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Die '''Lorentzkraft''' ist die [[Kraft]], die eine Ladung in einem [[Elektromagnetische Wechselwirkung|magnetischen oder elektrischen]] Feld erfährt. Ein Magnetfeld übt dabei Kraft auf [[Elektrischer Strom|bewegte Ladungen]] aus, während ein elektrisches Feld auf bewegte und unbewegte Ladungen gleichermaßen wirkt. Sie ist nach dem niederländischen Mathematiker und Physiker [[Hendrik Antoon Lorentz]] benannt. | Die '''Lorentzkraft''' ist die [[Kraft]], die eine Ladung in einem [[Elektromagnetische Wechselwirkung|magnetischen oder elektrischen]] Feld erfährt. Ein Magnetfeld übt dabei Kraft auf [[Elektrischer Strom|bewegte Ladungen]] aus, während ein elektrisches Feld auf bewegte und unbewegte Ladungen gleichermaßen wirkt. Sie ist nach dem niederländischen Mathematiker und Physiker [[Hendrik Antoon Lorentz]] benannt. | ||
Die magnetische Komponente der Kraft ist am größten, wenn die Bewegungsrichtung der Ladung senkrecht zu den magnetischen [[Feldlinie]]n verläuft, und gleich Null, wenn die Ladung | Die magnetische Komponente der Kraft ist am größten, wenn die Bewegungsrichtung der Ladung senkrecht zu den magnetischen [[Feldlinie]]n verläuft, und gleich Null, wenn sich die Ladung entlang einer Feldlinie bewegt. Sie wirkt immer senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladung und zu den Magnetfeldlinien. Ihre Wirkungsrichtung kann mit der [[Drei-Finger-Regel]] bestimmt werden. Für negative Ladungen verwendet man die linke, für positive Ladungen die rechte Hand. | ||
Eine Erklärung der Lorentzkraft, die letztlich auf die elektrostatische Anziehung zurückgeführt wird, liefert die [[Spezielle Relativitätstheorie#Lorentzkraft|Spezielle Relativitätstheorie]]. | Eine Erklärung der Lorentzkraft, die letztlich auf die [[elektrostatische Anziehung]] zurückgeführt wird, liefert die [[Spezielle Relativitätstheorie#Lorentzkraft|Spezielle Relativitätstheorie]]. | ||
== Geschichte == | |||
Die Form des Induktionsgesetzes in ''On physical lines of force'' (1861) oder ''[[Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes]]'' (1864) von [[James Clerk Maxwell]] enthält aus heutiger Sicht einen Anteil, der als Vorläufer der Lorentzkraft betrachtet werden kann. Die eigentliche Behandlung der auf bewegte Punktladungen in Magnetfeldern wirkenden Kräfte erfolgte erst 1881 durch [[J. J. Thomson]].<ref>Thomson, On the electric and magnetic effect produced by the motion of electrified bodies, Philosophical Magazine, Band 11, 1881, S. 229–249</ref> Bei ihm tritt noch ein fehlerhafter Vorfaktor ½ auf. Die korrekte Form der Lorentzkraft leiteten [[Oliver Heaviside]] (1889)<ref>Heaviside, On the Electromagnetic Effects due to the Motion of Electrification through a Dielectric, Philosophical Magazine, 1889, 324</ref> und [[Hendrik Antoon Lorentz]] (1895)<ref>Lorentz, Versuch einer Theorie der electrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Körpern, 1895</ref> ab.<ref>Darrigol, Electrodynamics from Ampère to Einstein, Oxford UP, 2000, S. 429ff</ref> | |||
== Allgemeine Definition == | == Allgemeine Definition == | ||
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* Bei der Ablenkung eines Teilchens der Ladung <math>q</math> im räumlich und zeitlich konstanten Magnetfeld wird ''im Gegensatz zur Ablenkung im elektrischen Feld'' keinerlei Arbeit verrichtet, die kinetische Energie und damit die [[Geschwindigkeit|Bahngeschwindigkeit]] bleiben also unverändert, denn | * Bei der Ablenkung eines Teilchens der Ladung <math>q</math> im räumlich und zeitlich konstanten Magnetfeld wird ''im Gegensatz zur Ablenkung im elektrischen Feld'' keinerlei Arbeit verrichtet, die kinetische Energie und damit die [[Geschwindigkeit|Bahngeschwindigkeit]] bleiben also unverändert, denn | ||
:<math>\frac{\mathrm d W_\text{kin}}{\mathrm d t}= \frac{m}{2}\,\frac{\mathrm d \vec v^2}{\mathrm d t}= m \vec v\cdot\frac{\mathrm d \vec v}{\mathrm d t}= \vec v\cdot m \cdot \vec a=\vec v\cdot \vec F= q \,\vec v \cdot \bigl (\vec v \times \vec B\bigr)=0</math>. | :<math>\frac{\mathrm d W_\text{kin}}{\mathrm d t}= \frac{m}{2}\,\frac{\mathrm d (\vec v^2)}{\mathrm d t}= m \vec v\cdot\frac{\mathrm d \vec v}{\mathrm d t}= \vec v\cdot m \cdot \vec a=\vec v\cdot \vec F= q \,\vec v \cdot \bigl (\vec v \times \vec B\bigr)=0</math>. | ||
