Kohlenstoffnanoröhre

Kohlenstoffnanoröhre

Schematische Darstellung der räumlichen Struktur einer Kohlenstoffnanoröhre

Kohlenstoffnanoröhren, auch CNT (englisch carbon nanotubes), sind mikroskopisch kleine röhrenförmige Gebilde (molekulare Nanoröhren) aus Kohlenstoff.

Ihre Wände bestehen wie die der Fullerene oder wie die Ebenen des Graphits – eine einzelne Ebene des Graphits wird als Graphen bezeichnet – nur aus Kohlenstoff, wobei die Kohlenstoffatome eine wabenartige Struktur mit Sechsecken und jeweils drei Bindungspartnern einnehmen (vorgegeben durch die sp2-Hybridisierung). Der Durchmesser der Röhren liegt meist im Bereich von 1 bis 50 nm, es wurden aber auch Röhren mit nur 0,4 nm Durchmesser hergestellt. Längen von bis zu einem halben Meter für einzelne Röhren und bis zu 20 cm für Röhrenbündel wurden bereits erreicht.[1][2]

Man unterscheidet zwischen ein- und mehrwandigen, zwischen offenen oder geschlossenen Röhren (mit einem Deckel, der einen Ausschnitt aus einer Fullerenstruktur hat) und zwischen leeren und gefüllten Röhren (beispielsweise mit Silber, flüssigem Blei oder Edelgasen).

Eigenschaften

3D-Modell von drei verschiedenen Kohlenstoffröhren

Je nach Detail der Struktur ist die elektrische Leitfähigkeit innerhalb der Röhre metallisch oder halbleitend; es sind auch Kohlenstoffröhren bekannt, die bei tiefen Temperaturen supraleitend sind. Transistoren und einfache Schaltungen wurden bereits mit den halbleitenden Kohlenstoffnanoröhren hergestellt. Die Forschung sucht nun nach Möglichkeiten, komplexe Schaltkreise aus verschiedenen Kohlenstoffnanoröhren gezielt herzustellen. Ein freitragender, einwandiger CNT (SWCNT) hat einen Durchmesser zwischen 0.4[3] und 6 Nanometer und eine variable Länge von bis zu mehreren Mikrometern.

Die mechanischen Eigenschaften von Kohlenstoff-Nanoröhren sind überragend:

Einwandige CNTs haben eine Dichte von 1,3 bis 1,4 g/cm³, mehrwandige CNTs (MWCNT) von 1,8 g/cm3 [4] und eine Zugfestigkeit von 30 GPa bei einwandiger und bis zu 63 GPa bei mehrwandiger Ausführung.[5][6] Stahl hat eine Dichte von rund 7,85 g/cm³ und eine maximale Zugfestigkeit von 2 GPa. Daraus ergibt sich für mehrwandige CNTs rechnerisch ein ca. 135-mal so gutes Verhältnis von Zugfestigkeit zu Dichte (Reißlänge) wie für Stahl. Allerdings sind solche Rechenbeispiele nur rein theoretischer Natur – beispielsweise für den Weltraumlift. Praktisch wäre ein Vergleich mit der Kohlenstofffaser oder einer Stahlfaser aussagekräftiger, da ähnliche Mechanismen (Größeneffekt, Orientierung) die Zugfestigkeit in die Höhe treiben. Der Elastizitätsmodul liegt bei bis zu 1 TPa. Stahl besitzt einen Elastizitätsmodul von 210 GPa, somit liegt der von CNTs ca. 5-mal so hoch. Das gilt jedoch nur für relativ kleine Abschnitte von Kohlenstoffnanoröhren (wenige mm).

Für die Elektronikindustrie sind vor allem die Strombelastbarkeit und die Wärmeleitfähigkeit interessant: Erstere beträgt schätzungsweise das 1000fache der Belastbarkeit von Kupferdrähten, letztere ist bei Raumtemperatur mit 6000 W/(m·K) mehr als 2,5-mal so hoch wie die von natürlichem Diamant mit 2190 W/(m·K),[7] dem besten natürlich vorkommenden Wärmeleiter. Da CNTs auch Halbleiter sein können, lassen sich aus ihnen Transistoren fertigen, die höhere Spannungen und Temperaturen als Siliziumtransistoren aushalten. Erste experimentelle, funktionsfähige Transistoren aus CNTs wurden bereits hergestellt.

