Äquipartitionstheorem: Unterschied zwischen den Versionen

Äquipartitionstheorem: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Äquipartitionstheorem''' (auch '''Gleichverteilungssatz''' genannt) besagt, dass im [[Thermisches Gleichgewicht|thermischen Gleichgewicht]] bei der [[Temperatur]]&nbsp;<math>T</math> im Mittel jeder harmonische [[Freiheitsgrad]] die gleiche mittlere [[Energie]] <math>\langle E \rangle</math> besitzt:
#WEITERLEITUNG [[Gleichverteilungssatz]]
:<math>\langle E \rangle=\frac{1}{2} k_\mathrm B T</math>
 
Dabei ist <math>k_\mathrm B</math> die [[Boltzmann-Konstante]].
 
Also gilt für Teilchen mit <math>f</math> Freiheitsgraden:
 
:<math>\langle E \rangle=\frac{f}{2} k_\mathrm B T</math>
 
Der Gleichverteilungssatz gilt nur für Freiheitsgrade, deren Variable im Ausdruck für die Energie, das heißt in der [[Hamilton-Funktion]], als Quadrat vorkommen ("harmonische" Freiheitsgrade). Des Weiteren dürfen diese Freiheitsgrade nicht „eingefroren“ sein, das heißt, dieser Freiheitsgrad muss tatsächlich angeregt werden. Beispielsweise werden [[Molekülschwingung]]en „kleiner Moleküle“ wie H<sub>2</sub> oder O<sub>2</sub> bei [[Raumtemperatur]] nicht angeregt, weil die für den Übergang auf den niedrigsten [[Angeregter Zustand|angeregten Zustand]] nötige Energie nicht erreicht wird.
 
Freiheitsgrade, deren Variable ''nicht'' in der Hamilton-Funktion vorkommen, führen auch nicht zu einem Beitrag zur Energie; für Freiheitsgrade, die anders als in rein quadratischer Form vorkommen, lässt sich die mittlere Energie nicht so einfach berechnen.
 
== Beispiele ==
 
=== Spezifische Wärme von Gasen ===
 
Aus dem Äquipartitionstheorem lässt sich beispielsweise die [[Wärmekapazität]] ([[spezifische Wärme]]) <math>C_\mathrm V</math> eines [[Ideales Gas|idealen Gases]] bei konstantem Volumen berechnen. Wir betrachten zuerst ein einatomiges Gas ([[Edelgase|Edelgas]]):
 
Die Energie des Gases ist durch seine kinetische Energie der Atome gegeben; für jedes Atom gilt
:<math>E=\frac{1}{2}m v^2 = \frac{1}{2}m (v_x^2 + v_y^2 + v_z^2),</math>
wobei <math>m</math> die Masse des Atoms ist, und <math>v_i</math> die Komponenten des [[Geschwindigkeit]]s-[[Vektor]]s. Es kommen also drei Freiheitsgrade je Atom als Quadrat vor, daher ist die mittlere Energie je Atom
:<math>\langle E \rangle = \frac{3}{2} k_\mathrm B T.</math>
Daraus ergibt sich durch Differenzieren nach der Temperatur <math>T</math> die Wärmekapazität <math>C_\mathrm V</math> von <math>(3/2) k_\mathrm B</math> je Atom, also
:<math>C_\mathrm V = \frac{3}{2} N k_\mathrm B</math>
für ein einatomiges Gas mit <math>N</math> Atomen.
 
Bei zweiatomigen Gasmolekülen, wie sie beispielsweise [[Wasserstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Stickstoff]] bilden, sind zusätzlich zwei Rotationsfreiheitsgrade zu berücksichtigen (die Rotation um die Molekülachse, also um die dritte Raumrichtung, ist nicht relevant, und die Molekülschwingungen sind „eingefroren“). Daraus ergeben sich 5 Freiheitsgrade je Molekül, und somit
:<math>C_\mathrm V = \frac{5}{2} N k_\mathrm B</math>
für ein Gas mit <math>N</math> Molekülen. Schwingungsfreiheitsgrade ergeben sich erst bei Temperaturen über 1000&nbsp;[[Kelvin|K]].
 