: Dies gilt auch für [[relativistisch]]e Teilchen. Tatsächlich jedoch emittieren die Teilchen wegen ihrer Ablenkung [[Bremsstrahlung]] und geben dadurch Energie ab. | : Dies gilt auch für [[relativistisch]]e Teilchen. Tatsächlich jedoch emittieren die Teilchen wegen ihrer Ablenkung [[Bremsstrahlung]] und geben dadurch Energie ab. | ||
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Die Formelzeichen <math>\vec {F_\text{B}}</math> und <math>\vec {F_\text{L}}</math> bzw. <math>\vec {F_\text{E}}</math> und <math>\vec {F_\text{C}}</math> bezeichnen dabei jeweils einander Entsprechendes, wobei man der Klarheit der Schreibweise wegen nach Möglichkeit die eine ''oder'' die andere Konvention beibehalten sollte. | Die Formelzeichen <math>\vec {F_\text{B}}</math> und <math>\vec {F_\text{L}}</math> bzw. <math>\vec {F_\text{E}}</math> und <math>\vec {F_\text{C}}</math> bezeichnen dabei jeweils einander Entsprechendes, wobei man der Klarheit der Schreibweise wegen nach Möglichkeit die eine ''oder'' die andere Konvention beibehalten sollte. | ||
=== Formulierung der Lorentzkraft im cgs-System === | === Formulierung der Lorentzkraft im cgs/Gauß-System === | ||
Im Unterschied zu der obigen Schreibweise der Formel für die Lorentzkraft <math>\vec {F_\text{L}}</math>, die auf dem in der Elektrotechnik und den experimentellen Naturwissenschaften üblichen [[Internationales Einheitensystem|Internationalen Maßsystem]] basiert, schreibt man in der theoretischen Physik und allgemeiner besonders in England und den USA für dieselbe Kraft in den äquivalenten, aber leicht verschiedenen [[cgs-Einheit]]en | Im Unterschied zu der obigen Schreibweise der Formel für die Lorentzkraft <math>\vec {F_\text{L}}</math>, die auf dem in der Elektrotechnik und den experimentellen Naturwissenschaften üblichen [[Internationales Einheitensystem|Internationalen Maßsystem]] basiert, schreibt man in der theoretischen Physik und allgemeiner besonders in England und den USA für dieselbe Kraft in den äquivalenten, aber leicht verschiedenen [[cgs-Einheit]]en | ||
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:<math>\vec B_\mathrm{cgs}=\vec B_\mathrm{SI}\cdot c\cdot\sqrt{4\pi\varepsilon_0}=\vec B_\mathrm{SI}\cdot{\sqrt{\frac{4\pi}{\mu_0}}}</math> | :<math>\vec B_\mathrm{cgs}=\vec B_\mathrm{SI}\cdot c\cdot\sqrt{4\pi\varepsilon_0}=\vec B_\mathrm{SI}\cdot{\sqrt{\frac{4\pi}{\mu_0}}}</math> | ||
mit der ''dimensionsbehafteten'' [[Dielektrizitätskonstante]]n im Vakuum <math>\varepsilon_0</math> (für die systematische Umrechnung von Größen in SI-Einheiten ins cgs-System und umgekehrt siehe den entsprechenden Abschnitt im Artikel über die [[ | mit der ''dimensionsbehafteten'' [[Dielektrizitätskonstante]]n im Vakuum <math>\varepsilon_0</math> (für die systematische Umrechnung von Größen in SI-Einheiten ins cgs-System und umgekehrt siehe den entsprechenden Abschnitt im Artikel über die [[Maxwell-Gleichungen#Maxwell-Gleichungen in cgs-Systemen|Maxwellschen Gleichungen]]). | ||
== Doppeldeutige Bezeichnung == | == Doppeldeutige Bezeichnung == | ||
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== Lorentzkraft auf bewegte Punktladungen == | == Lorentzkraft auf bewegte Punktladungen == | ||
[[Datei:Lorentz force.svg|miniatur|Bewegung einer Punktladung ''q'' in einem senkrecht zu ihrer Bahn (in diesem Fall aus der Zeichenebene heraus) verlaufenden Magnetfeld: Negative Ladungen (q < 0) werden dabei im Bild nach oben, positive (q > 0) nach unten und neutrale (q = 0) überhaupt nicht abgelenkt.]] | [[Datei:Lorentz force.svg|miniatur|Bewegung einer Punktladung ''q'' in einem senkrecht zu ihrer Bahn (in diesem Fall aus der Zeichenebene heraus) verlaufenden Magnetfeld: Negative Ladungen (q < 0) werden dabei im Bild nach oben, positive (q > 0) nach unten und neutrale (q = 0) überhaupt nicht abgelenkt.]] | ||
Als bewegte [[Punktladung]]en werden kleine freie Ladungen wie etwa [[Elektron]]en, [[Proton]]en oder andere geladene [[Elementarteilchen]] | [[Datei:Deflection of nuclear radiation in a magnetic field de.png|mini|Flugbahnen frei beweglicher Teilchen in einem Magnetfeld je nach Masse und Ladung.]] | ||
Als bewegte [[Punktladung]]en werden kleine freie Ladungen wie etwa [[Elektron]]en, [[Proton]]en oder andere geladene [[Elementarteilchen]] sowie [[Alphastrahlung|Alphateilchen]] und andere [[Ion]]en betrachtet, die sich frei im Raum, z. B. im [[Vakuum]] oder in einer [[Salzlösung]], bewegen können. | |||
