werden.
:<math>E = \sum_{T} w_T \cdot H_{T}</math>
 
Wegen weiterer Einzelheiten siehe den Artikel [[effektive Dosis]].


Die [[effektive Dosis]] wird aus den Organdosen und den entsprechenden Folgedosen abgeleitet. Bei dieser für Strahlenschutzzwecke wichtigen Dosisgröße handelt es sich daher ebenfalls um eine Äquivalentdosis im Rahmen der Körperdosen. Wegen Einzelheiten siehe den Artikel [[effektive Dosis]].
=== Ableitung der Körperdosis aus der Dosismessgröße ===
Die Ableitung von Körperdosen aus den Dosismessgrößen ist eine der maßgebenden Aufgaben im Strahlenschutz. Sie ist aber auf die äußere Strahlenexposition begrenzt, insbesondere auf die


Die Strahlenschutzverordnung spricht im Einklang mit der ICRP-Publikation 103 bei den Körperdosen nicht explizit von Äquivalentdosen. Die Bezeichnung Äquivalentdosis bleibt dort der Messgröße gemäß dem vorigen Abschnitt vorbehalten. Dies hat historische Gründe (siehe Abschnitt [[Äquivalentdosis#Historisches|Historisches]]). Die aktuelleren EURATOM-Grundnormen<ref>{{EG-RL|2013|59|format=PDF}} vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung (PDF-Dokument, 1,6 MB)</ref> benutzen jedoch anstelle der o.&nbsp;a. Bezeichnungen Organ-Dosis und Organ-Folgedosis die Bezeichnungen „Organ-Äquivalentdosis“ und „Folge-Organ-Äquivalentdosis“, was diese Strahlendosen explizit als Äquivalentdosen ausweist. Im Zuge der Umsetzung der EURATOM-Grundnormen wurden diese Begriffe in das deutsche Strahlenschutzrecht übernommen und werden ebenfalls explizit für Körperdosen verwendet (§ 5 Abs. 19 und 27 des [[Strahlenschutzgesetz]]es). Zur besseren Unterscheidung könnte in einer weitergehenden Umsetzung außerdem für die Äquivalentdosis im Sinne einer Messgröße der Begriff „Mess-Äquivalentdosis“ eingeführt werden (vgl. SSK-Empfehlung „Radiologische Grundlagen“<ref name="Radiologische Grundlagen" />, Abschnitt 3.1).
* ''Tiefen-Personendosis'' <math>H_p (10)</math>. Bei durchdringender Strahlung kann sie in vielen Fällen mit hinreichender Genauigkeit der Körperdosis gleichgesetzt werden, insbesondere bei Photonenstrahlung (gleichbedeutend mit <math>Q_R = w_R = 1</math>). Bei niedriger Dosis und einem weitgehend homogenen Strahlenfeld entspricht sie mit hinreichender Genauigkeit der effektiven Dosis. Voraussetzung ist eine möglichst homogene Ganzkörperexposition.
* ''Oberflächen-Personendosis'' <math>H_p (0{,}07)</math>. Sie kann im Rahmen der Haut-, Hand- und Fußdosimetrie direkt der maßgebenden Körperdosis gleichgesetzt werden.


== Ableitung der Schutzgröße Äquivalentdosis aus der Messgröße Äquivalentdosis ==
Unter weniger günstigen Voraussetzungen müssen bei externer Strahlenexposition aus den Daten der Strahlenfelder in Verbindung mit geeigneten rechnergestützten Modellen und anthropomorphen Phantomen angepasste Konversionskoeffizienten entwickelt werden, mit denen Körperdosen aus Messgrößen abgeschätzt werden können.
Die Äquivalentdosis als Messgröße ist im praktischen Strahlenschutz von großer Bedeutung zur Feststellung und Überwachung von Körperdosen. Dies ist allerdings auf bestimmte Anwendungsbereiche bei externer Strahlenexposition begrenzt. Die Oberflächen-Personendosis <math>H_p(0{,}07)</math> dient im Rahmen der Haut-, Hand-, und Fußdosimetrie der direkten Abschätzung der damit verbundenen Körperdosen. Mit der Personendosis <math>H_p(10)</math> ist eine Abschätzung von Körperdosen vor allem bei durchdringender Strahlung sehr gut möglich. Insbesondere bei Photonenstrahlung kann für Strahlenschutzzwecke die Körperdosis der Messgröße einfach gleichgesetzt werden (gleichbedeutend mit <math>Q_R = w_R = 1</math>), was einer konservativen, d.&nbsp;h. auf der sicheren Seite liegenden Abschätzung der Körperdosen gleichkommt<ref>ICRP-Publikation 103, Ziffer 135</ref>. Bei niedriger Dosis kann die Messgröße <math>H_p(10)</math> mit hinreichender Genauigkeit der effektiven Dosis gleichgesetzt werden. Voraussetzung ist eine homogene Ganzkörperexposition<ref>ICRP-Publikation 103, Ziffer 138</ref>.


Unter weniger günstigen Voraussetzungen müssen bei externer Strahlenexposition aus den Daten der Strahlenfelder in Verbindung mit geeigneten rechnergestützten Modellen und anthropomorphen Phantomen angepasste Konversionskoeffizienten entwickelt werden, mit denen Körperdosen aus der Messgröße Umgebungs-Äquivalentdosis <math>H^*(10)</math> abgeschätzt werden können.
== Äquivalentdosis als Körperdosis bei innerer Strahlenexposition ==
{{Siehe auch|Organ-Folgedosis|Effektive Folgedosis}}
Bei der inneren Strahlenexposition, d.&nbsp;h. bei der Bestrahlung durch Radionuklide, die dem Körper zugeführt und von ihm inkorporiert werden, tritt als Körperdosis an die Stelle der Organ-Äquivalentdosis und der effektiven Dosis die ''Folge-Organ-Äquivalentdosis'' bzw. die ''effektive Folgedosis''. In diese Dosen, die für den Zeitpunkt der Zufuhr ermittelt werden, wird auch die künftige Exposition durch die im Körper verbleibenden Radionuklide eingerechnet.


