Joseph von Fraunhofer

Joseph von Fraunhofer

Fraunhofer ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Weitere Bedeutungen sind unter Fraunhofer (Begriffsklärung) aufgeführt.
Joseph von Fraunhofer.

Joseph Fraunhofer, seit 1824 Ritter von Fraunhofer, (* 6. März 1787 in Straubing; † 7. Juni 1826 in München) war ein deutscher Optiker und Physiker. Er begründete am Anfang des 19. Jahrhunderts den wissenschaftlichen Fernrohrbau. Ein farbreiner Objektivtyp, das Fraunhofer-Objektiv, wurde nach ihm benannt.

Seine hervorragendste Leistung besteht in der Verbindung von exakter wissenschaftlicher Arbeit und deren praktischer Anwendung für neue innovative Produkte. Mit dieser Denkweise wurde der Autodidakt Joseph Fraunhofer zum Vorbild und Namensgeber der heutigen Fraunhofer-Gesellschaft.

Leben und Wirken

Fraunhofer-Glashütte, jetzt Museum, in Benediktbeuern.
Fraunhofers Refraktor für die Sternwarte Dorpat (jetzt Tartu).
Fraunhofers Grab auf dem Alten Südlichen Friedhof in München (→ Standort).

Joseph Fraunhofer wurde als elftes Kind eines Glasermeisters in Straubing geboren. Da seine Eltern starben, als er erst elf Jahre alt war, wurde er von seinem Vormund in die sechsjährige Spiegelschleiferlehre nach München gegeben. Dort überlebte er 1801 den Einsturz des Hauses seines Lehrherrn. Bei seiner Rettung war Kurfürst Maximilian IV. anwesend, der von dem glücklichen Ausgang beeindruckt war und Joseph Fraunhofer 18 Dukaten schenkte. Mit diesem Geld erwarb Fraunhofer eine Glasschneidemaschine und kaufte sich von den restlichen Lehrmonaten frei. Auch der Geheime Rat und Unternehmer Joseph von Utzschneider hatte die Rettung beobachtet und nahm sich des Jungen an. Er ermöglichte Fraunhofer den Besuch der Sonntagsschule und verschaffte ihm Zugang zu mathematischer und optischer Fachliteratur. Nach seiner Lehre trat Fraunhofer 1806 als Optiker ins Mathematisch-Feinmechanische Institut von Reichenbach, Utzschneider und Liebherr ein. Dieses Institut war 1802 vom Erfinder Georg Friedrich von Reichenbach und dem Uhrmacher Joseph Liebherr zur Herstellung von astronomischen und geodätischen Instrumenten gegründet worden, Utzschneider hatte sich als Geldgeber angeschlossen.

Die optische Werkstätte wurde 1807 nach Benediktbeuern verlegt, wo Fraunhofer zunächst unter dem Schweizer Optiker Pierre-Louis Guinand arbeitete und 1811 Betriebsleiter wurde. Dort entwickelte er neue Schleifmaschinen und Glassorten für optische Gläser (schlierenfreies Flintglas), die die Abbildungsqualität von Linsen entscheidend verbesserten. Ab 1814 waren Fraunhofer und Utzschneider alleinige Teilhaber des nunmehr selbständigen Optischen Instituts. Für die Astronomie bedeutsam ist in diesem Zusammenhang Fraunhofers Verbesserung des 1729 in England erfundenen achromatischen Linsenpaares. Anstatt die zwei Linsen durch Verkittung zusammenzufügen, setzte Fraunhofer sie mit einem Luftspalt hintereinander. Dies brachte zusätzliche Freiheitsgrade zur Korrektur von optischen Abbildungsfehlern. Entsprechende Fraunhofer-Achromaten werden auch heute noch in der Amateurastronomie verwendet.

Zwölf Jahre nach William Hyde Wollaston entdeckte Fraunhofer 1814 die nach ihm benannten Fraunhofer'schen Linien im Sonnenspektrum. Er erfand 1814 das Spektroskop. Außerdem führte er als erster Experimente zur Beugung von Licht an optischen Gittern durch (Fraunhofer'sche Beugung). Seine Erkenntnisse auf diesen Gebieten nutzte Fraunhofer, um die Materialeigenschaften (Brechungsindex) optischer Gläser mit einer wesentlich gesteigerten Genauigkeit zu messen. Mit diesem Wissen gelang es ihm, bessere Objektive zu fertigen, als es bis dahin möglich gewesen war.