Da die Richtung der Lorentzkraft vom Vorzeichen der Ladung | Da die Richtung der Lorentzkraft vom Vorzeichen der Ladung <math>q</math> abhängt, werden entgegengesetzt geladene Punktladungen gleicher Bewegungsrichtung in entgegengesetzte Richtungen abgelenkt. Bewegen sich die entgegengesetzt geladenen Punktladungen dagegen außerdem (z. B. in einer Salzlösung, an die man eine elektrische Spannung gelegt hat) in entgegengesetzte Richtungen, ist die Richtung ihrer magnetischen Ablenkung wieder dieselbe<ref>Vladimir Dyakonov: {{Webarchiv |url=http://www.physik.uni-wuerzburg.de/EP6/Vorlesung-SS07/VL_24_2007.pdf |text=''Einführung in die Physik II für Studierende der Naturwissenschaften und Zahnheilkunde, Sommersemester 2007.'' |wayback=20131219054158 |archiv-bot=}} Abschnitt ''Erinnerung: Rotierender Elektrolyt.'' (PDF; 317 kB).</ref> (siehe nebenstehende Abbildungen). | ||
Der Betrag der Lorentzkraft ergibt sich dabei aus | Der Betrag der Lorentzkraft ergibt sich dabei aus | ||
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Magnetic deflection of ions in a circular electrolytic cell 2.svg|Magnetische Ablenkung der Ionen versetzt eine Salzlösung in Rotation. | Magnetic deflection of ions in a circular electrolytic cell 2.svg|Magnetische Ablenkung der Ionen versetzt eine stromdurchflossene Salzlösung in Rotation. | ||
Geschwindigkeitsfilter nach Wien.svg|Der [[Geschwindigkeitsfilter|Geschwindigkeits­filter]] nach Wien beruht auf Kräftegleichgewicht zwischen Lorentzkraft und Coulombkraft. | Geschwindigkeitsfilter nach Wien.svg|Der [[Geschwindigkeitsfilter|Geschwindigkeits­filter]] nach Wien beruht auf Kräftegleichgewicht zwischen Lorentzkraft und Coulombkraft. | ||
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Die Lorentzkraft ist das zentrale Bindeglied zwischen [[Elektrizität]] und [[Mechanik]]. Fließt Strom durch einen Leiter, der quer oder schräg zu den Feldlinien eines ihn umgebenden Magnetfelds liegt, dann lässt sich eine Kraftwirkung auf den Leiter feststellen. Die Auslenkung im [[Leiterschaukel]]versuch oder die Messungen beim Stromwaagen-Experiment verdeutlichen dies. Die Kraftwirkung leitet sich dabei aus der auf eine bewegte Punktladung wirkenden Lorentzkraft her; diese wirkt auf die einzelnen Ladungsträger im Leiter. | Die Lorentzkraft ist das zentrale Bindeglied zwischen [[Elektrizität]] und [[Mechanik]]. Fließt Strom durch einen Leiter, der quer oder schräg zu den Feldlinien eines ihn umgebenden Magnetfelds liegt, dann lässt sich eine Kraftwirkung auf den Leiter feststellen. Die Auslenkung im [[Leiterschaukel]]versuch oder die Messungen beim Stromwaagen-Experiment verdeutlichen dies. Die Kraftwirkung leitet sich dabei aus der auf eine bewegte Punktladung wirkenden Lorentzkraft her; diese wirkt auf die einzelnen Ladungsträger im Leiter. | ||
[[Datei:Lorentzkraft auf Leiterstueck.svg|miniatur|Lorentzkraft am Leiterstück]] | [[Datei:Lorentzkraft auf Leiterstueck.svg|miniatur|Lorentzkraft am Leiterstück]] | ||
[[Datei:Homopolar motor.png|mini|Der Stromfluss durch eine elektrisch leitende Scheibe in einem senkrecht zu ihr verlaufenden Magnetfeld versetzt die Scheibe (ähnlich wie die Salzlösung im vorhergehenden Abschnitt, s. o.) in Rotation ([[Homopolarmotor]]).]] | |||
Um die genannten Vorgänge rechnerisch zu erfassen, werde der Einfachheit halber zunächst ein gerades Stück Draht der gerichteten Länge <math>\vec \ell</math> betrachtet, das in einem zeitlich konstanten homogenen äußeren Magnetfeld der Flussdichte <math>B</math> liegt. Durch den Draht fließe ein ebenfalls zeitlich konstanter Strom der Stärke <math>I</math>, sodass seine Leitungselektronen sich mit der gleichbleibenden Geschwindigkeit <math>\vec v</math> durch den Draht bewegen und dabei in der Laufzeit <math>t</math> die Gesamtladung | Um die genannten Vorgänge rechnerisch zu erfassen, werde der Einfachheit halber zunächst ein gerades Stück Draht der gerichteten Länge <math>\vec \ell</math> betrachtet, das in einem zeitlich konstanten homogenen äußeren Magnetfeld der Flussdichte <math>B</math> liegt. Durch den Draht fließe ein ebenfalls zeitlich konstanter Strom der Stärke <math>I</math>, sodass seine Leitungselektronen sich mit der gleichbleibenden Geschwindigkeit <math>\vec v</math> durch den Draht bewegen und dabei in der Laufzeit <math>t</math> die Gesamtladung | ||