Für die innere Strahlenexposition sind keine Dosismessgrößen definiert. Es müssen andere Messgrößen herangezogen werden, auch indirekte, wie Aktivitätsbestimmungen von Urin- und Stuhlproben. Besonders hilfreich sind die Dosiskoeffizienten der ICRP<ref>International Commission on Radiological Protection (ICRP): Age-dependent Doses to the Members of the Public from Intake of Radionuclides - Part 5 Compilation of Ingestion and Inhalation Coefficients, ICRP Publication 72, in: Ann. ICRP 26 (1), 1995</ref>, mit deren Hilfe Organ-Folgedosen und effektive Folgedosen direkt aus den Daten der Zufuhr (z.&nbsp;B. [[Radionuklid]], [[Aktivität (Physik)|Aktivität]], Aktivitätskonzentration, chemische und physikalische Form des zugeführten radioaktiven Stoffs) abgeschätzt werden können.  
Für die innere Strahlenexposition sind ''keine'' Dosismessgrößen definiert. Es müssen andere Messgrößen herangezogen werden, auch indirekte, wie Aktivitätsbestimmungen von Urin- und Stuhlproben.


== Größenordnung der Ortsdosisleistung ==
Am einfachsten können Folgedosen mit Hilfe von ''Dosiskoeffizienten'' direkt aus den Daten der Zufuhr abgeschätzt werden. Dazu gehören neben dem [[Radionuklid]] und der zugeführten [[Aktivität (Physik)|Aktivität]] <math>I</math> auch Daten zur chemischen und physikalischen Form des zugeführten radioaktiven Stoffs.


Die Ortsdosisleistung bei Photonenstrahlung kann besonders einfach und schnell gemessen werden. In Berichten über Strahlenexpositionen wird sie daher oft an erster Stelle genannt. Folgende Tabelle soll eine Orientierungshilfe für die Bewertung solcher Angaben geben. Voraussetzung ist ein ausgedehntes homogenes und zeitlich konstantes Strahlungsfeld. Ggf. zugleich vorliegende weitere Strahlenexpositionen, z.&nbsp;B. durch Inkorporationen, wären zusätzlich zu berücksichtigen.
Die Dosiskoeffizienten <math>h_T(t)</math> für Folge-Organ-Äquivalentdosen und <math>e(t)</math> für die effektive Folgedosis sind eine Funktion der Zufuhrdaten und sie beziehen sich auf eine Integrationszeit <math>t</math>. Für Erwachsene beträgt die Integrationszeit 50 Jahre.