Anwendungen der Nanoröhren

Schematische animierte Darstellung der Struktur einer mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhre

Bisher sind bis auf wenige Nischen noch keine Anwendungen für Nanoröhren in der industriellen Produktion beziehungsweise in Produkten am Markt. Allerdings sind theoretische Einsatzgebiete für das sogenannte Buckypapier erforscht/denkbar. In der universitären und industriellen Forschung werden verschiedene Applikationen entwickelt:

Transistoren aus Nanoröhren

Struktur eines CNTFET, Objekt der Forschung

Dabei wird die halbleitende Eigenschaft von CNTs ausgenutzt. An jedem Ende der Röhre befindet sich eine Elektrode (Source/Drain), um die Röhre herum ist die Steuerelektrode des Transistors angeordnet. Bei prinzipiell gleicher Funktionsweise wie ein MOSFET erhofft man sich bessere Leistung. Feldeffekttransistoren mit Nanoröhren-Technologie werden als Kohlenstoff-Nanoröhren-Feldeffekttransistor (CNTFET) bezeichnet.

Nanoröhrenspeicher

Mit Hilfe von CNTs können nichtflüchtige Datenspeicher realisiert werden. Dabei werden die Nanoröhren zwischen zwei Elektroden angeordnet. Ein elektrisches Feld zwischen den beiden Elektroden lässt die Nanoröhre sich bleibend zusammenziehen oder strecken. Im gestreckten Zustand stellt sie einen elektrischen Kontakt zu einer Substratelektrode dar und ermöglicht so einen Stromfluss. Laborversuche zeigen Schaltzeiten im Bereich von SRAM-Geschwindigkeiten.

Abgesehen von diesen Speichern, bei denen die Nanoröhre das Wirkprinzip realisiert, wird auch die Realisierung der Kapazität bei konventionellen DRAMs durch CNTs erforscht.

Nanoröhren für Displays

Es lassen sich Felder von parallel aufgestellten Nanoröhren herstellen und die prinzipielle Eignung als Bauteil für flache und selbstleuchtende Feldemissionsbildschirme wurde bereits demonstriert: Dabei dienen die scharfen Spitzen der Nanoröhren als Quelle für Elektronen durch Feldemission (winzige Elektronenkanone, Kaltkathode schon bei relativ geringen Spannungen), die wie beim herkömmlichen Fernsehgerät gegen einen Leuchtschirm beschleunigt werden.

Nanoröhren für Messtechnik

CNTs werden auch als Spitzen für leistungsfähige Rastertunnelmikroskope (RTM) verwendet, die bereits im Handel verfügbar sind und gegenüber konventionellen RTM die Auflösung um den Faktor 10 verbessern.

Nanoröhren zur Verbesserung von Kunststoffen

Nanoröhren werden mit herkömmlichem Kunststoff gemischt, wodurch die mechanischen Eigenschaften der Kunststoffe verbessert werden. So konnte beispielsweise in Zugversuchen an einem Komposit aus Polyethylen und CNT bei einem CNT-Anteil von 1 % eine Verstärkung um 25 % gegenüber dem homopolymeren Polyethylen gemessen werden.[8] Völkl lieferte eine erste Serie von 60.000 Tennisschlägern aus.

Außerdem ist es möglich, elektrisch leitende Kunststoffe herzustellen. Forschungsarbeiten am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden zeigen, dass die Zugabe von nur 0,04 % CNT ausreicht, um einen Kunststoff elektrisch leitfähig zu machen.[9] Damit sind CNT herkömmlichen Leitfähigkeitsrußen in diesem Punkt überlegen.

Bei der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen werden Nanoröhren auf den Fasern gezüchtet, um deren Anbindung an das umgebende Harz, die Matrix, zu verbessern. Daraus resultieren erhebliche Verbesserungen der mechanischen Eigenschaften.