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== Elektromagnetische Induktion == | == Elektromagnetische Induktion == | ||
[[Datei:Lorentzkraft und Induktion.svg|mini|Lorentzkraft und Induktion]] | [[Datei:Lorentzkraft und Induktion.svg|mini|Lorentzkraft und Induktion]] | ||
[[Datei:Homopolar generator principle.png|mini|Die Rotation einer elektrisch leitenden Scheibe in einem senkrecht zu ihr verlaufenden Magnetfeld erzeugt eine Induktionsspannung zwischen ihrer Achse und Peripherie ([[Unipolargenerator]]).]] | |||
{{Hauptartikel|Elektromagnetische Induktion}}Des Weiteren erklärt die Lorentzkraft die Umwandlung mechanischer Bewegung in elektrische Spannung. Dabei ergibt sich mittels der Lorentzkraft eine alternative Herleitung der elektromagnetischen Induktion statt über die Flussänderung.<ref>{{Literatur | {{Hauptartikel|Elektromagnetische Induktion}}Des Weiteren erklärt die Lorentzkraft die Umwandlung mechanischer Bewegung in elektrische Spannung. Dabei ergibt sich mittels der Lorentzkraft eine alternative Herleitung der elektromagnetischen Induktion statt über die Flussänderung.<ref>{{Literatur | ||
| Autor=[[Paul A. Tipler]], Gene Mosca | | Autor=[[Paul A. Tipler]], Gene Mosca | ||
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[[Datei:Bewegter Leiter im Feld Res.svg|miniatur|Stromkreis demonstriert Lenzsche Regel.]] | [[Datei:Bewegter Leiter im Feld Res.svg|miniatur|Stromkreis demonstriert Lenzsche Regel.]] | ||
[[Datei:Lorentzkraft und Lenzsche Regel.svg|miniatur|Lorentzkraft erklärt Lenzsche Regel.]] | [[Datei:Lorentzkraft und Lenzsche Regel.svg|miniatur|Lorentzkraft erklärt Lenzsche Regel.]] | ||
[[Datei:Lorentzkraft 1&2 xtd.png|mini|Vektorielle Herleitung der Gegenkraft F<sub>L2</sub>.]] | |||
{{Hauptartikel|Lenzsche Regel}}Überbrückt man nun beide Enden des bewegten Leiters mit einem ohmschen Widerstand der Größe R, der dagegen nicht gegenüber dem Magnetfeld bewegt wird, entsteht eine geschlossene Leiterschleife, über die sich die Induktionsspannung ausgleichen kann, sodass diese und das Produkt <math>I_\text{ind}\cdot R</math> also gemäß der [[Kirchhoffsche Regeln|Kirchhoffschen Maschenregel]] die Summe 0 liefern: | {{Hauptartikel|Lenzsche Regel}}Überbrückt man nun beide Enden des bewegten Leiters mit einem ohmschen Widerstand der Größe R, der dagegen nicht gegenüber dem Magnetfeld bewegt wird, entsteht eine geschlossene Leiterschleife, über die sich die Induktionsspannung ausgleichen kann, sodass diese und das Produkt <math>I_\text{ind}\cdot R</math> also gemäß der [[Kirchhoffsche Regeln|Kirchhoffschen Maschenregel]] die Summe 0 liefern: | ||
:<math>U_\mathrm{ind} + I_\text{ind} \cdot R = 0 \Leftrightarrow | :<math>U_\mathrm{ind} + I_\text{ind} \cdot R = 0 \ \Leftrightarrow \ {I_\text{ind}} = \frac {-U_\text{ind}}{R} = \frac {\vec {\ell} \cdot (\vec{v}\times \vec{B})}{R} = \frac {-(\vec {\ell} \times \vec{B}) \cdot \vec{v}}{R}</math> | ||
Der durch den geschlossenen Stromkreis fließende Strom erzeugt nun eine weitere Lorentzkraft F<sub>L2</sub>, die der ursprünglichen Bewegungsrichtung entgegenwirkt: | |||
:<math>F_\text{L2} = {I_\text{ind}} \cdot \vec {\ell} \times \vec{B} = - \frac { {\ell}^2 \cdot B^2 } {R} \cdot \vec{v}</math> | |||
Ist der Widerstand R der Leiterschleife dabei unendlich groß, z. B. der Stromkreis offen, ist keine Gegenkraft F<sub>L2</sub> zu spüren – wird R dagegen, z. B. in [[Supraleiter]]n, unendlich klein, verhindert sie damit praktisch jegliche Bewegung. | |||
Die Lorentzkraft erklärt somit nicht nur die Ladungstrennung, mit der die Induktionsspannung entsteht, sondern das Zustandekommen der Gegenkraft als Essenz der Lenzschen Regel.<ref>{{Internetquelle | |||
| autor=Grüninger, Landesbildungsserver | | autor=Grüninger, Landesbildungsserver | ||
| url=http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/physik/online_material/e_lehre_2/lenz/lenzregel.htm | | url=http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/physik/online_material/e_lehre_2/lenz/lenzregel.htm | ||
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}}</ref> | }}</ref> | ||
In gleicher Weise erzeugen [[Elektrischer Generator|Generatoren]] Spannung und lassen Ströme fließen, wodurch sie mechanische in elektrische | In gleicher Weise erzeugen [[Elektrischer Generator|Generatoren]] Spannung und lassen Ströme fließen, wodurch sie mechanische in elektrische Energie umformen, während beim [[Elektromotor]] umgekehrt Spannung und Strom so gerichtet sind, dass elektrische Energie aufgenommen und als verrichtete mechanische Arbeit wieder abgegeben wird. | ||