Die entsprechenden Äquivalentdosen ergeben sich einfach als Produkt der zugeführten Aktivität <math>I</math> (in [[Becquerel (Einheit)|Bq]]) mit dem einschlägigen Dosiskoeffizienten (in Sv/Bq).
:<math>H_T = h_T(50) \cdot I</math>
:<math>E = e(50) \cdot I</math>
In den Dosiskoeffizienten sind der Strahlungs-Wichtungsfaktor für das betrachtete Radionuklid sowie die biokinetischen Abläufe und Stoffwechselvorgänge berücksichtigt. Zusammenstellungen der Dosiskoeffizienten für die relevanten Radionuklide gibt es in Verbindung zur Strahlenschutzverordnung<ref name="KoeffStrlSchV" /> und als Publikationen der ICRP,<ref name="KoeffICRP" /> wobei auch zwischen Koeffizienten für die Bevölkerung und für den beruflichen Bereich unterschieden wird.
== Anwendungsbereich ==
{{Siehe auch|Strahlenrisiko|Strahlenschaden}}
Äquivalentdosen werden im Strahlenschutz in einem Dosisbereich bis zu einigen 100&nbsp;mSv angewendet, wo stochastische Wirkungen bekanntermaßen auftreten oder (bei niedrigen Dosen) vermutet werden und wo deterministische Wirkungen noch nicht maßgebend sind. Bei deutlich höheren Dosen mit den dann maßgebenden deterministischen Wirkungen werden Strahlendosen allein in Form der Energiedosis in Gray (Gy) angegeben. Ein typischer Anwendungsbereich hierfür ist die Strahlentherapie.
== Beispiele für Werte von Ortsdosisleistung und Körperdosis ==
{{Hauptartikel|Liste von Größenordnungen der Äquivalentdosis}}
=== Ortsdosisleistung ===
Die Ortsdosisleistung kann besonders einfach und schnell gemessen werden. In Berichten über Strahlenexpositionen wird sie daher oft an erster Stelle genannt. Folgende Tabelle soll eine Orientierungshilfe für die Bewertung solcher Angaben geben. Voraussetzung ist ein ausgedehntes homogenes und zeitlich konstantes Strahlungsfeld. Weitere Strahlenexpositionen, z.&nbsp;B. durch Inkorporation, sind zusätzlich zu berücksichtigen.
{| class="wikitable"
{| class="wikitable"
!Ortsdosisleistung
!Bewertung
|-
|-
! Ortsdosisleistung!! Bewertung
|{{0|000}}0,08 µSv/h
|-
|Mittlere natürliche Ortsdosisleistung in Deutschland. Bandbreite 0,05 bis 0,18&nbsp;µSv/h.<ref name="BfSODL" /> Einzelheiten siehe Artikel [[Strahlenexposition]].
| 0,08 µSv/h|| Mittlere natürliche Ortsdosisleistung in Deutschland
|-
|-
| 2,3 µSv/h|| Nach einem Notfall maßgebender Wert für die Zulassung einer Rückkehr in ein evakuiertes Gebiet (vgl. den oberen Referenzwert von 20&nbsp;mSv pro Jahr bei „bestehenden“ Expositionen gemäß der SSK-Empfehlung „Radiologische Grundlagen“<ref name="Radiologische Grundlagen" />)<ref name="Radiologische Gefährdungslage" />
|{{0|000}}2,3 µSv/h
|Nach einem Notfall maßgebender Wert für die Zulassung einer Rückkehr in ein evakuiertes Gebiet (vgl. den oberen Referenzwert von 20&nbsp;mSv pro Jahr beim Übergang zu „bestehenden“ Expositionssituationen gemäß § 118 Abs. 4 Satz 2 [[Strahlenschutzgesetz (Deutschland)|StrlSchG]]).<ref name="Radiologische Gefährdungslage2">siehe auch den Artikel [[Radiologischer Notfall#Dosis-Eckwerte|Radiologischer Notfall]]</ref>
|-
|-
| 3 µSv/h|| Untere Grenze des „Kontrollbereichs“ bei beruflicher Strahlenexposition (vgl. § 36 Abs. 1 Ziffer 2 StrlSchV<ref name="StrlSchV" />)
|{{0|000}}3 µSv/h
|Untere Grenze des „Kontrollbereichs“ bei beruflicher Strahlenexposition (vgl. den entsprechenden Jahresgrenzwert von 6 mSv für die effektive Dosis gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 [[StrlSchV]] auf Basis einer 40 Stundenwoche).
|-
|-
| 25 µSv/h|| Grenze des Gefahrenbereichs im ABC-Einsatz in Deutschland (vgl. Abschnitt 2.3.2.1 FwDV 500<ref name="FwDV500" />)
|{{0|00}}25 µSv/h
|Grenze des Gefahrenbereichs im ABC-Einsatz in Deutschland (vgl. Abschnitt 2.3.2.1 FwDV 500<ref name="FwDV5003">Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung: [https://www.idf.nrw.de/service/downloads/pdf/fwdv500_jan2012.pdf Feuerwehrdienstvorschrift 500: Einheiten im ABC-Einsatz], Januar 2012.</ref>).
|-
|-
| 60 µSv/h|| Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Aufenthalt in Gebäuden“ (vgl. den entsprechenden Eingreifrichtwert von 10&nbsp;mSv in 7 Tagen gemäß der SSK-Empfehlung „Radiologische Grundlagen“<ref name="Radiologische Grundlagen" />)<ref name="Radiologische Gefährdungslage" />
|{{0|00}}60 µSv/h
|Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Aufenthalt in Gebäuden“ (vgl. den entsprechenden Notfalldosiswert von 10&nbsp;mSv in 7 Tagen gemäß § 2 [[NDWV]]).
|-
|-
| 600 µSv/h|| Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Evakuierung“ (vgl. den entsprechenden Eingreifrichtwert von 100&nbsp;mSv in 7 Tagen gemäß der SSK-Empfehlung „Radiologische Grundlagen“<ref name="Radiologische Grundlagen" />)<ref name="Radiologische Gefährdungslage" />
|{{0}}600 µSv/h
|Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Evakuierung“ (vgl. den entsprechenden Notfalldosiswert von 100&nbsp;mSv in 7 Tagen gemäß § 4 NDWV).
|-
|-
| 3000 µSv/h|| Untere Grenze des „Sperrbereichs“ (siehe § 36 Abs. 1 Ziffer 3 StrlSchV<ref name="StrlSchV" />)
|3000 µSv/h
|Untere Grenze des „Sperrbereichs“ (siehe § 52 Abs. 2 Nr. 3 StrlSchV).
|}
|}


Für Beispiele von Äquivalentdosen als Körperdosen siehe den Artikel [[Größenordnung (Äquivalentdosis)]] und die Veröffentlichung der SSK „Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen“<ref>Strahlenschutzkommission: [http://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2008/Orientierungshilfe.pdf?__blob=publicationFile Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen], Empfehlung verabschiedet in der 231. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 9./10. Dezember 2008, geändert in der 243. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 16./17. September 2010 (PDF-Dokument, 565 kB)</ref>
=== Körperdosis ===
* Durch die „zivilisatorische Strahlenexposition“, vor allem durch medizinische Anwendungen, erhält eine in Deutschland lebende Person eine mittlere effektive Dosis von 1,7&nbsp;mSv pro Jahr.<ref name="NatStrlExp" />
* Bei einer Röntgenaufnahme des Thorax (p.a.-Aufnahme) erhält der Patient eine effektive Dosis von etwa 0,018 mSv, bei einer CT-Untersuchung des Thorax etwa 5,1 mSv.<ref name="OHilfe" />
* Bei einem radiologischen Notfall soll in Deutschland gemäß §&nbsp;93 StrlSchG ein Referenzwert von 100&nbsp;mSv für die effektive Dosis im ersten Jahr nach Eintritt unterschritten werden. Der Notfalldosiswert gemäß §&nbsp;4 NDWV, der als Kriterium für die Angemessenheit einer Evakuierung dient, beträgt 100&nbsp;mSv effektive Dosis in sieben Tagen für eine gedachte Bezugsperson, die sich ständig ungeschützt im Freien aufhält. Einzelheiten dazu siehe den Artikel [[Radiologischer Notfall]].
* Für Einsatzkräfte gilt ein Grenzwert von 250&nbsp;mSv je Einsatz und Leben, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht. Zum Schutz von Sachwerten sind es 15&nbsp;mSv je Einsatz.<ref name="FwDV500" />
* Klinische Symptome der Strahlenkrankheit treten bei einer kurzzeitigen Ganzkörper- oder großvolumigen Teilkörperbestrahlung im Dosisbereich oberhalb von 1&nbsp;Gy auf.
 
