Giotto (Sonde)

Giotto (Sonde)

Giotto

Missions­ziel Komet HalleyVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Missionsziel
Auftrag­geber ESAVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Auftraggeber
Träger­rakete Ariane 1Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Traegerrakete
Aufbau
Startmasse 960 kgVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startmasse
Größe 1,1 × 1,1 × 2,85 mVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Abmessungen
Verlauf der Mission
Startdatum 2. Juli 1985, 11:23:16 UTCVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startdatum
Startrampe Centre Spatial GuyanaisVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startrampe
Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Verlauf
 
02. 07. 1985 Start
 
14. 03. 1986 Passage von Halley
 
02. 07. 1990 Vorbeiflug an der Erde
 
10. 07. 1992 Vorbeiflug an Grigg-Skjellerup
 
 
23. 07. 1992 Deaktivierung

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Giotto: Adorazione dei Magi (um 1305)
Briefmarkenausgabe anlässlich der Giotto-Mission (Deutsche Bundespost 1986)

Giotto war eine europäische, unbemannte Raumsonde, die 1985 zur Erforschung des Kometen Halley ins All gesandt wurde. Sie war „die erste interplanetare Sonde der ESA und die erste wissenschaftliche Nutzlast an Bord einer Ariane-Rakete.“[1]

In der Nacht vom 13. zum 14. März 1986 trafen sich zum „wichtigsten Raumfahrtereignis seit der Mondlandung“ im Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt auch die Koryphäen der Kometenforschung Fred Whipple, Jan Hendrik Oort und Carl Sagan (Ludwig Biermann war zwei Monate zuvor gestorben). Dieses Ereignis wurde von 50 Fernsehstationen übertragen; im ZDF bis zum frühen Morgen (damals etwas Besonderes).[2]

Zweck der Mission

Die Raumsonde Giotto der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) diente der Erforschung des Halleyschen Kometen. Benannt ist die Sonde nach dem italienischen Maler Giotto di Bondone aus dem Hochmittelalter. Dieser beobachtete den Kometen Halley im Jahr 1301 und stellte ihn vermutlich als Stern von Betlehem in dem Fresko Anbetung der heiligen drei Könige dar.

Ursprünglich sollte eine US-amerikanische Partnersonde Giotto auf der Reise begleiten, doch fiel diese Budgetkürzungen bei der NASA zum Opfer. So kam eine Kooperation mit der Sowjetunion und Japan zustande, die mit Vega 1 und 2 bzw. Sakigake und Suisei ebenfalls Sonden entsandten. Da Giotto sehr dicht an dem Kometen vorbeifliegen würde, gingen die ESA-Verantwortlichen davon aus, dass die Sonde das Rendezvous aufgrund der „Bombardierung“ durch Kometenpartikel trotz eines sehr robusten, frontseitigen Schutzschildes nicht überleben würde. Deshalb wurden sämtliche wissenschaftlichen Daten live zur Erde übertragen.

Verlauf

Giotto startete am 2. Juli 1985 um 11:23:16 UTC mit einer Ariane-1-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou. Die Passage bei Halley erfolgte am 14. März 1986 um 00:03:02 UTC in nur 596 km Abstand mit einer Vorbeiflug-Geschwindigkeit von 68,7 km/s (247.320 km/h), was durch Bahnkorrekturen aufgrund von Messungen der anderen Sonden ermöglicht wurde. Dabei überstand Giotto überraschenderweise den engen Vorbeiflug an dem Kometen, wurde jedoch 7,6 Sekunden vor der dichtesten Annäherung an Halley schwer getroffen. Die Kamera und einige andere Instrumente waren sofort unbrauchbar oder zerstört, jedoch konnte sich die ins Schlingern geratene Raumsonde wieder fangen und binnen 30 Minuten stabilisieren. Die Sonde wurde auf einen Rückflug zur Erde programmiert und zunächst abgeschaltet.

Im Jahr 1990 wurde die Sonde dann reaktiviert; ein Vorbeiflug an der Erde fand am 2. Juli 1990, genau fünf Jahre nach dem Start statt.

Am 10. Juli 1992 passierte die Sonde einen zweiten Kometen, Grigg-Skjellerup (Abstand: 200 Kilometer), danach wurde die Sonde erneut zur Erde zurückgelenkt und am 23. Juli 1992 (endgültig) deaktiviert. Der zweite Erdvorbeiflug fand am 1. Juli 1999 statt, doch wurde die Sonde wegen des nahezu erschöpften Treibstoffvorrats nicht mehr reaktiviert.

Ergebnisse

Erkenntnisse zum Halleyschen Kometen

Die von Giotto gemachten Aufnahmen zeigen den Kern des Halleyschen Kometen als erdnussförmigen, dunklen Körper von 15 km Länge und 7–10 km Breite. Lediglich 10 % der Oberfläche sind aktiv, darunter wenigstens drei Gasausbrüche auf der sonnenzugewandten Seite. Die Analysen ergaben, dass der Komet vor 4,5 Milliarden Jahren aus Eis entstanden ist, das an interstellaren Staubpartikeln kondensierte. Seitdem hat sich seine Gestalt im Wesentlichen nicht mehr geändert.