== Wirkungsprinzip == | == Wirkungsprinzip == | ||
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== Beispiele == | == Beispiele == | ||
=== Definition der Maßeinheit Ampere === | === Historische Definition der Maßeinheit Ampere === | ||
[[Datei:AtractionTwoWires.svg|mini|rechts|Kraftwirkung auf zwei gerade benachbarte Leiter]] | [[Datei:AtractionTwoWires.svg|mini|rechts|Kraftwirkung auf zwei gerade benachbarte Leiter]] | ||
Die Lorentzkraft | Die Lorentzkraft war von 1948 bis 2019 Grundlage der international gültigen Definition der [[SI-Einheit|SI-Basiseinheit]] [[Ampere]]: | ||
: Ein Ampere ist ''„die Stärke eines zeitlich unbegrenzt unveränderlichen elektrischen Stroms, der durch zwei parallel im Abstand von 1 m im Vakuum angeordnete geradlinige, unendlich lange Leiter mit vernachlässigbar kleinem, | : Ein Ampere ist ''„die Stärke eines zeitlich unbegrenzt unveränderlichen elektrischen Stroms, der durch zwei parallel im Abstand von 1 m im Vakuum angeordnete geradlinige, unendlich lange Leiter mit vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem Querschnitt fließend, elektrodynamisch die Kraft von <math>2 \cdot 10^{-7}</math> N je m Leiterlänge zwischen diesen Leitern hervorrufen würde.“'' | ||
Der Betrag der Kraft ergibt sich nach dem [[Ampèresches Kraftgesetz|Ampèreschen Kraftgesetz]] für zwei gerade, benachbarte und dünne Linienleiter. Bei zwei Leitern, die jeweils vom Strom <math>I_1</math> bzw. <math>I_2</math> mit einem gegenseitigen Abstand <math>r</math> durchflossen werden, beträgt die längenbezogene magnetische Lorentzkraft <math>F'_{12}</math>: | Der Betrag der Kraft ergibt sich nach dem [[Ampèresches Kraftgesetz|Ampèreschen Kraftgesetz]] für zwei gerade, benachbarte und dünne Linienleiter. Bei zwei Leitern, die jeweils vom Strom <math>I_1</math> bzw. <math>I_2</math> mit einem gegenseitigen Abstand <math>r</math> durchflossen werden, beträgt die längenbezogene magnetische Lorentzkraft <math>F'_{12}</math>: | ||
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:<math>F'_{12} = \frac {\mu_0}{ 2 \pi} \frac {I_1 I_2 } {r}</math> | :<math>F'_{12} = \frac {\mu_0}{ 2 \pi} \frac {I_1 I_2 } {r}</math> | ||
Bei einem Leiterabstand <math>r = 1 \mathrm{m}</math> und einen Strom von <math>I_1 = I_2 = 1 \mathrm{A}</math> ergibt sich pro Meter Leiterlänge die Kraft von <math>2 \cdot 10^{-7} \mathrm{N}</math> aus obiger Definition. Die resultierende Kraft ist hier anziehend, bei entgegengesetzt gerichteten Strömen wäre sie abstoßend. | Bei einem Leiterabstand <math>r = 1\,\mathrm{m}</math> und einen Strom von <math>I_1 = I_2 = 1\,\mathrm{A}</math> ergibt sich pro Meter Leiterlänge die Kraft von <math>2 \cdot 10^{-7}\,\mathrm{N}</math> aus obiger Definition. Die resultierende Kraft ist hier anziehend, bei entgegengesetzt gerichteten Strömen wäre sie abstoßend. | ||
=== Technische Anwendungen der Lorentzkraft === | === Technische Anwendungen der Lorentzkraft === | ||
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* [http://www.walter-fendt.de/ph14d/lorentzkraft.htm Java-Applet zum Experimentieren mit der Lorentzkraft] | * [http://www.walter-fendt.de/ph14d/lorentzkraft.htm Java-Applet zum Experimentieren mit der Lorentzkraft] | ||
* [http://lectureonline.cl.msu.edu/~mmp/kap21/cd533capp.htm Ein weiteres Modell, bei dem <math>q,\,v</math> und <math>B</math> variiert werden können] | * [http://lectureonline.cl.msu.edu/~mmp/kap21/cd533capp.htm Ein weiteres Modell, bei dem <math>q,\,v</math> und <math>B</math> variiert werden können] | ||
* [ | * [https://www.leifiphysik.de/elektrizitaetslehre/kraft-auf-stromleiter-e-motor/grundwissen/lorentz-kraft Versuche und Aufgaben zur Lorentzkraft] ([[LEIFI]]) | ||
* [http://web.mit.edu/newsoffice/2012/needleless-injections-0524.html MIT-News-Artikel über Lorentzkraft-Injektor] | * [http://web.mit.edu/newsoffice/2012/needleless-injections-0524.html MIT-News-Artikel über Lorentzkraft-Injektor] | ||
Die Lorentzkraft ist die Kraft, die eine Ladung in einem magnetischen oder elektrischen Feld erfährt. Ein Magnetfeld übt dabei Kraft auf bewegte Ladungen aus, während ein elektrisches Feld auf bewegte und unbewegte Ladungen gleichermaßen wirkt. Sie ist nach dem niederländischen Mathematiker und Physiker Hendrik Antoon Lorentz benannt.