Eine umfassende Zusammenstellung von Körperdosen, die mit radiologischen Untersuchungen verbunden sind, enthält die Veröffentlichung der SSK „Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen“.<ref name="OHilfe" />


== Historisches ==
== Historisches ==
Schon vor 1991 wurde die Äquivalentdosis als Bezeichnung sowohl für die Dosismessgröße als auch für Körperdosen verwendet, allerdings damals unter Nutzung allein des Qualitätsfaktors <math>Q</math> als Wichtungsfaktor. Mit der ICRP-Publikation 60<ref>International Commission on Radiological Protection (ICRP): The 1990 Recommendations of the International Commission on Radiological Protection, ICRP Publication 60, Ann. ICRP 21 (1-3), 1991</ref> wurde für die Körperdosis der Strahlungs-Wichtungsfaktor <math>w_R</math> eingeführt. Die Äquivalentdosis als Messgröße und deren Definition blieben dabei unberührt.
Der Begriff der Äquivalentdosis wurde für Dosismessgrößen und für Körperdosen bis 1991 allein unter Nutzung des Qualitätsfaktors <math>Q</math> als Wichtungsfaktor verwendet. Mit der ICRP-Publikation 60<ref>International Commission on Radiological Protection (ICRP): The 1990 Recommendations of the International Commission on Radiological Protection, ICRP Publication 60, Ann. ICRP 21 (1-3), 1991.</ref> wurde hinsichtlich der Körperdosis der Strahlungs-Wichtungsfaktor <math>w_R</math> eingeführt. Unberührt blieben dabei die Verwendung und die Definition des Begriffs Äquivalentdosis für die Messgröße.


Die Äquivalentdosis wurde früher in Rem (''roentgen equivalent man'') angegeben. 1&nbsp;Sv ist gleich 100&nbsp;[[Rem (Einheit)|Rem]].
Die Äquivalentdosis wurde früher in Rem (''roentgen equivalent man'') angegeben. 1&nbsp;Sv ist gleich 100&nbsp;[[Rem (Einheit)|Rem]].
== Literatur ==
* [[Hanno Krieger]]: ''Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes.'' 3., überarbeitete und erweiterte  Auflage.  Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0801-1. ([https://www.svmtra.ch/files/Dokumente/Verband/Fachstellen/Strahlenschutz/Grundlagen_Roentgendiagnostik.pdf svmtra.ch])


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
<ref name="StrlSchV">Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - [http://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2001/index.html StrlSchV]) vom 20. Juli 2001 ({{BGBl|2001n I S. 1714}}, ber. {{BGBl|2002n I S. 1459}})</ref>
<ref name="KoeffStrlSchV">Dosiskoeffizienten zur Berechnung der Strahlenexposition (Teil II und III zur inneren Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung bzw. für die berufliche Exposition), veröffentlicht als Beilage 160 a und b zum BAnz vom 28. August 2001, [https://www.base.bund.de/DE/base/gesetze-regelungen/dosiskoeffizienten/dosiskoeffizienten.html (online)]</ref>
<ref name="Radiologische Grundlagen">Strahlenschutzkommission: [http://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2014/RadiologischeGrundlagen.pdf?__blob=publicationFile Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden], Empfehlung verabschiedet in der 268. Sitzung der SSK am 13./14. Februar 2014 (PDF-Dokument, 722 kB)</ref>
<ref name="KoeffICRP">Für die Inkorporation im beruflichen Bereich stellt die ICRP mit den Veröffentlichungen Occupational Intakes of Radionuclides Teil 2, 3 und 4 (ICRP-Publikationen 134, 137 bzw. 141) neuere Dosiskoeffizienten bereit, einschließlich eines elektronischen Anhangs zum Download in Form einer Datenbanksicht für PC (ausführbare Datei) [https://www.icrp.org/docs/OIR%20Data%20Viewer%20v4010419.zip zip-Datei] (installiert 85,4 MB).</ref>
<ref name="Radiologische Gefährdungslage">siehe auch den Artikel [[Radiologische Gefährdungslage#Dosis-Eckwerte|Radiologische Gefährdungslage]]</ref>
<ref name="FwDV500">Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung: [https://www.idf.nrw.de/service/downloads/pdf/fwdv500_jan2012.pdf Feuerwehrdienstvorschrift 500: Einheiten im ABC-Einsatz], Januar 2012.</ref>
<ref name="ICRP 103">International Commission on Radiological Protection (ICRP): The 2007 Recommendations of the International Commission on Radiological Protection, Ann. ICRP 37 (2-4), 2007, deutsche Ausgabe herausgegeben vom Bundesamt für Strahlenschutz, [http://doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-2009082154/1/BfS_2009_BfS-SCHR-47-09.pdf ICRP Publication 103], (PDF-Dokument, 2,2 MB)</ref>
<ref name="NatStrlExp">Seite des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) zur natürlichen Strahlenexposition, [https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/natuerliche-strahlenbelastung/natuerliche-strahlenbelastung.html (online)]</ref>
<ref name="FwDV500">Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung: [http://www.idf.nrw.de/service/downloads/pdf/fwdv500_jan2012.pdf Feuerwehrdienstvorschrift 500: Einheiten im ABC-Einsatz], Januar 2012</ref>
<ref name="BfSODL">Seite des BfS zur Überwachung der Gamma-Ortsdosisleistung, [https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/luft-boden/odl/odl.html (online)].</ref>
<ref name="OHilfe">''Orientierungshilfe für bildgebende Verfahren'', Empfehlung der [[Strahlenschutzkommission]] (SSK), 3., überarbeitete Auflage. verabschiedet in der 300. Sitzung der SSK am 27. Juni 2019, [https://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2019/2019-06-27Orientie.pdf?__blob=publicationFile PDF-download] 1,58 MB.</ref>
</references>
</references>


