Aristarchos von Samos

Aristarchos von Samos

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Denkmal des Aristarchos an der Aristoteles-Universität Thessaloniki, Griechenland
Der nach Aristarch von Samos benannte Mondkrater Aristarch

Aristarch(os) von Samos ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value); * um 310 v. Chr. auf Samos; † um 230 v. Chr.) war ein griechischer Astronom und Mathematiker.

Er war ein Schüler von Straton von Lampsakos, dem Leiter der Schule des Aristoteles in Athen, und einer der ersten griechischen Astronomen, die das heliozentrische Weltbild vertraten, wonach die Sonne und nicht die Erde im Zentrum des Weltalls steht. Daher gilt er auch als der „griechische Kopernikus“. Er stieß mit seiner Theorie jedoch kaum auf Anerkennung (Ausnahme: Seleukos von Seleukia), so dass seine Vorstellungen im Schatten der Arbeiten von Aristoteles und Ptolemaios standen. Erst ungefähr 1800 Jahre später wurde das heliozentrische Weltbild von Nikolaus Kopernikus wiederentdeckt und erneut aufgegriffen. Kopernikus hat aber vermutlich die Erwähnung von Aristarch bei Archimedes nicht gekannt, da diese erst ein Jahr nach seinem Tod im Druck erschien.

Heliozentrisches Weltbild

Das einzige Werk des Aristarch, das bis heute erhalten geblieben ist, trägt den Titel Über die Größen und Abstände von Sonne und Mond und basiert noch auf dem geozentrischen Weltbild. Durch spätere Zitate anderer Gelehrter ist bekannt, dass er in einem anderen Buch auch die Hypothese eines heliozentrischen Weltbildes vertrat. So schreibt Archimedes in seiner Sandrechnung:

„Du, König Gelon, weißt, dass ‚Universum‘ die Astronomen jene Sphäre nennen, in deren Zentrum die Erde ist, wobei ihr Radius der Strecke zwischen dem Zentrum der Sonne und dem Zentrum der Erde entspricht. Dies ist die allgemeine Ansicht, wie du sie von Astronomen vernommen hast. Aristarch aber hat ein Buch verfasst, das aus bestimmten Hypothesen besteht, und das, aus diesen Annahmen folgernd, zeigt, dass das Universum um ein Vielfaches größer ist als das ‚Universum‘, welches ich eben erwähnte. Seine Thesen sind, dass die Fixsterne und die Sonne unbeweglich sind, dass die Erde sich um die Sonne auf der Umfangslinie eines Kreises bewegt, wobei sich die Sonne in der Mitte dieser Umlaufbahn befindet, und dass die Sphäre der Fixsterne, deren Mitte diese Sonne ist und innerhalb derer sich die Erde bewegt, eine so große Ausdehnung besitzt, dass der Abstand von der Erde zu dieser Sphäre dem Abstand dieser Sphäre zu ihrem Mittelpunkt gleichkommt.“[1]

Als Konsequenz daraus leitete er ab, dass, wenn nicht die Erde, sondern die Sonne im Zentrum steht, eigentlich eine Parallaxe zu beobachten wäre. Das Erscheinungsbild des Sternhimmels müsste sich abhängig von der aktuellen Position während eines Umlaufs der Erde um die Sonne verändern. Das Fehlen der Parallaxe erklärte er durch eine unvorstellbar große Entfernung zu den Fixsternen, gegenüber der der Durchmesser der Erdbahn verschwindend klein sei. Tatsächlich ist diese Parallaxe selbst bei den sonnennächsten Sternen kleiner als eine Bogensekunde und daher mit bloßem Auge nicht feststellbar. Diese anscheinend fehlende Parallaxe war das Hauptargument gegen Aristarchs Modell. Die Fixsternparallaxe wurde erst 1838 mit Teleskopen nachgewiesen.

Die möglichen persönlichen Konsequenzen für Aristarch deutet Plutarch im Dialog Über das Mondgesicht an:

„Kleanthes [ein Zeitgenosse des Aristarch] glaubte, es sei die Pflicht der Griechen, Aristarch von Samos wegen Gottlosigkeit anzuklagen, dafür, dass er den Herd des Universums [die Erde] in Bewegung versetzt habe, da er die Phänomene zu retten trachtete, indem er annahm, der Himmel befände sich in Ruhe und die Erde drehe sich in einem schiefen Kreis und rotiere dabei um ihre eigene Achse.“[2]

Der einzige griechische Astronom, der den Ansichten von Aristarch folgte, war der babylonische (chaldäische) Astronom Seleukos von Seleukia (wahrscheinlich aus Seleukia-Ktesiphon).[3][4] Aristarch stellte die Hypothese auf, dass die Erde sich um die Sonne bewegt und um ihre Achse rotiert: Seleukios soll den theoretischen Beweis dazu geliefert haben.[5]

Größe des Mondes

Aristarchs Berechnungen der Größen von Erde, Sonne und Mond
(Abschrift aus dem 10. Jahrhundert)
Partielle Mondfinsternis

Aristarch beobachtete, wie der Mond während einer Mondfinsternis durch den Erdschatten zog. Er schloss daraus, dass der Durchmesser der Erde 2,85-mal so groß sei wie der des Mondes. Tatsächlich beträgt dieser Faktor etwa 3,67.