=== Wärmekapazität von Festkörpern ===
 
Bei Festkörpern kann die Schwingung der Atome um ihre Ruheposition durch das [[Potential (Physik)|Potential]] eines [[Harmonischer Oszillator|harmonischen Oszillators]] angenähert werden. Je Raumrichtung <math>i</math> ist die dazugehörige Energie durch
:<math>E_i= \frac{1}{2} m v_i^2 \, + \, \frac{1}{2} m x_i^2 \omega_0^2</math>
gegeben, wobei <math>\omega_0</math> die [[Kreisfrequenz]] des Oszillators ist und <math>x_i</math> die Auslenkung des Atoms aus seiner Ruhelage in Richtung <math>i</math> bedeutet. Der erste Summand ist die [[kinetische Energie]], der zweite die [[potentielle Energie]]. Es kommen also zwei Freiheitsgrade pro Atom und Raumdimension als Quadrat vor, in drei Dimensionen also sechs Freiheitsgrade je Atom. Daher ist die mittlere Energie je Atom
:<math>\langle E \rangle = \frac{6}{2} k_\mathrm B T = 3 k_\mathrm B T.</math>
 
Bei <math>N</math> Atomen sind also <math>6 N</math> Freiheitsgrade zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich unmittelbar die [[Wärmekapazität]] von
:<math>C = 3 N k_\mathrm B.</math>
 
Diese Gleichung ist als [[Dulong-Petit-Gesetz]] bekannt. Auch hier gilt, dass die Freiheitsgrade nicht „eingefroren“ sein dürfen (die Temperatur muss deutlich über der [[Debye-Temperatur]] liegen); ansonsten kann die Wärmekapazität nur mit dem [[Debye-Modell]] berechnet werden.
 
== Herleitung ==
 
Im Folgenden wird der Gleichverteilungssatz für klassische Systeme hergeleitet. Ausgangspunkt ist ein abgeschlossenes System, das energetisch an ein [[Wärmebad]] gekoppelt ist. Es bietet sich daher die Betrachtung des [[Kanonisches Ensemble|kanonischen Ensembles]] an.
 
Wir betrachten den Mittelwert der Größe <math>x_{i}\tfrac{\partial H}{\partial x_{j}}</math>, wobei <math>x_i</math> für Orts- (<math>q_i</math>) oder Impulskoordinaten (<math>p_i</math>) stehen kann. <math>H</math> bezeichnet die [[Hamiltonfunktion]] des Systems.
 
:<math>\left\langle x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{j}}\right\rangle =\frac{1}{Z}\int \mathrm d\Gamma\, x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{j}}e^{-\beta H}=-\frac{1}{\beta Z}\int \mathrm d\Gamma\, x_{i}\frac{\partial e^{-\beta H}}{\partial x_{j}}</math>
 
Die Integration erfolgt über den zugänglichen [[Phasenraum]]. <math>\beta=\tfrac{1}{k_\mathrm B T}</math> bezeichnet die inverse Temperatur, <math>Z=\int \mathrm d\Gamma\, e^{-\beta H}</math> die kanonische [[Zustandssumme]]. Partielle Integration führt auf
 
:<math>\left\langle x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{j}}\right\rangle =\frac{1}{\beta Z}\int \mathrm d\Gamma\,\frac{\partial x_{i}}{\partial x_{j}}e^{-\beta H}-\frac{1}{\beta Z}\left[x_{i}e^{-\beta H}\right]_{x_{j}=a}^{x_{j}=b},</math>
 
wobei wir annehmen, dass <math>e^{-\beta H}</math> hinreichend schnell für große <math>x_j</math> abfällt, sodass die Randterme vernachlässigt werden können:
 
:<math>\left\langle x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{j}}\right\rangle =\frac{\delta_{ij}}{\beta Z}\int \mathrm d\Gamma\, e^{-\beta H}=\frac{\delta_{ij}}{\beta}</math>
 
Die allgemeinste Formulierung des ''Gleichverteilungssatzes für klassische Systeme im thermischen Gleichgewicht'' lautet:
 
:<math>\left\langle x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{j}}\right\rangle =k_\mathrm B T\delta_{ij}</math>
 
Die Herleitung wurde hier mit Hilfe des kanonischen Ensembles durchgeführt, sie ist auch mittels [[Mikrokanonisches Ensemble|mikrokanonischen Ensembles]] möglich.
 