Im Optischen Institut wurden von Fraunhofer auch komplette Fernrohre hergestellt, die auch eine Aufstellung (Montierung) umfassten. Seit Fraunhofer gibt es einen Montierungstyp, der als deutsche Montierung bekannt wurde. Bis heute wird der größte Teil kleiner und mittlerer Fernrohre und Teleskope auf einer deutschen Montierung aufgestellt.

Im Jahr 1824 vollendete Fraunhofer den Bau seines größten Fernrohres für die russische Sternwarte Dorpat (heute Tartu, Estland). Mit diesem Fernrohr mit einer für die damalige Zeit sensationellen Öffnung von 24,4 cm und einer Brennweite von 4,33 m untersuchte der Astronom Friedrich Georg Wilhelm Struve vor allem Doppelsterne. Ein zweites, baugleiches Exemplar erhielt 1829, nach dem Tod von Fraunhofer, die Berliner Sternwarte, mit dem 1846 von Johann Gottfried Galle der Neptun entdeckt wurde. Auch die Vollendung seines Heliometers für die Königsberger Sternwarte hat Fraunhofer nicht mehr erlebt.

1819 wurde das Optische Institut nach München verlegt, weil Utzschneider aus Geldnot den Benediktbeurer Gebäudekomplex an Bayern verkaufte und nur die Glashütte behielt. Fraunhofer musste regelmäßig nach Benediktbeuern fahren, um die Glasschmelzen zu überwachen. Andererseits war von München aus ein besserer Kontakt zu einigen Kunden und zur Akademie möglich, die ihn nach einigen Querelen wegen seiner fehlenden wissenschaftlichen Ausbildung 1821 als außerordentliches Mitglied aufnahm. In mehreren Abhandlungen und Akademiereden behandelte er nun physikalische Probleme wie das Mattwerden des Glases und verschiedene Lichtphänomene. 1823 wurde er volles Mitglied und Professor des physikalischen Kabinetts.

Fraunhofer starb schon 1826 an Lungentuberkulose. Sein Grab liegt auf dem Alten Münchner Südfriedhof (Alte Arkaden, AA-12, → Standort) unmittelbar neben dem seines Kollegen Georg Friedrich von Reichenbach (Alte Arkaden, AA-11), der nur zwei Wochen vor ihm verstorben war.[1] Vor seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg trug es die Inschrift Approximavit sidera („Er brachte die Gestirne näher“).

Ehrungen

Bronzestandbild von Fraunhofer (1868 von Johann Halbig) an der Maximilianstraße in München
  • 1817: korrespondierendes Akademiemitglied (Antrag des Hofastronomen Johann Georg von Soldner)
  • 1821: außerordentliches Mitglied und Konservator des physikalischen Kabinetts der Bayerischen Akademie der Wissenschaften[2]
  • 1822: Ehrendoktor der Universität Erlangen (auf Vorschlag von Prof. Johann Wilhelm Pfaff)
  • 1823: ordentliches Mitglied, Bayerische Akademie der Wissenschaften
  • 1824: 15. August Ritter des Verdienstordens der Bayerischen Krone und damit Erhebung in den persönlichen Ritterstand[3]
  • 1824: Ehrenbürger der Stadt München

In der Münchener Maximilianstraße wurde im Mai 1868 ein Denkmal mit dem Standbild Fraunhofers nach dem Entwurf des Bildhauers Johann Halbig feierlich enthüllt. Den Bronzeguss hatte die Gießerei von Miller durchgeführt.

In der Münchner Isarvorstadt und seiner Geburtsstadt Straubing sind zwei Straßen nach Fraunhofer benannt. Seinen Namen trägt auch eine Münchner U-Bahn-Station. Die Staatliche Berufsschule I in Straubing wurde nach ihm benannt, ebenso wie die Staatliche Realschule München II (1985) und das Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium Cham.

