Rashba-Effekt

Rashba-Effekt

Als Rashba-Effekt (benannt nach Emmanuil Iossifowitsch Raschba) bezeichnet man eine bestimmte Kopplung des Elektronenspins an die orbitale Bewegung des Elektrons. Es handelt sich um einen wesentlichen Effekt der Spin-Bahn-Kopplung, deren Beitrag zur Elektronenenergie bekanntlich proportional ist zum Kreuzprodukt aus dem elektrischen Feld $ E $ am Ort des Elektrons und dessen Impuls $ p $, skalar multipliziert mit dem Spin $ \sigma $, $ \Delta E\approx [E\times p]\cdot \sigma $. Dabei ist es entscheidend, dass eine Inversions-Asymmetrie der Struktur des Systems vorliegt, genauer: dass das Potential, welches das Elektronen-Gas auf zwei Dimensionen einschließt (2DEG), asymmetrisch ist. Dies wurde bisher in Spin-Feldeffekttransistoren (Spin-FETs) bei tiefen Temperaturen in gewissen hochreinen Halbleiterheterostrukturen wie z. B. In0.53Ga0.47As / In0.52Al0.48As realisiert: die (extrinsische!) Beeinflussung des Spins erfolgt hier durch eine Spannung, die durch eine Gate-Elektrode gesteuert werden kann. Das elektrische Feld steht dabei senkrecht auf der Bewegungsrichtung des Elektrons, d. h. senkrecht zur betrachteten Oberfläche oder Grenzfläche, und bewirkt – klassisch betrachtet – eine Präzessionsbewegung, die die Spinausrichtung verändert. Korrekt wird die Spin-Bahn-Kopplung mittels der Dirac-Gleichung durch einen speziellen Entwicklungsterm beschrieben.

Der Rashba-Term wird oft mit dem sog. Dresselhaus-Effekt verglichen, ebenfalls einem Symmetrie-Effekt, der aber völlig intrinsisch ist und sich vom Rashba-Effekt in wesentlichen Einzelheiten unterscheidet (z. B. in der erwähnten Asymmetrie).

Bedeutung

Gegenwärtig (Ende 2010) wird der Rashba-Effekt u. a. im Zusammenhang mit dem Auftreten bestimmter topologischer Anregungen an Kristall-Oberflächen und -Grenzflächen diskutiert, z. B. im Zusammenhang mit sog. Skyrmion-Anregungen. [1]  Darüber hinaus hat der Effekt herausragende Bedeutung in der Spintronik. Auf diesem Effekt beruht das Konzept der Spin-Transistoren, an dessen Realisierung im Moment viele Halbleiterforscher arbeiten. Das Ausgangsmaterial sind dabei i. d. R. sogenannte Halbleiterheterostrukturen. Man erwartet sich von Spintransistoren eine weitere Miniaturisierung der Bauelemente und eine Verkürzung der Schaltzeiten.

Literatur

  • E. I. Rashba: Svoistva poluprovodnikov s petlei ekstremumov. I. Tsiklotronnyi i kombinirovannyi rezonans v magnitnom pole, perpendikulyarnom ploskosti petli. In: Fizika tverd. Tela. Band 2, Nr. 6. Leningrad 1960, S. 1224–1238.
    • englische Veröffentlichung: E. I. Rashba: Properties of semiconductors with an extremum loop. 1. Cyclotron and combinational resonance in a magnetic field perpendicular to the plane of the loop. In: Sov. Phys. Solid State. Band 2, 1960, S. 1109–1122.
  • Y. A. Bychkov, E. I. Rashba: Oscillatory effects and the magnetic susceptibility of carriers in inversion layers. In: Journal of Physics C-Solid State Physics. Band 17, Nr. 33, 1984, S. 6039–6045, doi:10.1088/0022-3719/17/33/015.
  • Junsaku Nitta, Tatsushi Akazaki, Hideaki Takayanagi, Takatomo Enoki: Gate Control of Spin-Orbit Interaction in an Inverted In0.53Ga0.47As/In0.52Al0.48As Heterostructure. In: Physical Review Letters. Band 78, 1997, S. 1335–1338, doi:10.1103/PhysRevLett.78.1335.

Weblinks

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Siehe z. B. eine Kolloquiumsankündigung an der Universität Regensburg: uni-regensburg.de (Memento vom 14. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF) und Christian Pfleiderer, Magnetismus mit Drehsinn, Physik Journal 11/2010, S. 25