Die magnetische Komponente der Kraft ist am größten, wenn die Bewegungsrichtung der Ladung senkrecht zu den magnetischen Feldlinien verläuft, und gleich Null, wenn sich die Ladung entlang einer Feldlinie bewegt. Sie wirkt immer senkrecht zur Bewegungsrichtung der Ladung und zu den Magnetfeldlinien. Ihre Wirkungsrichtung kann mit der Drei-Finger-Regel bestimmt werden. Für negative Ladungen verwendet man die linke, für positive Ladungen die rechte Hand.
Eine Erklärung der Lorentzkraft, die letztlich auf die elektrostatische Anziehung zurückgeführt wird, liefert die Spezielle Relativitätstheorie.
Die Form des Induktionsgesetzes in On physical lines of force (1861) oder Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes (1864) von James Clerk Maxwell enthält aus heutiger Sicht einen Anteil, der als Vorläufer der Lorentzkraft betrachtet werden kann. Die eigentliche Behandlung der auf bewegte Punktladungen in Magnetfeldern wirkenden Kräfte erfolgte erst 1881 durch J. J. Thomson.[1] Bei ihm tritt noch ein fehlerhafter Vorfaktor ½ auf. Die korrekte Form der Lorentzkraft leiteten Oliver Heaviside (1889)[2] und Hendrik Antoon Lorentz (1895)[3] ab.[4]
Bewegt sich eine elektrische Ladung $ q $ mit der Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ durch ein elektromagnetisches Feld, ist die insgesamt auf die Ladung wirkende Lorentzkraft im weiteren Sinne:
$ {\vec {F_{\text{E}}}} $ und $ {\vec {F_{\text{B}}}} $ sind dabei die elektrische und magnetische Komponente der Lorentzkraft im weiteren Sinne, $ {\vec {E}} $ die elektrische Feldstärke, $ {\vec {B}} $ die magnetische Flussdichte und das Zeichen $ \times $ das des Vektor- oder Kreuzprodukts der beteiligten Vektoren.
Der resultierende Vektor eines Kreuzprodukts steht stets senkrecht auf beiden Ausgangsvektoren, und das Skalarprodukt orthogonaler Vektoren ist gleich 0. Daraus ergibt sich für den Fall eines nicht vorhandenen äußeren elektrischen Felds ($ E=0 $):
Betrachtet man dagegen, wie in älteren Physik-Lehrbüchern üblich, als Lorentzkraft im engeren Sinne allein die magnetische Komponente der obigen Gesamtkraft $ {\vec {F}} $, gilt für ihre Berechnung entsprechend die Formel:
Die in solchem Fall ebenfalls separat betrachtete elektrische Komponente der Lorentzkraft im weiteren Sinne wird dann als Coulombkraft bezeichnet und wie folgt berechnet:
Die Formelzeichen $ {\vec {F_{\text{B}}}} $ und $ {\vec {F_{\text{L}}}} $ bzw. $ {\vec {F_{\text{E}}}} $ und $ {\vec {F_{\text{C}}}} $ bezeichnen dabei jeweils einander Entsprechendes, wobei man der Klarheit der Schreibweise wegen nach Möglichkeit die eine oder die andere Konvention beibehalten sollte.
Im Unterschied zu der obigen Schreibweise der Formel für die Lorentzkraft $ {\vec {F_{\text{L}}}} $, die auf dem in der Elektrotechnik und den experimentellen Naturwissenschaften üblichen Internationalen Maßsystem basiert, schreibt man in der theoretischen Physik und allgemeiner besonders in England und den USA für dieselbe Kraft in den äquivalenten, aber leicht verschiedenen cgs-Einheiten
bzw. für die Lorentzkraft im weiteren Sinn[5]
wobei die Größen $ q_{\text{cgs}} $ und $ {\vec {B}}_{\text{cgs}} $ sowie $ {\vec {E}}_{\text{cgs}} $ den entsprechenden SI-Größen weitgehend äquivalent sind, man sie also der Einfachheit halber meist ohne spezielle Indizes ebenfalls als $ q $ und $ {\vec {B}} $ sowie $ {\vec {E}} $ bezeichnet. Es gelten jedoch die Transformationsformeln:
mit der dimensionsbehafteten Dielektrizitätskonstanten im Vakuum $ \varepsilon _{0} $ (für die systematische Umrechnung von Größen in SI-Einheiten ins cgs-System und umgekehrt siehe den entsprechenden Abschnitt im Artikel über die Maxwellschen Gleichungen).
Die Bezeichnung „Lorentzkraft“ wird nicht einheitlich verwendet. Ältere Lehrwerke[6] unterscheiden meist zwischen der Lorentzkraft im engeren Sinne $ {\vec {F_{\text{L}}}} $ und der Coulombkraft $ {\vec {F_{\text{C}}}} $. Erstere wird von magnetischen Feldern auf bewegte Ladungen ausgeübt, letztere von elektrischen Feldern auf bewegte oder unbewegte Ladungen. Die neuere Literatur fasst beide Kräfte meist als magnetische Komponente $ {\vec {F_{\text{B}}}} $ und elektrische Komponente $ {\vec {F_{\text{E}}}} $ der Gesamtkraft $ {\vec {F_{\text{B}}}}+{\vec {F_{\text{E}}}} $, der Lorentzkraft im weiteren Sinne, auf.