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Aktuelle Version vom 26. Dezember 2021, 12:39 Uhr

Physikalische Größe
Name Äquivalentdosis
Formelzeichen $ H $
Abgeleitet von Energiedosis $ D $
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI Sv L2·T−2

Die Äquivalentdosis ist eine Dosisgröße für Strahlenexpositionen durch ionisierende Strahlung. Sie wird im Strahlenschutz verwendet und ist ein Maß für die biologische Wirkung einer Exposition hinsichtlich stochastischer Risiken (Krebs und vererbbare Defekte) unter Berücksichtigung der Strahlenart. Grundlage ist die von der Strahlung übertragene Energie. Die unterschiedliche Wirksamkeit der beteiligten Strahlenarten bezüglich stochastischer Risiken wird durch Wichtungsfaktoren berücksichtigt. Maßeinheit der Äquivalentdosis ist das Sievert (Sv).

Überblick

Äquivalentdosis als Oberbegriff für Körperdosen sowie für Dosis­messgrößen bei äußerer Strahlen­exposition. Veranschaulicht wird die Ableitung aus der Energiedosis für eine Strahlenart. Liegen verschiedene Strahlen­arten vor, addieren sich die resultierenden Äquivalent­dosen. Dosis­messgrößen dienen bei praktischen Anwendungen mit äußerer Strahlen­exposition zur Abschätzung der nicht direkt messbaren Körperdosen.

Die Äquivalentdosis dient der Quantifizierung von stochastischen Strahlenrisiken beim Menschen. Dies geschieht in Form der Körperdosis (deutsches Strahlenschutzgesetz (StrlSchG), § 5 Abs. 19). Die Körperdosis ist ein Oberbegriff für die

  • Organ-Äquivalentdosis (über ein Organ gemittelte Äquivalentdosis) (§ 5 Abs. 27 StrlSchG) und die
  • effektive Dosis (über den gesamten Körper gebildeter Mittelwert aus den Organ-Äquivalentdosen unter Berücksichtigung der Strahlenempfindlichkeit der Organe) (§ 5 Abs. 11 StrlSchG).

Die Körperdosen sind Gegenstand gesetzlicher Regelungen und für sie werden Grenzwerte festgesetzt.

Körperdosen sind jedoch nicht messbar. Sie müssen aus Größen, die einer Messung zugänglich sind, abgeschätzt werden, in Verbindung mit Messvorschriften und Modellen.

Bei der äußerer Strahlenexposition werden zur Abschätzung von Körperdosen im praktischen Strahlenschutz Dosismessgrößen verwendet. Diese beziehen sich auf Messpunkte. Überwiegend handelt es sich um genormte Messverfahren nach Maßgaben der ICRU (siehe Abschnitt Äquivalentdosis bei äußerer Strahlenexposition).

Bei der inneren Strahlenexposition stützt sich die Abschätzung von Körperdosen auf Modellrechnungen der ICRP (siehe Abschnitt Äquivalentdosis als Körperdosis bei innerer Strahlenexposition).

Allen Verfahren zur Ermittlung von Äquivalentdosen ist gemeinsam, dass sie aus der Energiedosis durch Multiplikation mit Wichtungsfaktoren abgeleitet werden. Je nach Verfahren sind diese unterschiedlich definiert (siehe Abschnitt Wichtungsfaktoren).

Die nebenstehende Abbildung veranschaulicht diese, in den folgenden Abschnitten im Detail beschriebenen Zusammenhänge.

Wichtungsfaktoren

Die Wichtungsfaktoren sind dimensionslos. Physikalisch gleichen sich daher die Maßeinheiten von Energiedosis und der darauf aufbauenden Äquivalentdosis. Um den Unterschied kenntlich zu machen, wird die Maßeinheit der Äquivalentdosis mit „Sievert (Sv)“ bezeichnet im Gegensatz zur Maßeinheit „Gray (Gy)“ der Energiedosis. Einzelheiten zu den Maßeinheiten enthalten die Artikel Gray und Sievert (Einheit).