Nanoröhren für Flugzeuge

Lockheed Martin verwendet für das Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug F-35 Nanoröhren, um das Gewicht zu reduzieren.[10] Um die Testphase für die Maschine nicht zu stark zu verlängern, wurden diese allerdings nur bei Teilen verwendet, die nicht oder nur wenig belastet werden, da hier die Zulassung neuer Techniken schneller erreicht werden kann. Aus rein technischer Sicht sei es aber laut Travis Earles, dem Abteilungsleiter für Nanotechnologie des Unternehmens, kein Problem, diese auch bei stärker belasteten Komponenten einzusetzen.

Kohlenstoff-Nanoröhren für mechanische Nutzanwendungen

Durch die Einschließung von Paraffin in die einzelnen Kohlenstoff-Nanoröhren (CNTs) kann ein Nanogarn aus Kohlenstoffnanoröhren hohe Gewichte anheben: Die gefüllten Nanoröhren werden zu einem geraden Garn oder zu einem gedrehten Garn gewickelt. Sie haben beide unterschiedliche Nutzanwendungen; der Antrieb ist der gleiche. Das Paraffin schmilzt bei Erhitzung und dehnt die CNT in ihrer Breite aus. Dadurch wird das Volumen der Nanoröhre erhöht und die CNT verkürzt sich. Für diesen Reaktionsablauf braucht die Nanoröhre nur eine 25-Tausendstel-Sekunde (40 µs). Das betrifft jedoch nur die CNT. Ob sich ein Schmelz-/Abkühlungszyklus in einer entsprechenden Geschwindigkeit realisieren lässt, bedarf (insbesondere bei ausgedehnteren Strukturen) der Untersuchung (Stand 2012). Eine rotierende Bewegung wird durch das gedreht gesponnene Garn möglich, indem sich die CNTs ebenso verkürzen. Aufgrund der schnellen Reaktion des Paraffins und der Stabilität des Einbaus in die Kohlenstoffstruktur ist das Garn in der Lage, im Durchschnitt an die 11.500 Umdrehungen die Minute durchzuführen. Abkühlung bringt das Nanogarn in die Grundposition.

Nanoröhren in dual wirkender elektrochemischer Batterie und gleichzeitiger CO2-Absorption

Forscher des Massachusetts Institute of Technology haben eine Batterie konstruiert, die beim Laden quasi als interessanten Nebeneffekt Kohlendioxid aus Abgas oder Luft einfängt und beim Entladen wieder abgibt.[11]

Weitere potenzielle Anwendungen

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Ganze Bündel von Nanoröhren wurden bereits zu Fäden oder Matten verarbeitet, die als Werkstoff verwendet werden sollen. Bündel von Nanoröhren, die in einem Elektrolyt elektrisch aufgeladen werden, können auch als Aktor wirken.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hatte im März 2011 veröffentlicht, dass es einen deutlichen Fortschritt bei der Erstellung von zyklenstabilen Lithiumakkus auf Basis von Kohlenstoffnanoröhrchen verzeichnen konnte.[12] Gegenüber herkömmlichen Lithiumakkus sei eine Verdoppelung der Kapazität erreicht worden.

Herstellen von extrem schwarzen Oberflächen: Einer amerikanischen Forschergruppe ist es gelungen, mit Hilfe von Nanoröhren das derzeit dunkelste Material herzustellen. Es ist ein Viertel so hell wie die derzeitige Schwarzreferenz (0,16 % Reflexion) aus einem Nickel-Phosphor-Gemisch, wobei der Körper noch eine spezielle Oberflächenstruktur hat. Das neue Material, eine Oberfläche, die mit unterschiedlich langen Nanoröhren dicht besetzt ist, reflektiert nur 0,045 % des einfallenden Lichtes.[13] Potenzielle Einsatzbereiche des neuen Materials wären beispielsweise Sonnenkollektoren und die Abschirmung von Funkwellen in einem sehr breiten Frequenzbereich.