== Anwendungen ==
 
Aus dem allgemeinen Gleichverteilungssatz lässt sich folgern: Jede Variable, die quadratisch in die Hamiltonfunktion eingeht, trägt mit <math>k_\mathrm B T/2</math> zur mittleren Energie bei:
 
:<math>H=ax_{i}^{2}+f(x_{j})\quad\Rightarrow\quad k_\mathrm B T=\left\langle x_{i}\frac{\partial H}{\partial x_{i}}\right\rangle =\left\langle 2ax_{i}^{2}\right\rangle \quad\Rightarrow\quad\left\langle ax_{i}^{2}\right\rangle =\frac{k_\mathrm B T}{2}</math>
 
Dies gilt auch allgemeiner für die [[quadratische Form]]:
 
:<math>\begin{align}
H=\sum_{i,j}x_{i}a_{ij}x_{j}\quad\Rightarrow\quad\sum_{n}k_\mathrm B T
&=\left\langle \sum_{n}x_{n}\frac{\partial H}{\partial x_{n}}\right\rangle = \left\langle \sum_{n}x_{n}\left(\sum_{j}a_{nj}x_{j}+\sum_{i}x_{i}a_{in}\right)\right\rangle
\\&=2\left\langle \sum_{i,j}x_{i}a_{ij}x_{j}\right\rangle \quad\Rightarrow\quad\left\langle H\right\rangle =N\frac{k_\mathrm B T}{2}
\end{align}</math>
 
=== Einatomiges ideales Gas ===
 
Für <math>N</math> nicht wechselwirkende Teilchen (einatomiges [[ideales Gas]]) in drei Raumdimensionen besteht die Hamiltonfunktion nur aus dem kinetischen Anteil:
 
:<math>H=E_{\mathrm{kin}}=\sum_{i=1}^{N}\frac{\mathbf{p}_{i}^{2}}{2m}=\sum_{j=1}^{3N}\frac{p_{j}^{2}}{2m}</math>
 
Die Anwendung des obigen Ergebnisses
 
:<math>k_\mathrm B T=\left\langle p_{j}\frac{\partial H}{\partial p_{j}}\right\rangle =2\left\langle \frac{p_{j}^{2}}{2m}\right\rangle</math>
 
liefert:
 
:<math>\left\langle E_{\mathrm{kin}}\right\rangle =\sum_{j=1}^{3N}\left\langle \frac{p_{j}^{2}}{2m}\right\rangle =3N\frac{k_\mathrm B T}{2}</math>
Das heißt, pro Translationsfreiheitsgrad (hier <math>3N</math>) ist die mittlere kinetische Energie <math>k_\mathrm B T/2</math>.
 
=== Zweiatomiges ideales Gas ===
 
Für ein zweiatomiges ideales Gas, das heißt, die einzelnen Moleküle wechselwirken nicht miteinander, lautet die Hamiltonfunktion unter Vernachlässigung der Rotations-Vibrations-Kopplung (konstantes Trägheitsmoment)
 
:<math>H=\sum_{i=1}^{N}h\quad\text{mit}\quad h=\underbrace{\frac{1}{2m_{\mathrm{ges}}}(p_{x}^{2}+p_{y}^{2}+p_{z}^{2})}_{\text{Translation}}+\underbrace{\frac{1}{2\Theta}\left(\frac{p_{\varphi}^{2}}{\sin^{2}\vartheta}+p_{\vartheta}^{2}\right)}_{\text{Rotation}}+\underbrace{\left(\frac{p_{\xi}^{2}}{2m_{\mathrm{r}}}+\frac{m_{\mathrm{r}}\omega^{2}\xi^{2}}{2}\right)}_{\text{Vibration}},</math>
 
wobei <math>m_{\mathrm{ges}}</math> die Gesamtmasse, <math>m_\mathrm{r}</math> die [[reduzierte Masse]] und <math>\Theta</math> das [[Trägheitsmoment]] eines Moleküls ist. <math>\xi</math> beschreibt die Auslenkung aus dem Gleichgewichtsabstand. Insgesamt gehen also sieben Größen quadratisch in die Hamiltonfunktion ein: <math>p_{x},\, p_{y},\, p_{z},\, p_{\varphi},\, p_{\vartheta},\, p_{\xi},\, \xi</math>. Daraus folgt:
 
:<math>\langle h\rangle=\frac{7}{2}kT\quad\Rightarrow\quad\langle H\rangle=\frac{7}{2}Nk_\mathrm B T</math>
 
Diese mittlere Energie ist so nur bei hohen Temperaturen gültig, wenn auch Rotationen und Vibrationen thermisch angeregt werden.
 