Bei gleicher Energiedosis unterscheiden sich die verschiedenen Strahlenarten (im Folgenden symbolisiert durch den Buchstaben $ R $) in ihrer Wirkung zum Teil erheblich. So sind Alphateilchen bei gleicher Energiedosis um ein Vielfaches wirksamer als Photonen der Gammastrahlung oder Röntgenstrahlung und entsprechend höher ist ihr Wichtungsfaktor. Für die Ableitung des Wichtungsfaktors einer Strahlenart gibt es zwei Konzepte:

  • Bei dem einen Konzept wird aus Beobachtungen stochastischer Gesundheitseffekte die Wirksamkeit einer Strahlenart im Vergleich zu Photonen als Bezugsstrahlung ermittelt. Dieser Wichtungsfaktor heißt Strahlungs-Wichtungsfaktor $ w_{R} $. Er wird zur Ermittlung der Körperdosen angewandt.
  • Das andere Konzept beruht auf einem theoretischen Modell, das die biologische Wirksamkeit einer Strahlung unter biophysikalischen Gesichtspunkten aus ihrem linearen Energieübertragungsvermögen (LET) herleitet. Als Bezugsstrahlung fungiert eine mit niedrigem LET. Der solchermaßen abgeleitete Wichtungsfaktor heißt Qualitätsfaktor $ Q_{R} $. Er wird im Rahmen der äußeren Strahlenexposition bei den Dosismessgrößen angewandt.

Äquivalentdosis bei äußerer Strahlenexposition

Äquivalentdosis als Dosismessgröße

Symbolisiert durch $ H_{R} $ ist die Äquivalentdosis einer Strahlenart eine Dosismessgröße zur Orts- und Personendosisüberwachung bei äußerer Strahlenexposition (vgl. deutsche Strahlenschutzverordnung (StrlSchV), Anlage 18, Teil A). Zu ihrer Ermittlung wird als Wichtungsfaktor der Qualitätsfaktor $ Q_{R} $ der Strahlenart $ R $ verwendet. Er ist von der ICRU für ein standardisiertes Weichteilgewebe definiert. Die Werte können Anlage 18, Teil D der StrlSchV entnommen werden.

Rechnerisch ergibt sich die Äquivalentdosis $ H_{R} $ (in Sv) für eine Strahlenart $ R $ durch Multiplikation der Energiedosis $ D_{R} $ (in Gy) mit dem Qualitätsfaktor $ Q_{R} $.

$ H_{R}=Q_{R}\cdot D_{R} $

Wirken mehr als eine Strahlenart $ R $ mit jeweils unterschiedlichen Energiedosen $ D_{R} $ und Qualitätsfaktoren $ Q_{R} $ zusammen, so addieren sich die jeweiligen Äquivalentdosen.

$ H_{\text{gesamt}}=\sum _{R}H_{R} $

Wichtige Ausprägungen der Äquivalentdosis $ H_{R} $ als Dosismessgröße sind die

  • Ortsdosis. Die Ortsdosis wird insbesondere zur Abgrenzung von Strahlenschutzbereichen und zur Festlegung von Schutzmaßnahmen ermittelt. Gemessen wird für solche Zwecke meist die Ortsdosisleistung, welche die Zunahme der Ortsdosis pro Zeiteinheit ausdrückt, angegeben meist in Mikrosievert pro Stunde (µSv/h).
  • Personendosis. Die Personendosis ist eine Dosismessgröße, die an der Tragestelle des Dosimeters gemessen wird. Sie ist keine Körperdosis, dient jedoch gemäß § 65 StrlSchV grundsätzlich der Überwachung, ob festgelegte Grenzwerte für Körperdosen bei strahlenexponierten Personen eingehalten werden.

Die weitergehende Differenzierung dieser beiden Dosismessgrößen wird durch die Verfahren charakterisiert, die der Kalibrierung entsprechender Messgeräte bzw. Dosimeter zugrunde liegen. Bestimmend sind dabei die standardisierten Tiefen $ d $ der jeweiligen Messpunkte in Phantomen (u. a. die "ICRU-Kugel"), wo die von der Strahlung erzeugte Energiedosis gemessen wird. Der Vielfalt von Anwendungen in der Strahlenschutzpraxis angemessen erhält man

  • für die Ortsdosis als weitergehende Dosismessgröße die sehr häufig verwendete Umgebungs-Äquivalentdosis $ H^{*}(10) $. Bei ihr liegt der Messpunkt in der ICRU-Kugel in einer Tiefe von 10 mm. Weitere Dosismessgrößen der Ortsdosis sind Richtungs-Äquivalentdosen, die auf bestimmte Raumrichtungen festgelegt werden.
  • für die Personendosis die häufig verwendete Tiefen-Personendosis $ H_{p}(10) $, deren Messpunkt in der ICRU-Kugel ebenfalls in einer Tiefe in 10 mm liegt, sowie die Oberflächen-Personendosis $ H_{p}(0,07) $ und die Augenlinsen-Personendosis $ H_{p}(3) $ mit Messpunkten in 0,07 bzw. 3 mm Tiefe.

Äquivalentdosis als Körperdosis bei äußerer Strahlenexposition

Körperdosen sind bei äußerer Bestrahlung die Organ-Äquivalentdosis $ H_{T} $ und die effektive Dosis $ E $.

Die Organ-Äquivalentdosis bezieht sich auf die über ein Organ oder Gewebe $ T $ gemittelte Energiedosis $ D_{T} $ der Strahlenart $ R $, gewichtet mit dem Strahlungs-Wichtungsfaktor $ w_{R} $. Dessen Werte können Anlage 18, Teil C, Nr. 1 der StrlSchV entnommen werden.

$ H_{T}=w_{R}\cdot D_{T,R} $

Wirken Strahlenarten $ R $ mit unterschiedlichen Werten für $ w_{R} $ und Energiedosen $ D_{T,R} $ auf das Organ $ T $ ein, so addieren sich die diesbezüglichen Äquivalentdosen.