Chips und Computer

In der Halbleitertechnik wird auch der Einsatz von Nanoröhren als metallische Verbindung, z. B. in Form von vertikalen Kontakten, erforscht, um damit Elektromigrationsprobleme zu umgehen. Durch die Kombination zweier Nanoröhren verschiedenen Durchmessers und mit unterschiedlichen elektrischen Eigenschaften lassen sich Dioden erzeugen. Man hofft, auf diese Art später ganze Computerschaltungen aus Nanoröhren herstellen zu können.

Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie ist es in Zusammenarbeit mit dem DFG-Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) gelungen, eine Nanoröhre als elektronischen Schalter zu nutzen. Durch Beschuss mit einem Elektronenstrahl lässt sich die Leitfähigkeit einer Nanoröhre lokal auf ein 1000stel herabsetzen. Ursache dafür sind sogenannte Quantendots. Der Effekt ist reproduzierbar und reversibel. Der hohe Widerstand lässt sich durch eine hohe Spannung wieder zurücksetzen. Die Nanoröhre wird bei diesem gezielten Ein- und Ausschalten nicht beschädigt.[14]

Einem Forscherteam an der Stanford University, Kalifornien unter der Leitung von Max Shulaker ist es gemäß einem Bericht im Fachmagazin Nature[15] gelungen, einen funktionsfähigen, aus 178 Transistoren bestehenden Computer auf Basis Kohlenstoffnanoröhren zu realisieren. Der Rechner kann einige einfache Zahlenoperationen und einzelne Befehlssätze aus den 1980er Jahren ausführen.[16]

Im Jahre 2014 wurde von Ken Takeuchi, Professor an der Faculty of Science and Engineering der Chuo University in Tokyo, und der Firma Nantero ein 140-nm-Single-Bit-NRAM demonstriert.[17]

Struktur der Nanoröhren

Benennungsschema Nanotubes

Kohlenstoffnanoröhren leiten sich von Graphen (einzelne Graphitschicht) ab, das zu einer Röhre aufgerollt ist: Die Kohlenstoffatome bilden eine wabenartige Struktur mit Sechsecken und jeweils drei Bindungspartnern. Röhren mit ideal hexagonaler Struktur haben eine einheitliche Dicke und sind linear; es sind aber auch geknickte oder sich verengende Röhren möglich, die fünfeckige Kohlenstoffringe enthalten. Je nachdem, wie das Wabennetz des Graphits zur Röhre gerollt wird („gerade“ oder „schräg“), entstehen helikale (schraubenartig gewundene) und auch nicht-spiegelsymmetrische, das heißt chirale Strukturen. In der Literatur wird zur Unterscheidung das Indexpaar (n, m) verwendet und zwischen drei Klassen unterschieden. Diese heißen im Englischen armchair (mit (n, n), achiral, helikal), zig-zag ((n,0), achiral, nicht-helikal) und chiral ((n, m), chiral, helikal). Die ersten beiden Namen beziehen sich auf die Form der Linie, die sich ergibt, wenn man den C-C-Bindungen entlang des Umfangs folgt.

Mit dem Indexpaar lässt sich auch bestimmen, ob die Röhre ein Halbleiter ist. Wenn $ {\tfrac {n-m}{3}} $ eine ganze Zahl ist, ist die Kohlenstoffnanoröhre metallisch, ansonsten halbleitend. Somit ist ein Drittel aller denkbarer Röhren metallisch, zu denen z. B. auch alle armchair zählen.

Entdeckung und Herstellung

Mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren (auch MWNTs, engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) wurden 1991 von Sumio Iijima mit einem Elektronenmikroskop zufällig entdeckt. Er hatte eine Lichtbogenentladung zwischen Kohlenstoffelektroden erzeugt. 1987 wurde von Karsten Pietsch ein Lichtbogenverfahren zur Metallbeschichtung entwickelt; erst im Nachhinein wurde festgestellt, dass diese Beschichtung aus parallel gewachsenen, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren besteht. Erst 1993 wurden die einwandigen Kohlenstoffnanoröhren entdeckt, Morinobu Endo (* 1946) synthetisierte schon in den 70er Jahren Kohlenstoffnanoröhren, konnte sie aber nicht beobachten und benannte sie auch nicht, machte sie aber für die Medizin als Filter nutzbar. Sie können ebenfalls im Lichtbogen hergestellt werden, wenn man Katalysatoren zusetzt. Der Nobelpreisträger Richard E. Smalley veröffentlichte 1996 ein Laserverfahren zur Herstellung von einwandigen Kohlenstoffnanoröhren (auch SWNTs, engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)). Dabei wird Graphit mit einem Laser abgetragen („verdampft“). Außerdem entstehen Nanoröhren bei der katalytischen Zersetzung von Kohlenwasserstoffen. Mit diesem CVD-Verfahren kann man ganze Felder von weitgehend parallelen Röhren auf einem Substrat aufwachsen lassen.

