Präzisionspendeluhr

Präzisionspendeluhr

Präzisionspendeluhren von Sigmund Riefler
links: „Type A“ mit Luftdruckkompensation
rechts: „Type D“ im Glaszylinder
Elektrische Präzisionspendeluhr von Matthäus Hipp

Die Präzisionspendeluhr ist eine ortsfeste Räderuhr, die als Zeitnormal für Zeitdienstzwecke und astronomische Beobachtungen gebaut wurde. In ihr wurde die mit einer Räderuhr im 19. und 20. Jahrhundert höchstmögliche Ganggenauigkeit verwirklicht.[1]

Die rein mechanische Präzisionsuhr wurde von Sigmund Riefler (1847–1912) perfektioniert und durch zwei Patente (Riefler-Pendel und Schwerkraft-Hemmung) bis zu Ganggenauigkeiten von unter einer Zehntelsekunde pro Tag gesteigert. Als Zeitnormal wurden Riefler-Uhren bis etwa 1965 gebaut und dann durch noch genauere Quarzuhren verdrängt.[2]

Die von William Hamilton Shortt (1881–1971) um 1921 entwickelte Shortt-Uhr erreichte durch zwei synchronisierte Pendel und deren elektrisch dosierte Reibungskompensation sogar 0,01 s/Tag.

Kriterien

Der Bau dieses Uhrentyps musste folgende Kriterien erfüllen:

  • Qualitativ hochwertiges Werk
  • Hochwertige Hemmung
  • Kompensation des Gangreglers
  • geringe Lagerreibung, evakuiertes Gehäuse
  • Klare Anzeige der Sekunde
  • Lange Laufdauer

Geschichte

England und Frankreich haben durch ihre wissenschaftlichen Gesellschaften (Royal Society und Académie des sciences) schon im 17. Jahrhundert die Naturwissenschaften gefördert und deren Ergebnisse in Journalen zeitnah verbreitet, sodass Neuerungen schnell bekannt wurden und umgesetzt werden konnten. Auf diese Weise standen sich beide Nationen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als führende Seefahrernationen in der Herstellung genau gehender Uhren konkurrierend gegenüber.

Zwar wurden alle Erfindungen im Uhrensektor durch Veröffentlichungen in Deutschland bekannt, aber moderne Techniken wurden hier erst mit großer Zeitverzögerung angewandt. Es spielte dabei einerseits die politische Situation (Dreißigjähriger Krieg), andererseits die traditionellen Einstellungen und die strengen Zunftordnungen in den Uhrmacherzentren wie Augsburg und Nürnberg eine große Rolle.[3] Der technische Durchbruch in Deutschland kam erst Anfang des 19. Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde in Deutschland eine der genausten Präzisionspendeluhren der Welt gebaut.[4][5]

Der Niedergang der Präzisionspendeluhren kam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Erfindung der Quarzuhr, deren Ganggenauigkeit gleich um drei Zehnerpotenzen besser war.

Für Sammler und Liebhaber werden Präzisionspendeluhren aber bis heute gefertigt.[6] Darunter gibt es auch solche mit überlangem 1¼-Sekunden-Pendel (1,7 m), das in 5 Sekunden nur viermal schwingt.[7]

Literatur

Erbrich, Klaus: Präzisionspendeluhren: von Graham bis Riefler; Callwey Verlag; München 1978; ISBN 3-7667-0-429-X

Weblinks

Commons: Präzisionspendeluhr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ermert Jürgen: Zu frühen Deutschen Präzisionspendeluhren; Ebner Verlag Ulm; Klassik Uhren 4/2009 S. 10f
  2. Wiederentdeckung und Instandsetzung der Präzisionspendeluhr Riefler Nr.711
  3. Eva Grois: Das Augsburger Uhrmacher-Handwerk; Herausgeber: Maurice und Mayr; „Die Welt als Uhr“; Deutscher Kunstverlag; München Berlin 1980; S.63f; ISBN 3-422-00709-1
  4. Riefler, Dieter: Riefler-Präzisionsuhren: 1890-1965; Callwey Verlag; München 1991; ISBN 3-7667-1003-6
  5. Kummer, Hans-Jochen: Ludwig Strasser: ein Uhrenfachmann aus Glashütte; Präzisionsuhren aus Sachsen; Callwey Verlag; München 1994; ISBN 3-7667-1122-9
  6. Präzisionspendeluhren von Erwin Sattler
  7. Naeschke-Standuhr NL 125