$ H_{T}=\sum _{R}w_{R}\cdot D_{T,R} $

Die effektive Dosis $ E $ ist die gewichtete Aufsummierung der Organ-Äquivalentdosen $ H_{T} $ der betroffenen Organe $ T $. Dabei werden organabhängige Wichtungsfaktoren $ w_{T} $ verwendet, welche die relative Strahlenempfindlichkeit der Organe untereinander bzgl. stochastischer Schäden ausdrücken. Sie dürfen nicht mit den vorgenannten Faktoren $ Q_{R} $ und $ w_{R} $ verwechselt werden. Ihre Werte können der Anlage 18, Teil C Nr. 2 der StrlSchV entnommen werden.

$ E=\sum _{T}w_{T}\cdot H_{T} $

Wegen weiterer Einzelheiten siehe den Artikel effektive Dosis.

Ableitung der Körperdosis aus der Dosismessgröße

Die Ableitung von Körperdosen aus den Dosismessgrößen ist eine der maßgebenden Aufgaben im Strahlenschutz. Sie ist aber auf die äußere Strahlenexposition begrenzt, insbesondere auf die

  • Tiefen-Personendosis $ H_{p}(10) $. Bei durchdringender Strahlung kann sie in vielen Fällen mit hinreichender Genauigkeit der Körperdosis gleichgesetzt werden, insbesondere bei Photonenstrahlung (gleichbedeutend mit $ Q_{R}=w_{R}=1 $). Bei niedriger Dosis und einem weitgehend homogenen Strahlenfeld entspricht sie mit hinreichender Genauigkeit der effektiven Dosis. Voraussetzung ist eine möglichst homogene Ganzkörperexposition.
  • Oberflächen-Personendosis $ H_{p}(0{,}07) $. Sie kann im Rahmen der Haut-, Hand- und Fußdosimetrie direkt der maßgebenden Körperdosis gleichgesetzt werden.

Unter weniger günstigen Voraussetzungen müssen bei externer Strahlenexposition aus den Daten der Strahlenfelder in Verbindung mit geeigneten rechnergestützten Modellen und anthropomorphen Phantomen angepasste Konversionskoeffizienten entwickelt werden, mit denen Körperdosen aus Messgrößen abgeschätzt werden können.

Äquivalentdosis als Körperdosis bei innerer Strahlenexposition

Bei der inneren Strahlenexposition, d. h. bei der Bestrahlung durch Radionuklide, die dem Körper zugeführt und von ihm inkorporiert werden, tritt als Körperdosis an die Stelle der Organ-Äquivalentdosis und der effektiven Dosis die Folge-Organ-Äquivalentdosis bzw. die effektive Folgedosis. In diese Dosen, die für den Zeitpunkt der Zufuhr ermittelt werden, wird auch die künftige Exposition durch die im Körper verbleibenden Radionuklide eingerechnet.

Für die innere Strahlenexposition sind keine Dosismessgrößen definiert. Es müssen andere Messgrößen herangezogen werden, auch indirekte, wie Aktivitätsbestimmungen von Urin- und Stuhlproben.

Am einfachsten können Folgedosen mit Hilfe von Dosiskoeffizienten direkt aus den Daten der Zufuhr abgeschätzt werden. Dazu gehören neben dem Radionuklid und der zugeführten Aktivität $ I $ auch Daten zur chemischen und physikalischen Form des zugeführten radioaktiven Stoffs.

Die Dosiskoeffizienten $ h_{T}(t) $ für Folge-Organ-Äquivalentdosen und $ e(t) $ für die effektive Folgedosis sind eine Funktion der Zufuhrdaten und sie beziehen sich auf eine Integrationszeit $ t $. Für Erwachsene beträgt die Integrationszeit 50 Jahre.

Die entsprechenden Äquivalentdosen ergeben sich einfach als Produkt der zugeführten Aktivität $ I $ (in Bq) mit dem einschlägigen Dosiskoeffizienten (in Sv/Bq).

$ H_{T}=h_{T}(50)\cdot I $
$ E=e(50)\cdot I $

In den Dosiskoeffizienten sind der Strahlungs-Wichtungsfaktor für das betrachtete Radionuklid sowie die biokinetischen Abläufe und Stoffwechselvorgänge berücksichtigt. Zusammenstellungen der Dosiskoeffizienten für die relevanten Radionuklide gibt es in Verbindung zur Strahlenschutzverordnung[1] und als Publikationen der ICRP,[2] wobei auch zwischen Koeffizienten für die Bevölkerung und für den beruflichen Bereich unterschieden wird.

Anwendungsbereich

Äquivalentdosen werden im Strahlenschutz in einem Dosisbereich bis zu einigen 100 mSv angewendet, wo stochastische Wirkungen bekanntermaßen auftreten oder (bei niedrigen Dosen) vermutet werden und wo deterministische Wirkungen noch nicht maßgebend sind. Bei deutlich höheren Dosen mit den dann maßgebenden deterministischen Wirkungen werden Strahlendosen allein in Form der Energiedosis in Gray (Gy) angegeben. Ein typischer Anwendungsbereich hierfür ist die Strahlentherapie.