Jedes der drei Verfahren (Lichtbogen, Laser, CVD) ist inzwischen so weit entwickelt, dass damit größere Mengen gleichmäßiger (in Durchmesser, Länge, Defekte, Mehrwandigkeit) CNTs hergestellt werden können. Man kann heute fertige Kohlenstoffnanoröhren von verschiedenen Herstellern in Gramm-Mengen kaufen.

Entfernung von Katalysatoren

Nanoskalige Metallkatalysatoren sind wichtige Bestandteile vieler effizienter Syntheseverfahren für CNTs, speziell der CVD-Synthese. Sie erlauben zudem ein gewisses Maß an Kontrolle über die Struktur und Chiralität der gebildeten CNTs.[18] Während der Synthese können Katalysatoren kohlenstoffhaltige Verbindungen in röhrenförmigen Kohlenstoff verwandeln, werden dabei in der Regel jedoch auch selbst von teilgraphitischen Kohlenstoffschichten verkapselt. Auf diese Weise können sie zu einem Bestandteil des resultierenden CNT-Produkts werden.[19] Derartige metallische Verunreinigungen können jedoch für viele Anwendungen von CNTs problematisch sein. Katalysatormetalle wie Nickel, Kobalt oder Yttrium können z. B. toxikologische Bedenken wecken.[20] Während unverkapselte Katalysatormetalle verhältnismäßig einfach mit Mineralsäuren ausgewaschen werden können, erfordern mit Kohlenstoff verkapselte Katalysatorpartikel einen vorgeschalteten oxidativen Verfahrensschritt zum Öffnen ihrer Kohlenstoffhülle.[21] Eine effektive Entfernung von Katalysatoren, speziell verkapselten, unter Erhalt der CNT-Struktur stellt daher in der Regel eine verfahrenstechnische Herausforderung dar. Sie wurde für viele CNT-Qualitäten untersucht und individuell optimiert.[22][23] Ein neuer Ansatz, solche Verkapselungen aufzubrechen und metallhaltige Katalysatoren zu verdampfen, besteht in einer extrem schnellen Erhitzung von CNTs und ihren Verunreinigungen in einem thermischen Plasmastrahl.[24]

Gesundheitliche Auswirkungen

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Bisher noch nicht ausreichend erforscht sind gesundheitsbeeinträchtigende, sogenannte nanotoxische Effekte, die im Zusammenhang mit Kohlenstoffnanoröhren aufgetreten sind. Eine Argumentation weist auf die längliche räumliche Struktur hin, die der von Asbest ähnelt.[25][26] Studien, die auf Tierversuchen basieren, zeigen unterschiedliche Ergebnisse, etwa in Bezug auf Entzündungsreaktionen im Lungengewebe von Mäusen. In neueren Arbeiten zu den toxischen Wirkungen von Kohlenstoffnanoröhren finden die bei der Synthese verbleibenden metallischen Rückstände (Kobalt, Nickel, Molybdän und Eisen) aus dem Katalysator immer mehr Beachtung. Es scheint, als gingen die akut toxischen Reaktionen auf diese Verunreinigungen zurück. Aufgereinigte Präparationen von CNTs zeigen keine akuten toxischen Effekte. Durch Zusätze von verzweigten „Antennen“ mit Carboxyl(-COO–)-Gruppen auf den Fullerenen (zu dessen Unterarten auch Kohlenstoffnanoröhren gehören) werden hydrophile Fullerene geschaffen, die sogar nervenzellschützend wirken sollen. Die Bedingung dafür ist wieder die Reinheit des Fullerens bzw. der Kohlenstoffnanoröhre (keine Metalle, Radikale usw.).[27] Pathologische Veränderungen, wie etwa die Ausbildung von Wucherungen in der Lunge, scheinen jedoch von CNTs ausgelöst zu werden, was ihnen ein durchaus schädliches Potenzial bescheinigt. Trotz der anhaltenden Kontroverse, die in begrenztem Umfang auch die Öffentlichkeit zu erreichen beginnt, lief Anfang 2004 die großindustrielle Produktion von CNTs an.