Als bewegte Punktladungen werden kleine freie Ladungen wie etwa Elektronen, Protonen oder andere geladene Elementarteilchen sowie Alphateilchen und andere Ionen betrachtet, die sich frei im Raum, z. B. im Vakuum oder in einer Salzlösung, bewegen können.
Da die Richtung der Lorentzkraft vom Vorzeichen der Ladung $ q $ abhängt, werden entgegengesetzt geladene Punktladungen gleicher Bewegungsrichtung in entgegengesetzte Richtungen abgelenkt. Bewegen sich die entgegengesetzt geladenen Punktladungen dagegen außerdem (z. B. in einer Salzlösung, an die man eine elektrische Spannung gelegt hat) in entgegengesetzte Richtungen, ist die Richtung ihrer magnetischen Ablenkung wieder dieselbe[7] (siehe nebenstehende Abbildungen).
Der Betrag der Lorentzkraft ergibt sich dabei aus
zu
mit $ \alpha $ als dem Winkel zwischen der Bewegungsrichtung von q und der Richtung des Magnetfelds bzw. seiner Flussdichte $ {\vec {B}} $.
Bewegt sich die Punktladung genau senkrecht zum Magnetfeld, gilt $ \sin \alpha =1 $, also:
Der Geschwindigkeitsfilter nach Wien beruht auf Kräftegleichgewicht zwischen Lorentzkraft und Coulombkraft.
Die Lorentzkraft ist das zentrale Bindeglied zwischen Elektrizität und Mechanik. Fließt Strom durch einen Leiter, der quer oder schräg zu den Feldlinien eines ihn umgebenden Magnetfelds liegt, dann lässt sich eine Kraftwirkung auf den Leiter feststellen. Die Auslenkung im Leiterschaukelversuch oder die Messungen beim Stromwaagen-Experiment verdeutlichen dies. Die Kraftwirkung leitet sich dabei aus der auf eine bewegte Punktladung wirkenden Lorentzkraft her; diese wirkt auf die einzelnen Ladungsträger im Leiter.
Um die genannten Vorgänge rechnerisch zu erfassen, werde der Einfachheit halber zunächst ein gerades Stück Draht der gerichteten Länge $ {\vec {\ell }} $ betrachtet, das in einem zeitlich konstanten homogenen äußeren Magnetfeld der Flussdichte $ B $ liegt. Durch den Draht fließe ein ebenfalls zeitlich konstanter Strom der Stärke $ I $, sodass seine Leitungselektronen sich mit der gleichbleibenden Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ durch den Draht bewegen und dabei in der Laufzeit $ t $ die Gesamtladung
mit der Geschwindigkeit
transportieren. Wegen $ q\,{\vec {v}}=I\,{\vec {\ell }} $ ist damit die Summe der Lorentzkräfte auf alle am Stromfluss beteiligten Leitungselektronen und damit auf das Drahtstück als Ganzes
Die zugehörige Betragsgleichung lautet dann
mit $ \alpha $ als dem Winkel zwischen der Längsrichtung des Drahtes und der Richtung der magnetischen Flussdichte $ {\vec {B}} $.
Verläuft der Draht genau senkrecht zum Magnetfeld, ist $ \sin \alpha =1 $ und die Gleichung vereinfacht sich zu
Für gekrümmte Leiter muss die Kraftwirkung durch Integration berechnet werden, indem das Magnetfeld nur für infinitesimal kleine Stücke $ \mathrm {d} {\boldsymbol {\vec {\ell }}} $ des Leiters als konstant angesehen wird. Damit ergibt sich folgende Formel:
Verknüpft man die Formel für die Lorentzkraft auf stromdurchflossene Leiter mit dem Biot-Savart-Gesetz für das Magnetfeld um stromdurchflossene Leiter, so ergibt sich eine Formel für die Kraft, die zwei stromdurchflossene dünne Leiter aufeinander ausüben, was in der Literatur auch als ampèresches Kraftgesetz (nicht zu verwechseln mit dem ampèreschen Gesetz) bezeichnet wird.[8]
Wenn die beiden Leiter dünn sind und einander parallel gegenüberliegen wie die gegenüberliegenden Seiten eines Rechtecks, dann ergibt sich die schon von der Ampère-Definition her bekannte einfache Formel für den Kraftbetrag $ F_{12} $ der aufeinander wirkenden (nach dem Wechselwirkungsprinzip gleich großen) Kräfte:
Dabei ist $ \ell $ die (bei beiden Leitern gleich große) Länge der Leiter, $ r $ ihr gegenseitiger Abstand und $ I_{1},\,I_{2} $ sind die Stromstärken in den beiden Leitern.