Beispiele für Werte von Ortsdosisleistung und Körperdosis

Ortsdosisleistung

Die Ortsdosisleistung kann besonders einfach und schnell gemessen werden. In Berichten über Strahlenexpositionen wird sie daher oft an erster Stelle genannt. Folgende Tabelle soll eine Orientierungshilfe für die Bewertung solcher Angaben geben. Voraussetzung ist ein ausgedehntes homogenes und zeitlich konstantes Strahlungsfeld. Weitere Strahlenexpositionen, z. B. durch Inkorporation, sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Ortsdosisleistung Bewertung
0000,08 µSv/h Mittlere natürliche Ortsdosisleistung in Deutschland. Bandbreite 0,05 bis 0,18 µSv/h.[3] Einzelheiten siehe Artikel Strahlenexposition.
0002,3 µSv/h Nach einem Notfall maßgebender Wert für die Zulassung einer Rückkehr in ein evakuiertes Gebiet (vgl. den oberen Referenzwert von 20 mSv pro Jahr beim Übergang zu „bestehenden“ Expositionssituationen gemäß § 118 Abs. 4 Satz 2 StrlSchG).[4]
0003 µSv/h Untere Grenze des „Kontrollbereichs“ bei beruflicher Strahlenexposition (vgl. den entsprechenden Jahresgrenzwert von 6 mSv für die effektive Dosis gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 StrlSchV auf Basis einer 40 Stundenwoche).
0025 µSv/h Grenze des Gefahrenbereichs im ABC-Einsatz in Deutschland (vgl. Abschnitt 2.3.2.1 FwDV 500[5]).
0060 µSv/h Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Aufenthalt in Gebäuden“ (vgl. den entsprechenden Notfalldosiswert von 10 mSv in 7 Tagen gemäß § 2 NDWV).
0600 µSv/h Bei einem Notfall maßgebender Wert für die Schutzmaßnahme „Evakuierung“ (vgl. den entsprechenden Notfalldosiswert von 100 mSv in 7 Tagen gemäß § 4 NDWV).
3000 µSv/h Untere Grenze des „Sperrbereichs“ (siehe § 52 Abs. 2 Nr. 3 StrlSchV).

Körperdosis

  • Durch die „zivilisatorische Strahlenexposition“, vor allem durch medizinische Anwendungen, erhält eine in Deutschland lebende Person eine mittlere effektive Dosis von 1,7 mSv pro Jahr.[6]
  • Bei einer Röntgenaufnahme des Thorax (p.a.-Aufnahme) erhält der Patient eine effektive Dosis von etwa 0,018 mSv, bei einer CT-Untersuchung des Thorax etwa 5,1 mSv.[7]
  • Bei einem radiologischen Notfall soll in Deutschland gemäß § 93 StrlSchG ein Referenzwert von 100 mSv für die effektive Dosis im ersten Jahr nach Eintritt unterschritten werden. Der Notfalldosiswert gemäß § 4 NDWV, der als Kriterium für die Angemessenheit einer Evakuierung dient, beträgt 100 mSv effektive Dosis in sieben Tagen für eine gedachte Bezugsperson, die sich ständig ungeschützt im Freien aufhält. Einzelheiten dazu siehe den Artikel Radiologischer Notfall.
  • Für Einsatzkräfte gilt ein Grenzwert von 250 mSv je Einsatz und Leben, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht. Zum Schutz von Sachwerten sind es 15 mSv je Einsatz.[8]
  • Klinische Symptome der Strahlenkrankheit treten bei einer kurzzeitigen Ganzkörper- oder großvolumigen Teilkörperbestrahlung im Dosisbereich oberhalb von 1 Gy auf.

Eine umfassende Zusammenstellung von Körperdosen, die mit radiologischen Untersuchungen verbunden sind, enthält die Veröffentlichung der SSK „Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen“.[7]

Historisches

Der Begriff der Äquivalentdosis wurde für Dosismessgrößen und für Körperdosen bis 1991 allein unter Nutzung des Qualitätsfaktors $ Q $ als Wichtungsfaktor verwendet. Mit der ICRP-Publikation 60[9] wurde hinsichtlich der Körperdosis der Strahlungs-Wichtungsfaktor $ w_{R} $ eingeführt. Unberührt blieben dabei die Verwendung und die Definition des Begriffs Äquivalentdosis für die Messgröße.

Die Äquivalentdosis wurde früher in Rem (roentgen equivalent man) angegeben. 1 Sv ist gleich 100 Rem.

Literatur

  • Hanno Krieger: Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0801-1. (svmtra.ch)

Einzelnachweise

  1. Dosiskoeffizienten zur Berechnung der Strahlenexposition (Teil II und III zur inneren Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung bzw. für die berufliche Exposition), veröffentlicht als Beilage 160 a und b zum BAnz vom 28. August 2001, (online)
  2. Für die Inkorporation im beruflichen Bereich stellt die ICRP mit den Veröffentlichungen Occupational Intakes of Radionuclides Teil 2, 3 und 4 (ICRP-Publikationen 134, 137 bzw. 141) neuere Dosiskoeffizienten bereit, einschließlich eines elektronischen Anhangs zum Download in Form einer Datenbanksicht für PC (ausführbare Datei) zip-Datei (installiert 85,4 MB).
  3. Seite des BfS zur Überwachung der Gamma-Ortsdosisleistung, (online).
  4. siehe auch den Artikel Radiologischer Notfall
  5. Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung: Feuerwehrdienstvorschrift 500: Einheiten im ABC-Einsatz, Januar 2012.
  6. Seite des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) zur natürlichen Strahlenexposition, (online)
  7. 7,0 7,1 Orientierungshilfe für bildgebende Verfahren, Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK), 3., überarbeitete Auflage. verabschiedet in der 300. Sitzung der SSK am 27. Juni 2019, PDF-download 1,58 MB.
  8. Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung: Feuerwehrdienstvorschrift 500: Einheiten im ABC-Einsatz, Januar 2012.
  9. International Commission on Radiological Protection (ICRP): The 1990 Recommendations of the International Commission on Radiological Protection, ICRP Publication 60, Ann. ICRP 21 (1-3), 1991.

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