Industrielle Verwirklichung

Ende Januar 2009 haben sich in Leverkusen 80 Partner aus Industrie und Forschung zur Innovationsallianz Inno.CNT zusammengeschlossen.[28] Unmittelbar vor ihrer Auftaktveranstaltung hat die Bayer AG den Grundstein für die weltgrößte Pilot-Produktionsanlage für Kohlenstoff-Nanoröhren gelegt, die seit Januar 2010 in Betrieb ist und 22 Millionen Euro gekostet hat. Sie hat eine Produktionskapazität von etwa 200 Tonnen jährlich.[29] 2013 wurde der Betrieb von Bayer eingestellt, da er nicht zum restlichen Portfolio des Konzerns passte.[30]

Siehe auch

  • Carbon Nanobud
  • Chemie der Kohlenstoffnanoröhren
  • Aerographit

Weblinks

Commons: Kohlenstoffnanoröhre – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Ron Dagani: Nanotube Strands Are Centimeters Long. In: Chemical & Engineering News. Band 80, Nr. 18, 2002, S. 11 (acs.org).
  2. R. Zhang, Y. Zhang, Q. Zhang, H. Xie, W. Qian, F. Wei: Growth of Half-Meter Long Carbon Nanotubes Based on Schulz-Flory Distribution. In: American Chemical Society (Hrsg.): ACS Nano. Band 7, Nr. 7, 2013, S. 6156–6161, doi:10.1021/nn401995z.
  3. Abraao C. Torres-Dias, Tiago F.T. Cerqueira, Wenwen Cui, Miguel A.L. Marques, Silvana Botti: From mesoscale to nanoscale mechanics in single-wall carbon nanotubes. In: Carbon. Band 123, Oktober 2017, S. 145–150, doi:10.1016/j.carbon.2017.07.036 (elsevier.com [abgerufen am 8. November 2020]).
  4. S.H. Kim, G.W. Mulholland, M.R. Zachariah: Density measurement of size selected multiwalled carbon nanotubes by mobility-mass characterization. In: Carbon. Band 47, Nr. 5, 2009, S. 1297–1302, doi:10.1016/j.carbon.2009.01.011.
  5. Min-Feng Yu: Tensile Loading of Ropes of Single Wall Carbon Nanotubes and their Mechanical Properties. In: Physical Review Letters. Band 84, Nr. 24, 2000, S. 5552–5555, doi:10.1103/PhysRevLett.84.5552.
  6. Min-Feng Yu, Oleg Lourie, Mark J. Dyer, Katerina Moloni, Thomas F. Kelly, Rodney S. Ruoff: Strength and Breaking Mechanism of Multiwalled Carbon Nanotubes Under Tensile Load. In: Science. Band 287, Nr. 5453, 2000, S. 637–640, doi:10.1126/science.287.5453.637.
  7. T. R. Anthony: Thermal diffusivity of isotopically enriched. In: Physical Review B. Band 42, Nr. 2, 1990, S. 1104–1111, doi:10.1103/PhysRevB.42.1104.
  8. Fischer, Matthias: Analyse des mechanischen Verhaltens von Miniaturprüfkörpern aus Polyethylen-Kohlenstoffnanoröhrchen-Compositen unter Zugbelastung, Bachelorarbeit, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Physik, 2010, S. 31–32.
  9. Lockheed Martin reveals F-35 to feature nanocomposite structures
  10. Eine Batterie als CO2-Fänger, erschienen in scinexx, das wissensmagazin
  11. KIT: Neues Batteriematerial für Elektrofahrzeuge
  12. Zu-Po Yang, Lijie Ci, James A. Bur, Shawn-Yu Lin, Pulickel M. Ajayan: Experimental Observation of an Extremely Dark Material Made By a Low-Density Nanotube Array. In: Nano Letters. Band 8, Nr. 2, 2008, S. 446–451, doi:10.1021/nl072369t.