Des Weiteren erklärt die Lorentzkraft die Umwandlung mechanischer Bewegung in elektrische Spannung. Dabei ergibt sich mittels der Lorentzkraft eine alternative Herleitung der elektromagnetischen Induktion statt über die Flussänderung.[9]
Der Einfachheit halber sei wieder ein gerades Stück Draht der Länge $ l $ betrachtet, das nun mit der konstanten Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ quer durch ein senkrecht zu ihm verlaufendes zeitlich konstantes homogenes äußeres Magnetfeld der Flussdichte $ B $ geschoben werde, also so, dass die Längsrichtung des Drahtes dabei außerdem senkrecht auf $ {\vec {v}} $ steht.
Wie weiter oben erläutert, halten sich in diesem Fall zwei Kräfte die Waage, zum einen die Lorentzkraft $ {\vec {F_{\text{L}}}} $, die die Leitungselektronen des Drahtes in Richtung eines seiner beiden Enden verschiebt, zum anderen die auf die Leitungselektronen wirkende Coulombkraft $ {\vec {F_{\text{C}}}} $ aufgrund der durch die Ladungstrennung zwischen beiden Leiterenden induzierten elektrischen Spannung:
Herauskürzen der, wie zu sehen, hier gänzlich unerheblichen Gesamtladung $ q $ und skalare Multiplikation mit dem Vektor der gerichteten Leiterlänge $ {\vec {\ell }} $ liefert schlussendlich die Gleichung für die gesuchte Induktionsspannung $ U_{\text{ind}} $:
Sind die drei Vektoren, wie eingangs verlangt, paarweise senkrecht zueinander, vereinfacht sich das Spatprodukt l·(v×B), sodass sich die bekannte Formel
ergibt (siehe dazu auch den Artikel Leiterschaukel).
Überbrückt man nun beide Enden des bewegten Leiters mit einem ohmschen Widerstand der Größe R, der dagegen nicht gegenüber dem Magnetfeld bewegt wird, entsteht eine geschlossene Leiterschleife, über die sich die Induktionsspannung ausgleichen kann, sodass diese und das Produkt $ I_{\text{ind}}\cdot R $ also gemäß der Kirchhoffschen Maschenregel die Summe 0 liefern:
Der durch den geschlossenen Stromkreis fließende Strom erzeugt nun eine weitere Lorentzkraft FL2, die der ursprünglichen Bewegungsrichtung entgegenwirkt:
Ist der Widerstand R der Leiterschleife dabei unendlich groß, z. B. der Stromkreis offen, ist keine Gegenkraft FL2 zu spüren – wird R dagegen, z. B. in Supraleitern, unendlich klein, verhindert sie damit praktisch jegliche Bewegung.
Die Lorentzkraft erklärt somit nicht nur die Ladungstrennung, mit der die Induktionsspannung entsteht, sondern das Zustandekommen der Gegenkraft als Essenz der Lenzschen Regel.[10]
In gleicher Weise erzeugen Generatoren Spannung und lassen Ströme fließen, wodurch sie mechanische in elektrische Energie umformen, während beim Elektromotor umgekehrt Spannung und Strom so gerichtet sind, dass elektrische Energie aufgenommen und als verrichtete mechanische Arbeit wieder abgegeben wird.
Die Lorentzkraft ergibt sich in der lagrangeschen Formulierung der Bewegung eines geladenen Teilchens der Ladung $ q $ und der Masse $ m $ aus der Lagrangefunktion
Hierbei sind $ \Phi ({\vec {x}},t) $ und $ {\vec {A}}({\vec {x}},t) $ das skalare Potential und das Vektorpotential, die zu der elektrischen Feldstärke
und der magnetischen Flussdichte
gehören.
Das Prinzip der stationären Wirkung führt auf die Euler-Lagrange-Gleichungen
Die Auswertung der in den Nabla-Operatoren vorkommenden partiellen Ableitungen liefert:
Dabei ist der erste Term in den runden Klammern der (kinetische) Impuls (während der gesamte Ausdruck in den ersten runden Klammern den generalisierten Impuls beschreibt) eines sich mit der Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ bewegenden Teilchens:
Die totale zeitliche Ableitung des Vektorpotentials, das explizit von der Zeit und von allen Ortskoordinaten abhängig ist, lautet unter Benutzung der Vektorrelation $ {\vec {v}}\times (\nabla \times {\vec {A}})=\nabla ({\vec {v}}\cdot {\vec {A}})-({\vec {v}}\cdot \nabla ){\vec {A}} $:
Eingesetzt ergibt sich:
Somit erhält man die Bewegungsgleichung in Abhängigkeit von E und B:
Die Lorentzkraft war von 1948 bis 2019 Grundlage der international gültigen Definition der SI-Basiseinheit Ampere:
Der Betrag der Kraft ergibt sich nach dem Ampèreschen Kraftgesetz für zwei gerade, benachbarte und dünne Linienleiter. Bei zwei Leitern, die jeweils vom Strom $ I_{1} $ bzw. $ I_{2} $ mit einem gegenseitigen Abstand $ r $ durchflossen werden, beträgt die längenbezogene magnetische Lorentzkraft $ F'_{12} $:
Bei einem Leiterabstand $ r=1\,\mathrm {m} $ und einen Strom von $ I_{1}=I_{2}=1\,\mathrm {A} $ ergibt sich pro Meter Leiterlänge die Kraft von $ 2\cdot 10^{-7}\,\mathrm {N} $ aus obiger Definition. Die resultierende Kraft ist hier anziehend, bei entgegengesetzt gerichteten Strömen wäre sie abstoßend.