Das vom Kometen ausgestoßene Material besteht aus 80 % Wasser, 10 % Kohlenstoffmonoxid und 2,5 % Methan und Ammoniak. Der Rest beinhaltet Spuren von Kohlenwasserstoffen, Eisen und Natrium.

Mit einer Albedo von nur 0,04 ist der Kometenkern dunkler als Kohle und gehört zu den dunkelsten Objekten des Sonnensystems, die uns bisher bekannt sind. Seine Farbe lässt auf sehr große angelagerte Staubmengen auf der Oberfläche schließen.

Die Oberfläche des Kerns ist rau und porös. Seine Dichte beträgt nur 0,3 g/cm³ (etwa ein Drittel der Dichte von Wasser).[3] Die Menge der durch sieben Gasjets ausgestoßenen Materie beträgt etwa 3 t/s. Dieser Masseausstoß führt zu taumelnden Drehbewegungen, die über lange Zeiträume stabil sein können.

Der Großteil der ausgestoßenen Staubteilchen hat etwa die Größe von Zigarettenrauchpartikeln und eine Masse im Bereich von 10−20 kg bis 40x10−5 kg (10 Attogramm bis 40 Milligramm). Es finden sich aber auch einige wenige größere Teile. So wurde aus der Einschlagsenergie eines Teilchens und der daraus resultierenden Kursabweichung der Sonde eine Masse zwischen 100 und 1.000 mg berechnet.

Von der chemischen Zusammensetzung her lässt sich der Staub in zwei Gruppen einteilen. Die erste, die sogenannte CHON-Gruppe besteht vor allem aus leichten Elementen wie Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Stickstoff (N). Die zweite Gruppe weist dagegen Elemente auf, die typischerweise in Gesteinen und Mineralien gefunden werden: Natrium, Magnesium, Silizium, Eisen und Calcium.

Auffallend ist, dass das Verhältnis der leichten Elemente zu Silizium dem der Sonne entspricht. Man nimmt daher an, dass der Halleysche Komet aus dem ältesten, nicht umgewandelten Material des Sonnensystems besteht.

Erfolge aus Sicht der Raumfahrt

Giotto war nach den beiden deutsch-US-amerikanischen Sonden des Helios-Programmes die erste allein „europäische“ Sonde.

  • Giotto flog am dichtesten am Kometen Halley vorbei und übermittelte die bislang besten Daten und Bilder des Kometen.
  • Der Vorbeiflug am Kometen Grigg-Skjellerup war der dichteste Kometenvorbeiflug der Raumfahrtgeschichte. Er ermöglichte einen Vergleich dieses alten Kometen mit dem jungen, aktiven Halley. Daneben war Giotto die erste Sonde, die an zwei verschiedenen Kometen vorbeiflog
  • Giotto war die erste Sonde, die aus dem interplanetaren Raum zur Erde zurückkehrte und die Erde für ein Swing-by-Manöver nutzte.
  • Giotto war auch die erste Raumsonde, die während ihrer Mission zeitweise abgeschaltet war und sich selbst überlassen wurde (Hibernation Mode). Dadurch wurden Überwachungskosten gespart.
  • Giotto gilt als Vorbild für zukünftige Kometenmissionen. So flossen die mit ihr gesammelten Erfahrungen auch in die am 2. März 2004 gestartete Kometensonde Rosetta und ihren Lander Philae ein.

Siehe auch

Literatur

  • Nigel Calder: Jenseits von Halley. Die Erforschung von Schweifsternen durch die Raumsonden Giotto und Rosetta (Originaltitel: Giotto to the Comets). Deutsch von Daniel Fischer. Geleitwort von Reimar Lüst. Springer, Berlin, Heidelberg und New York 1994, 234 (XVI) S., ISBN 3-540-57585-5
  • Hahn, Hermann-Michael (1985): Das Unternehmen Giotto. Geowissenschaften in unserer Zeit; 3(6); 173-180. doi:10.2312/geowissenschaften.1985.3.173 (PDF; 2,6 MB)

Weblinks

Commons: Giotto (Sonde) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. „Und niemals zuvor ist ein von Menschen gebautes Vehikel einem Kometen so nahe gekommen... ESA hat bewiesen, daß der alte Kontinent in punkto Technologie sich nicht mehr zu verstecken braucht...“; Helmut Hornung: Die Nacht des Kometen. in: MaxPlanckForschung. 2/2014, S. 74f.
  2. „die Kritik {wird} an der von Joachim Bublath und Bernd Heller moderierten Show aus Mainz kein gutes Haar lassen... Über den Bildschirm flimmern über Stunden viel Klamauk und wenig Wissenschaft.“; Helmut Hornung: Die Nacht des Kometen. in: MaxPlanckForschung. 2/2014, S. 74f.
  3. ESA Science & Technology: Halley abgerufen am 3. August 2014