  13. KIT-Wissenschaftler entdecken unerwarteten elektronischen Effekt. Abgerufen am 18. Mai 2012.
  14. Max M. Shulaker, Gage Hills, Nishant Patil, Hai Wei, Hong-Yu Chen, H.-S. Philip Wong, Subhasish Mitra: Carbon nanotube computer. In: 501. Nature, 25. September 2013, S. 526 – 530, abgerufen am 26. September 2013 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  15. Nora Schlüter: Erster Computer aus Kohlenstoff. wissenschaft.de, 25. September 2013, abgerufen am 14. September 2019.
  16. Heinz Arnold: Nantero: Neue NRAMs gehen in Serienproduktion: Der heilige Gral der Speichertechnik - endlich gefunden? www.elektroniknet.de, 5. Juni 2015, abgerufen am 6. Juni 2015.
  17. Yamada T, Namai T, Hata K, Futaba DN, Mizuno K, Fan J, et al.: Size-selective growth of double-walled carbon nanotube forests from engineered iron catalysts. In: Nature Nanotechnology. 1. Jahrgang, 2006, S. 131–136, doi:10.1038/nnano.2006.95.
  18. MacKenzie KJ, Dunens OM, Harris AT: An updated review of synthesis parameters and growth mechanisms for carbon nanotubes in fluidized beds. In: Industrial & Engineering Chemical Research. 49. Jahrgang, 2010, S. 5323–5338, doi:10.1021/ie9019787.
  19. Jakubek LM, Marangoudakis S, Raingo J, Liu X, Lipscombe D, Hurt RH: The inhibition of neuronal calcium ion channels by trace levels of yttrium released from carbon nanotubes. In: Biomaterials. 30. Jahrgang, 2009, S. 6351–6357, doi:10.1016/j.biomaterials.2009.08.009.
  20. Hou P-X, Liu C, Cheng H-M: Purification of carbon nanotubes. In: Carbon. 46. Jahrgang, 2008, S. 2003–2025, doi:10.1016/j.carbon.2008.09.009.
  21. Ebbesen TW, Ajayan PM, Hiura H, Tanigaki K: Purification of nanotubes. In: Nature. 367. Jahrgang, 1994, S. 519, doi:10.1038/367519a0.
  22. Xu Y-Q, Peng H, Hauge RH, Smalley RE: Controlled multistep purification of single-walled carbon nanotubes. In: Nano Letters. 5. Jahrgang, 2005, S. 163–168, doi:10.1021/nl048300s.
  23. Meyer-Plath A, Orts-Gil G, Petrov S et al.: Plasma-thermal purification and annealing of carbon nanotubes. In: Carbon. 50. Jahrgang, 2012, S. 3934–3942, doi:10.1016/j.carbon.2012.04.049.
  24. Katharine Sanderson: Carbon nanotubes: the new asbestos? In: Nature News. 2008, doi:10.1038/news.2008.845.
  25. Study Says Carbon Nanotubes as Dangerous as Asbestos. In: Scientific American, 15. Februar 2008.
  26. Thorwald Ewe: Ein Wunderstoff und was aus ihm wurde Fullerene und Nanoröhren. Auf: wissenschaft.de vom 14. November 2000.
  27. Siehe Stefan Jorda: Kleine Röhrchen ganz groß. In: Physik Journal. 8, Nr. 3, 2009, S.11 (online).
  28. @1@2Vorlage:Toter Link/www.process.vogel.de(Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Fachportal process.de Beitrag) vom 11. Februar 2010, abgerufen am 19. Februar 2010.
  29. Bayer beendet Forschung an Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Abgerufen am 11. September 2019.

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