Eine physikalische Einheit wurde zeitweilig nach ihm benannt. Nach einer Sondermarke der Deutschen Bundespost von 1987 im Wert von 80 Pfennig zu Fraunhofers 200. Geburtstag gab die Deutsche Post AG anlässlich seines 225. Geburtstages zur erneuten philatelistischen Würdigung eine Sondermarke im Wert von 90 Eurocent heraus. Der Erstausgabetag war der 2. Januar 2012. Der Entwurf stammt von Daniela Haufe und Detlef Fiedler aus Berlin.[4]

Der Mondkrater Fraunhofer wurde 1935 nach ihm benannt, ebenso im Jahr 2000 der Asteroid (13478) Fraunhofer.

Nach ihm benannt ist die Pflanzengattung Fraunhofera Mart. aus der Familie der Spindelbaumgewächse (Celastraceae).[5]

1963 wurde im Kloster Benediktbeuern die Historische und Fraunhofer Glashütte als Museum mit noch zwei erhaltenen Hafenschmelzöfen eröffnet.[6]

Seit 1978 vergibt die Fraunhofer-Gesellschaft den Joseph-von-Fraunhofer-Preis an wissenschaftliche Leistungen ihrer eigenen Mitarbeiter.[7][8]

Literatur

Gesammelte Schriften, 1888
  • Philipp von JollyFraunhofer, Joseph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 323–325.
  • Alto Brachner: Joseph von Fraunhofer: 1787-1826, Ausstellung zum 150. Todestag. Röther, München 1976.
  • Gudula Metze: Joseph von Fraunhofer. In: Wurst, Jürgen und Langheiter, Alexander (Hrsg.): Monachia. München: Städtische Galerie im Lenbachhaus, 2005. S. 167, ISBN 3-88645-156-9.
  • Carl R. Preyß: Joseph von Fraunhofer: Optiker, Erfinder, Pionier. Stöppel, Weilheim 1989 (Stöppel-Kaleidoskop; 203), ISBN 3-89306-203-3.
  • Rolf Riekher: Fernrohre und ihre Meister. 2. Aufl. Verlag Technik, Berlin 1990, ISBN 3-341-00791-1, S. 149–177.
  • Adolf Wißner: Fraunhofer, Joseph von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 382–384 (Digitalisat).
  • Moritz von Rohr: Joseph Fraunhofers Leben, Leistungen und Wirksamkeit. Nachdruck der Originalausgabe von 1929. Severus Verlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-95801-564-7.

Film

  • Joseph von Fraunhofer. Dunkle Linien im Sonnenlicht. Dokumentarfilm-Reihe in drei Teilen à 30 Min., 1. Teil: Waise und Wunderkind, 2. Teil: Forscher aus Leidenschaft, 3. Teil: Erfinder und Vordenker. Deutschland, 2011, Buch: Jörg Lösel, Regie: Joerg Richter, Lorenz Kloska, Reihe: Erfinder und Vordenker, Produktion: Inter/Aktion GmbH, BR-alpha, Filminformationen und Fotos vom Bayerischen Rundfunk.

Weblinks

Commons: Joseph von Fraunhofer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Joseph von Fraunhofer – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Carola Zinner: Josef von Fraunhofer – „Das ist der Mann, den wir suchen!“ In: Bayern 2, PDF-Datei, 8 S. Podcast
  2. Haus der Bayerischen Geschichte - Königreich - Fraunhofer, Joseph von. Abgerufen am 12. Januar 2022.
  3. https://www.fraunhofer.de/content/dam/zv/de/.../Joseph%20von%20Fraunhofer.pdf
  4. Fraunhofer-Gesellschaft: Sonderbriefmarken Joseph von Fraunhofer
  5. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
  6. Einweihung Glashütte Benediktbeuern chronik.fraunhofer.de, abgerufen 9. Dezember 2018.
  7. Einführung »Joseph-von-Fraunhofer-Preis« chronik.fraunhofer.de, abgerufen 9. Dezember 2018.
  8. Joseph-von-Fraunhofer-Preise Preisverleihung 1981, abgerufen 9. Dezember 2018.