=== Thermische Zustandsgleichung ===
 
Betrachten wir ein reales Gas in einem Behälter, so lautet der Hamiltonian
 
:<math>H=\sum_{i=1}^{3N}\frac{p_{i}^{2}}{2m}+V_{\mathrm{Wand}}(q_{1},\ldots,q_{3N})+\Phi(q_{1},\ldots,q_{3N}),</math>
 
wobei <math>V_{\mathrm{Wand}}</math> das Potential zwischen Wand und Teilchen ist und <math>\Phi</math> das Potential zwischen den Teilchen. Für einen würfelförmigen Behälter mit Seitenlänge <math>L</math> schreibt sich das Wandpotential z.&nbsp;B. wie folgt:
 
:<math>V_{\mathrm{Wand}}=A\sum_{i=1}^{3N}\left[\Theta(q_{i}-L)+\Theta(-q_{i})\right]</math>
 
Dabei wurde die [[Heaviside-Funktion]] <math>\Theta</math> verwendet. Die Anwendung des Virialsatzes (im Sinne der Quantenmechanik) liefert:
 
:<math>3Nk_\mathrm B T=\sum_{i=1}^{3N}\left\langle q_{i}\frac{\partial H}{\partial q_{i}}\right\rangle =\sum_{i=1}^{3N}\left\langle q_{i}\frac{\partial V_{\mathrm{Wand}}}{\partial q_{i}}\right\rangle +\sum_{i=1}^{3N}\left\langle q_{i}\frac{\partial\Phi}{\partial q_{i}}\right\rangle</math>
 
Betrachte nun den ersten Term auf der rechten Seite
 
:<math>\begin{align}
\sum_{i=1}^{3N}q_{i}\frac{\partial V_{\mathrm{Wand}}}{\partial q_{i}} & =\sum_{i=1}^{3N}q_{i}A\left[\delta(q_{i}-L)-\delta(q_{i})\right]=\sum_{i=1}^{3N}LA\delta(q_{i}-L)\\
& =-L\frac{\partial V_{\mathrm{Wand}}}{\partial L}=-L\frac{\partial H}{\partial L}=-L\frac{\partial V}{\partial L}\frac{\partial H}{\partial V}=-3V\frac{\partial H}{\partial V}
\end{align}</math>
 
Es wurde ausgenutzt, dass die [[Distribution (Mathematik)|distributive Ableitung]] der Heaviside-Funktion die [[Delta-Distribution]] ist. Im vorletzten Schritt konnte das Volumen <math>V=L^3</math> eingeführt werden. Nun führt man noch eine Ensemblemittelung durch und verwendet, dass der [[Druck (Physik)|Druck]] definiert ist durch <math>p=-\langle \partial H / \partial V\rangle</math> (siehe z.&nbsp;B. hier: [[Kanonisches Ensemble]]).
 
:<math>\sum_{i=1}^{3N}\left\langle q_{i}\frac{\partial V_{\mathrm{Wand}}}{\partial q_{i}}\right\rangle =-3\left\langle V\frac{\partial H}{\partial V}\right\rangle =-3V\underbrace{\left\langle \frac{\partial H}{\partial V}\right\rangle }_{-p}=3pV</math>
 
Somit erhält man die thermische Zustandsgleichung:
 
:<math>Nk_\mathrm B T=pV+\frac{1}{3}\underbrace{\sum_{i=1}^{3N}\left\langle q_{i}\frac{\partial\Phi}{\partial q_{i}}\right\rangle }_{\text{Virial}}</math>
 
Diese entspricht der [[Ideale Gasgleichung|idealen Gasgleichung]], die um einen Zusatzterm –&nbsp;das [[Virial]]&nbsp;– erweitert ist. Das Virial kann in Potenzen der [[Teilchendichte]] <math>N/V</math> entwickelt werden (siehe: [[Virialentwicklung]]).
 
== Literatur ==
 
* [[Franz Schwabl|Schwabl]]: ''Statistische Mechanik.'' Springer-Verlag, Berlin, 3. Auflage 2006, ISBN 978-3-540-31095-2.
 
[[Kategorie:Thermodynamik|Aquipartitionstheorem]]
[[Kategorie:Statistische Physik|Aquipartitionstheorem]]

Aktuelle Version vom 4. August 2018, 13:08 Uhr

Weiterleitung nach:

  • Gleichverteilungssatz

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