Entfernung zur Sonne

Aristarch erkannte, dass der Halbmond dadurch entsteht, dass das Sonnenlicht genau senkrecht zu unserer Blickrichtung auf den Mond fällt. Das Dreieck Sonne, Mond, Erde weist also bei Halbmond einen rechten Winkel auf:

Die Größe des Winkels $ \varepsilon $ zwischen Sonne und Mond hat Aristarch experimentell zu mindestens 87° bestimmt. Durch Zeichnen eines rechtwinkligen Dreiecks mit einem Winkel von 87° lässt sich nun das Verhältnis der Abstände Erde–Sonne und Erde–Mond bestimmen. Heutzutage kann man dieses Verhältnis natürlich auch trigonometrisch zu 1/cos(87°) ≈ 19,1 berechnen. Damit ist gezeigt, dass die Sonne mindestens 19-mal so weit von der Erde entfernt ist wie der Mond.

Tatsächlich ist die Sonne etwa 400 Mal so weit von der Erde entfernt wie der Mond. Dies entspricht einem Winkel $ \varepsilon $ von etwa 89° 51'. Das heißt gleichzeitig, dass von der Sonne aus gesehen Erde und Mond nur knapp neun Winkelminuten voneinander entfernt erscheinen.

Aristarch Sonne Mond Erde.svg

Aristarch hat sicherlich bemerkt, dass der Winkel fast 90° beträgt. Das Ziel der Messung musste in diesem Fall die Antwort auf die Frage sein: Wie groß ist der Winkel mindestens? Nur daraus lässt sich eine verlässliche Aussage über den Mindestabstand der Sonne ableiten.

Aristarchs ursprüngliche Arbeiten haben die Zeit nicht überlebt; sie sind nur aus den Zitaten und Kommentaren von Nachfolgern bekannt. Da Sonne und Mond am Himmel etwa gleich groß erscheinen, schloss Aristarch, dass ihre tatsächliche Größe sich ebenfalls mindestens um den Faktor 19 voneinander unterscheiden müsse. Aus den genannten Gründen beträgt dieser Unterschied zwar in Wahrheit das 400-fache. Doch allein, dass nach Ansicht Aristarchs die Sonne weit größer als die Erde sein musste, war ein wichtiges Indiz für die Theorie, wonach ein so großer Himmelskörper sich auch im Zentrum des Universums befinden müsse – sofern die Sonne nicht, wie Aristarchs Gegner argumentierten, aus masselosem Äther besteht.

Vitruv erwähnt ihn als Erfinder einer Sonnenuhr in Halbkugelschalenform. Aristarch scheint auch eine Theorie von Finsternissen entwickelt zu haben, wie eine Bemerkung in einem anonymen Kommentar von Homers Odyssee aus dem 2. Jahrhundert vor Christus nahelegt.[6]

Literatur

  • R. von Erhardt, E. von Erhardt-Siebold, Archimedes’ Sand-Reckoner. Aristarchos and Copernicus. In: Isis. 33, 1942, S. 578–602.
  • T. L. Heath: Aristarchus of Samos. Oxford 1913, Online.
  • T. L. Heath: Aristarchus of Samos. The ancient Copernicus. Reprint des Originals von 1913. New York 1981.
  • A. C. Bowen, B. R. Goldstein: Aristarchus, Thales, and Heraclitus on solar eclipses. In: Physis Riv. Internaz. Storia Sci. (N.S.) 31, 3, 1994, S. 689–729.
  • A. G. Gomez: Aristarchos of Samos, the Polymath. AuthorHouse, 2013, ISBN 9781496994233.
  • M. Milankovitch: Aristarchos und Apollonios. Das heliozentrische und das geozentrische Weltsystem des klassischen Altertums. In: Acad. Serbe. Sci.Publ. Inst. Math. 9, 1956, S. 79–92.
  • Otto Neugebauer A History of Ancient Mathematical Astronomy, Springer Verlag, 3 Bände 1975
  • W. Nestle: Die Nachsokratiker. 2 Bände. Jena 1923.
  • E. Wall: Anatomy of a precursor: The historiography of Aristarchos of Samos. In: Studies in Hist. and Philos. Sci. 6, 3, 1975, S. 201–228.
  • S. V. Zhitomirskii: The heliocentric hypothesis of Aristarchos of Samos and ancient cosmology. In: Istor.-Astronom. Ausgabe 18, 1986, S. 151–160. (russisch)
  • William H. Stahl: Aristarchus of Samos, in Dictionary of Scientific Biography
  • B. L. Van der Waerden: The heliocentric system in Greek, Hindu and Persian Astronomy, Annals New York Academy of Sciences, Band 500, 1987, S. 525–545
Belletristik

Aristarchos von Samos ist die Hauptfigur eines historischen Romans:

  • Thomas Bührke: Die Sonne im Zentrum – Aristarch von Samos. Roman der antiken Astronomie. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58249-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joh. Christoph Sturm: Des Unvergleichlichen Archimedis Sand-Rechnung, Oder Tiefsinnige Erfindung einer, mit verwunderlicher Leichtigkeit aussprechlichen, Zahl, 1667, Facsimile-Ausgabe online unter Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätbibliothek Dresden; T. L. Heath: Works of Archimedes, 1897 (englisch), verschiedene Formate unter www.archive.org
  2. 927f und 923a, griechischer Text auf www.perseus.tufts.edu, englische Übersetzung von Harold Cherniss und William C. Helmbold auf www.perseus.tufts.edu
  3. Strabon: Geographia, Kapitel 16
  4. Plutarch: Quaestiones Platonica.
  5. Bartel Leendert van der Waerden, Annals New York Academy of Sciences, Band 500, 1987, S. 528
  6. A. C. Bowen, B. R. Goldstein, Aristarchus, Thales, and Heraclitus on solar eclipses : an astronomical commentary on P Oxy 53.3710 cols. 2.33-3.19, Physis Riv. Internaz. Storia Sci. (N.S.), Band 31, Heft 3, 1994, S. 689–729